Aberkennung der Doktorwürde an der Universität Erlangen in der Zeit des Nationalsozialismus
Veröffentlichungen und Publikationen
Politisch motiviertes Unrecht und ideologischer Fanatismus fand sich in der NS-Zeit auch im Bereich der Promotionsverfahren. Wie an anderen Universitäten wurden auch an der Erlanger Universität vielen Promovierten ihr einst rechtmäßig erworbener Doktorgrad wieder entzogen – ein Akt, den man bislang in der Regel nur bei Täuschung im Promotionsverfahren kannte.
In den meisten Fällen erfolgte nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten der Entzug der Doktorwürde aufgrund des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit, mit der die aus politischen Gründen aus Deutschland Geflohenen, vermehrt Angehörige jüdischen Bekenntnisses, vom NS-Regime belegt wurden.
In weiteren Fällen erfolgte die Aberkennung aufgrund einer strafgerichtlichen Verurteilung, wobei in der Zeit des Nationalsozialismus unter die strafbaren Handlungen auch politisch und ideologisch einzuordnende Delikte wie Hochverrat oder sogenannte Rassenschande fielen und das Strafmaß für bereits vorher strafwürdige Delikte wie Abtreibung maßgeblich verschärft worden war.
Mit all diesen ideologisch begründeten Entzugsverfahren verachtete man die wissenschaftlichen Verdienste der Promovierten, vertrieb sie aus der akademischen Gemeinschaft aufgrund eines Verwaltungsaktes, dem man den Schein der Legalität gab, und vernichtete ihre Berufsperspektiven. Nach heutigem Kenntnisstand wurden in über 160 Fällen, die bis auf wenige Ausnahmen ideologisch und politisch motiviert waren, Promovierten ihr erworbener Grad wieder entzogen.
Mit der Aufarbeitung dieser Unrechtsakte befassten sich in Erlangen als erste die (damals zwei) Philosophischen Fakultäten und initiierten 1999 die Verleihung eines Preises zum Gedenken an die Aberkennungsfälle an der Philosophischen Fakultät; die Namensgebung „Lilli-Bechmann-Rahn-Preis“ erfolgte in Erinnerung an die jüdische Germanistin, die noch am 17. Februar 1934 ihr Rigorosum abgelegt hatte. Es folgten die Medizinische und Juristische Fakultät mit Gedenkakten und zwei umfassenden Bänden mit biographischen Abhandlungen sowie 2010 ein Abschlussband mit der Dokumentation der Gedenkakte sowie der Aberkennungsfälle an der Theologischen und der Naturwissenschaftlichen Fakultät.
Alle Veröffentlichungen als Open-Access-Publikation
Aberkennungsfälle und Gedenkakt der Philosophischen Fakultät(en)
- Hartmut Kugler (Hg.): Lilli Bechmann-Rahn-Preis. Erste Verleihung im Rahmen der Promotionsfeier der Philosophischen Fakultäten am 5. Februar 1999 (Akademische Reden und Kolloquien 19), Erlangen 2000.
urn:nbn:de:bvb:29-bv012663091-4
Aberkennungsfälle der Medizinischen Fakultät
- Renate Wittern / Andreas Frewer: Aberkennungen der Doktorwürde im „Dritten Reich“. Depromotionen an der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen (Erlanger Forschungen Sonderreihe Bd. 12), Erlangen 2008.
urn:nbn:de:bvb:29-opus-20896
Aberkennungsfälle der Juristischen Fakultät
- Bernd Mertens / Margareta Feketitsch-Weber: Die Aberkennung von Doktorgraden an der Juristischen Fakultät der Universität Erlangen im Nationalsozialismus (Erlanger Forschungen Sonderreihe Bd. 15), Erlangen 2010.
urn:nbn:de:bvb:29-opus4-41257
Aberkennungsfälle der Theologischen und der Naturwissenschaftlichen Fakultät und Gedenkakte der Medizinischen Fakultät und des Fachbereichs Rechtswissenschaft
- Thomas A. H. Schöck (Hg.), Aberkennung der Doktorwürde an der Universität Erlangen in der Zeit des Nationalsozialismus. Dokumentation der Gedenkakte der Medizinischen Fakultät und des Fachbereichs Rechtswissenschaft und Aberkennungen an der Theologischen und der Naturwissenschaftlichen Fakultät (Akademische Reden und Kolloquien 29), Erlangen-Nürnberg 2010.
urn:nbn:de:bvb:29-opus-23982