Energiewende: nachhaltige Photovoltaik

FAU-Team beschleunigt Vorhersagen für umweltfreundliche und kostengünstige Materialien für Solarzellen
Sogenannte Perowskit-Zellen könnten schon bald eine Alternative zu Silizium-Solarzellen bieten. Nicht nur, weil diese Halbleiter günstiger herzustellen sind. Sie zeichnen sich auch durch einen hohen Wirkungsgrad und eine hohe Defekttoleranz aus. Das heißt, ihre Leistung wird trotz Fehlern in der Kristallgitterstruktur kaum gemindert. Ein Nachteil ist jedoch, dass Perowskit-Solarzellen Blei enthalten. In ihrer aktuellen Studie haben Forscherinnen und Forscher des FAU-Profilzentrums Solar Kriterien für Defekttoleranz entwickelt, um die Suche nach umweltfreundlichen Halbleiterverbindungen zu beschleunigen.
Blei-Halogenid-Perowskitzellen funktionieren nach einem ähnlichen Prinzip wie klassische Solarzellen. Ihre Entwicklung ist in den vergangenen 15 Jahren rasant vorangeschritten. Einzelzellen erreichen heute Wirkungsgrade von über 26 Prozent. Im Vergleich zu Silizium-Zellen ist ihr Herstellungsprozess deutlich einfacher: Sie haben eine polykristalline Struktur und lassen sich bei Raumtemperatur aus der Flüssigphase verarbeiten: gedruckt oder in dünnen Schichten auf Substrate aufgesprüht. Klassische Solarzellen basieren dagegen auf Silizium-Halbleitern, die jeweils aus einem einzigen, nahezu perfekten Kristall in mehreren Prozessschritten bei extrem hohen Temperaturen energieintensiv gezüchtet und dann in Wafer „zerschnitten“ werden müssen.
„Die Entdeckung von Blei-Halogenid-Perowskit kann man nur als Glücksfall bezeichnen. Denn das Material ist von sich aus defekttolerant. Ideal wäre, das Blei zu ersetzen. Deshalb würde eine Vorhersage, welche Materialverbindungen defekttolerant sein könnten, entscheidende Fortschritte bringen“, erklärt Wolfgangen Heiß, Professor am Energie Campus Nürnberg. Im interdisziplinären Forschungsprojekt, an dem zwei weitere seiner Kollegen beteiligt sind, vereinen sich Materialwissenschaft, Defektcharakterisierung und computergestützte Modellierung in der theoretischen Chemie. Gemeinsames Ziel ist, verlässliche Vorhersagen zu umweltfreundlichen Materialien zu ermöglichen.
Unter Defekttoleranz verstehen die FAU-Forschenden, die Fähigkeit von Halbleiterstrukturen trotz Kristallisationsfehlern ihre optoelektronischen Eigenschaften zu bewahren. Dabei geht es Ihnen auch darum, den Einfluss vorhandener Defekte auf die Lebensdauer von Ladungsträgern zu minimieren.
Verlässliche Vorhersagen
Theoretische Vorhersagen gibt es zwar. Aber sie sind rechenintensiv und nur für wenige Halbleiter vorhanden, und sie entsprechen oft nicht den experimentellen Bedingungen. „Unser Forschungsansatz kombiniert von Anfang an Theorie und Experiment interdisziplinär, so dass beide Methoden Hand in Hand gehen. Das ermöglicht eine ganzheitliche Interpretation der Ergebnisse und eröffnet gleichzeitig neue Wege, um vielversprechende neue Halbleiterverbindungen für Dünnschicht-Solarzellen zu finden“, stellt Heiß’ beteiligter Kollege Bernd Mayer, Professor für Computational Chemistry, fest. Dabei werden experimentelle Methoden, die das Einfangen von Ladungsträgern in Defekten charakterisieren, mit Berechnungen aus der theoretischen Chemie verglichen.
Inzwischen stehen vielversprechende Materialien für defekttolerante Halbleiter zur Diskussion. Die in Frage kommenden Kandidaten müssen noch weiter untersucht und experimentell verifiziert werden. Sollten sich ihre Eigenschaften bestätigen, könnten sie eine Grundlage für eine bleifreie und damit umweltfreundliche Photovoltaik bilden.
„Verbraucher könnten von kostengünstigeren und langlebigeren Solarzellen profitieren, was die Energiewende voranbringen und nachhaltige Alternativen zur Stromerzeugung unterstützen könnte. Da die neuen Materialien druckbar, leichtgewichtig und flexibel in der Form sind, können sie besser an verschiedene Anwendungen und Bedürfnisse angepasst werden“, beschreibt Maria Hammer, Managing Director des Energie Campus Nürnberg und des Nurembeg Campus of Technology, die Vorteile.
Zur OriginalpublikationZur Webseite Energiecampus Nürnberg Zur Webseite FAU Profilcenter Solar
Weitere Informationen:
Dr. Maria Hammer
Energie Campus Nürnberg (EnCN)
maria.hammer@fau.de