Multiple Sklerose: Möglicher Angriffspunkt für Therapie entdeckt

grafk eines Gehirns, das aus Wörtern in roter schrift gebildet wird. In der Mitte in blauer Schrift Multiple Sklerose.
(Bild: colourbox)

Forschende identifizieren Protein als Zielantigen

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, deren Ursache im Immunsystem zu suchen ist. B-Zellen, die zu den weißen Blutkörperchen gehören, spielen eine Rolle bei der Entwicklung einer MS und sind somit ein Angriffspunkt für Therapien. Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und der Universität Bonn und haben mit dem Membranprotein MLC1 ein potenzielles Zielantigen bei MS identifiziert. Dazu verwendete das Team eine neuartige Kombination moderner Techniken. Die Ergebnisse haben sie jetzt im renommierten Fachjournal „Neurology Neuroimmunology & Neuroinflammation“ veröffentlicht.

Charakteristisch für Multiple Sklerose (MS) sind Entzündungen im Gehirn und Rückenmark. Ursächlich dafür ist der Angriff körpereigener Abwehrzellen auf die Myelinscheiden der Nerven. Der Erfolg mit Therapien, die gezielt B-Zellen aus dem Körper entfernen, zeigt deren wesentlichen Beitrag zur Krankheitsaktivität der MS. „Das Zielantigen der MS ist schon lange ein Rätsel und es scheint kein definiertes einzelnes Zielantigen zu geben“, sagt Prof. Stefanie Kürten, Geschäftsführende Direktorin des Anatomischen Instituts am UKB. Vor kurzem konnte bereits das Antigen GlialCAM als relevant für die MS identifiziert werden. Das ist vor allem deswegen interessant, da es hier einen Zusammenhang mit einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus gibt, das als Risikofaktor für die MS gilt.

Favorit ist das Membranprotein MLC1

Das Forschungsteam um Prof. Stefanie Kürten und Raffael Dahl von der FAU kombinierte die Technik der B-Zell-Stimulation von peripheren mononukleären Blutzellen (PBMCs) mit einem humanen proteomweiten Protein-Microarray. Damit testeten sie die B-Zell-Antwort von MS-Patienten im Vergleich zu Gesunden oder Patient/-innen mit anderen neuroinflammatorischen oder neurodegenerativen Erkrankungen. „Eines der Top-Hit-Proteine war das MLC1, auf das wir uns daher fokussierten“, sagt Co-Erstautor Raffael Dahl. Alicia Weier, Doktorandin der Universität Bonn und ebenfalls Co-Erstautorin,  ergänzt: „Darüber hinaus ist es ein sehr interessanter Kandidat, da das Protein auf Astrozyten und Neuronen exprimiert wird. Auch ist MLC1 ein Bindungspartner von GlialCAM.“

Das Forschungsteam konnte das bestehende Konzept einer äußerst vielfältigen Autoimmunreaktion bei MS bestätigen. Es stellte eine signifikant erhöhte Antikörperreaktion gegen MLC1 in B-Zell-Kulturen und Serumproben von Patient/-innen mit MS fest. Außerdem beobachtete es deutlich erhöhte Titer gegen MLC1 in der Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit bei Patienten mit viral bedingten neuroinflammatorischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems. Zudem identifizierten die Forschenden Neuronen und Astrozyten als die wichtigsten Zelltypen, die MLC1 im Gehirn von MS-Patient/-innen exprimieren.

Künftige Studien müssen sich mit dem diagnostischen und prognostischen Wert von MLC1-spezifischen Antikörpern bei neuroinflammatorischen Erkrankungen wie MS beschäftigen und die Rolle der MLC1-Expression von Neuronen und Astrozyten charakterisieren. „Interessant ist beispielsweise, wie die beiden Moleküle MLC1 und GlialCAM miteinander interagieren, welche funktionelle Rolle sie spielen und ob es eine zeitliche Abfolge der Antigenerkennung im Verlauf der MS gibt“, sagt Prof. Kürten. „Zudem besitzt das Protein MLC1 wahrscheinlich eine klinische Relevanz über die MS hinaus.“

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