Mit einem Prototyp gegen ewige Chemikalien
Interview mit Timo Fromm und Rudolf Borchardt, den Gewinnern des dritten EELISA Prototype Contests
Neun Teams aus sechs verschiedenen Ländern nahmen vom 10. bis 13. Dezember 2024 am dritten EELISA Prototype Contest teil, der von der FAU in Zusammenarbeit mit dem JOSEPHS – The Open Innovation Lab in Nürnberg, veranstaltet wurde. In einem viertägigen Workshop lernten die Teilnehmenden, potenzielle Kunden besser zu verstehen, ihre Prototypen weiter zu entwickeln, zu validieren und wie sie ihre Idee marktfähig aufbauen können. Am letzten Tag präsentierten die Start-ups ihre Prototypen der Öffentlichkeit und luden Besucherinnen und Besucher ein, die Prototypen auszuprobieren, zu testen und Feedback zu geben. Bei einem finalen Pitch-Wettbewerb kürte eine Jury von Expertinnen und Experten gemeinsam mit den Besucherinnen und Besuchern den Gewinner des EELISA Prototype Contest 2024: CiX mit ihrem Prototyp eines modularen Wasserreinigungssystems.
Stellt euch und euer Projekt doch einmal kurz vor.
Timo Fromm: Wir sind Timo und Rudi von Team CiX und wir haben uns als Team dem Schutz der Wasserqualität verschrieben. Wir sind wissenschaftliche Mitarbeitende am Department Werkstoffwissenschaften der FAU und haben gemeinsam eine Technologie entwickelt, mit der man Schadstoffe im Wasser zersetzen kann. Unsere Erfindung basiert auf einer Technologie, die schon länger existiert, aber auf Grund der bisherigen hohen Herstellungs- und Betriebskosten bis dato nur in Nischenbereichen Anwendung gefunden hat. In 2019, noch während unserer Promotion, hatten wir dann eine Idee, wie man die ursprüngliche Technologie verbessern kann – die wollten wir dann nicht in der Schublade verstauben lassen.
Rudolf Borchardt: Wir haben dann bei verschiedenen Start-up Programme im FAU Innovations Ökosystem mitgemacht und uns 2024 erfolgreich auf eine EXIST Gründungsförderung beworben. In dem Zuge sind noch zwei weitere Teammitglieder hinzugekommen: Hanadi Ghanem und Benjamin Seemann, beide wissenschaftliche Mitarbeitende an unserem Lehrstuhl.
Was macht eure Technologie so besonders?
Rudolf Borchardt: Schon seit über 20 Jahren werden Diamantelektroden in Nischenanwendungen dazu verwendet, Schadstoffe im Wasser zu beseitigen. Das funktioniert auf Grund einer elektrochemischen Reaktion zwischen der Diamantoberfläche – die als Beschichtung aufgetragen ist – und dem Wasser.

Timo Fromm: Diese Technologie hat sich bisher nicht richtig durchgesetzt, weil die Diamantbeschichtung auf ein seltenes Metall aufgetragen wurde, das zum einen teuer aber auch unter kritischen Umständen abgebaut wird, ein sogenanntes Konfliktmaterial. Außerdem ist die Technologie besonders effektiv, je geringer die Abstände zwischen den Teilelektroden ist.
Wir haben ein regionales Keramikmaterial gefunden, das wir als billigeres und unbedenkliches Grundmaterial nutzen können und außerdem ein Verfahren entwickelt, mit dem der Abstand der Teilelektroden von wenigen Millimetern auf unter 10 Mikrometer reduziert werden kann und die Technologie damit auch effizienter wird.
Warum habt ihr beim EELISA Prototype Contest teilgenommen?
Rudolf Borchardt: Wir haben grundsätzlich sehr gute Erfahrungen mit solchen Events gemacht – sie haben uns auf unserem bisherigen Weg immer begleitet und weitergeholfen. Ich fand es als Ingenieur besonders, dass diesmal auch der Prototyp, also das Technische im Mittelpunkt stand und nicht so sehr das betriebswirtschaftliche.
Und es war toll, diese Erfahrung auch in einem internationalen Kontext zu machen und sich mit verschiedenen Teams aus ganz Europa auszutauschen – das bringt viele verschiedene Blickwinkel.
Was habt ihr aus dem Workshop mitgenommen?

Rudolf Borchardt: Viele Inhalte aus dem Workshop kannten wir aus verschiedenen anderen Programmen schon. Trotzdem war es gut, sich nochmal ins Gedächtnis zu rufen, was wichtig ist: zum Beispiel das Produkt eben nicht im stillen Kämmerchen alleine zu entwickeln, sondern immer wieder mit Leuten zu sprechen und sich Feedback zu holen.
Das war dann auch eine der Aufgaben im Workshop: Interviews zu unserem Prototyp mit Passantinnen und Passanten auf dem Weihnachtsmarkt führen. Da unser Produkt ja für Firmen gedacht ist und nicht für den Endverbraucher, war das für uns ein bisschen schwierig, aber für andere Start-ups sicherlich sehr hilfreich. Wir müssen diese Interviews dann eben mit unseren zukünftigen Kundinnen und Kunden führen, zum Beispiel den Herstellern von mehrstufigen Wasserreinigungssystemen.
Timo Fromm: Und der Austausch mit den anderen Teams und den Besucherinnen und Besuchern des Testspace waren auch sehr interessant. Es gab zum Beispiel ein anderes Team, das ein spezielles Fischaquarium entwickelt hat. Da hatten wir natürlich thematisch auch interessante Überschneidungen. Aber grundsätzlich hilft es auch sehr viel, sich mit anderen Start-ups zu unterhalten und von deren Erfahrungen zur Gründung oder Förderung zu profitieren.
Diesmal waren wir eines der erfahrensten Teams und konnten viel, was wir in der Vergangenheit von anderen gelernt haben, zurückgeben.
Und wie geht es jetzt für euch weiter?
Timo Fromm: Bis August 2025 haben wir noch unsere EXIST Förderung. Unser nächster Schritt ist jetzt, nach einer Anschlussförderung zu suchen! Unser Prototyp wird zwar schon zum Beispiel bei einer Firma für Textilveredelung getestet– wir behandeln das Wasser dort und untersuchen dann den Schadstoffabbau– aber es ist immer noch ein Prototyp, den wir noch nicht im großen Stil verkaufen können. Das wollen wir noch weiterentwickeln. Außerdem werden wir unser Start-up in den nächsten Monaten offiziell gründen.
Mehr über CiX und ihr modulares Wasserreinigungssystem

CiX hat ein modulares Wasserreinigungssystem entwickelt, das verschiedene Schadstoffe aus Wasser entfernen kann. Zu diesen Schadstoffen gehören unter anderem PFAS (Per- und Polyfluoralkylsubstanzen), eine Gruppe von künstlich hergestellten Substanzen, die beispielsweise in Lebensmittelverpackungen, wasserdichten Textilien und kosmetischen Produkten verwendet werden. PFAS werden auch als „ewige Chemikalien“ bezeichnet, da sie sich nicht natürlich abbauen. Dadurch reichern sich PFAS in der Natur und im menschlichen Körper an, was das Risiko für Gesundheitsprobleme wie Nieren- und Hodenkrebs sowie verringerter Fruchtbarkeit steigert. Die EU hat eine Begrenzung und eine Nachverfolgung für PFAS im Trinkwasser bekannt gegeben, die 2026 in Kraft tritt. Darüber hinaus wird in der EU über ein teilweises Verbot von PFAS diskutiert, wobei eine Entscheidung für 2025 erwartet wird. Dies zwingt die PFAS-Verarbeitungsindustrien, ihr Abwasser zu behandeln, um weitere Gesundheitsrisiken, Umweltschäden und mögliche Strafzahlungen zu vermeiden.
Derzeit gibt es nicht viele Technologien auf dem Markt, die PFAS aus Wasser extrahieren können, weshalb CiX mit Ihrer kostengünstigen und energieeffizienten Lösung einen besonderen Schwerpunkt auf diese Schadstoffgruppe legt.
Weitere Informationen:
Johanna Hojer
johanna.hojer@fau.de