Wilhelm Löhe
Wilhelm Löhe (1808–1872)
Nach modernen Personalentwicklungskriterien war seine Karriere verkorkst. Seine Dorfpfarrstelle in Neuendettelsau hat er niemals gewechselt. Mit seiner bayerischen Landeskirche lag er häufig im Clinch. Dennoch: Kein Geistlicher seit Martin Luther hat den bayerischen Protestantismus derart nachhaltig geprägt wie Wilhelm Löhe.
Er wurde am 21. Februar 1808 in Fürth geboren. Mit 18 Jahren begann Löhe das Studium der Theologie in Erlangen. Zwei Theologieprofessoren wurden ihm besonders wichtig, Gottlieb Philipp Christian Kaiser und der reformierte Theologe Christian Krafft. Letzterer war von der Erweckungsbewegung geprägt, die auch den jungen Löhe erfasste. Zu den Vorlesungen trat die persönliche Lektüre hinzu. Das Werk „Von der Nachfolge Christi“ des Thomas von Kempen beeindruckte ihn besonders stark. Zum Lutheraner machte ihn nach eigenen Aussagen David Hollaz. Wenig Einfluss besaß dagegen auf ihn das studentische Leben. Nur kurze Zeit schloss er sich einer Burschenschaft an und war weder ein Freund des Tabaks noch des Bieres. Im Sommersemester 1828 wechselte er den Studienort und ging nach Berlin, aber weder Schleiermacher noch Hegel machten großem Eindruck auf den jungen Studenten. Auf Wunsch der Mutter kehrte er bereits nach einem Semester in die Heimat zurück. Im Oktober 1830 legt Löhe sein Examen mit der Note „Sehr gut, dem Vorzüglichen nahe“ ab.
Über Zwischenstationen kam er schließlich am 6. August 1837 nach Neuendettelsau, um in den kommenden 35 Jahre von dort aus Wesentliches zu bewirken: Die Diakonie Neuendettelsau, heute mit über 6000 Mitarbeitern einer der größten diakonischen Träger in Deutschland, entwickelte sich aus der von Löhe 1854 ins Leben gerufenen Diakonissenanstalt. Doch auch die Missionsarbeit, die bis heute von Bayern aus betrieben wird, geht auf Löhe zurück. Siedlungen wie Frankenmuth oder Frankentrost im US-Bundesstaat Michigan verdanken Löhe ihre Existenz. Er gründete die „Gesellschaft für Innere und Äußere Mission im Sinne der lutherischen Kirche“. Seine theologischen, besonders kirchengeschichtlichen Arbeiten kamen hinzu, aber auch kirchenpolitische Aufgaben bewältigte er und betrieb liturgiegeschichtliche Forschungen. Er starb am 2. Januar 1872 in Neuendettelsau.
Bildnachweis: Wir danken der Diakonie Neuendettelsau für die freundliche Überlassung des Bildes.