Robuster Katalysator

Prof. Dr. Karl Mayrhofer steht an ein Gelände gelehnt auf einem Balkon und lächelt in die Kamera.
(Bild: FAU/Giulia Iannicelli)

Ohne nachhaltig hergestellten Wasserstoff droht die Energiewende zu scheitern. Für seine Produktion braucht man Katalysatoren, die stark beansprucht werden. Karl Mayrhofer sucht daher gemeinsam mit drei weiteren Forschern nach robusten und günstigen Beschleunigern für solche Reaktionen.

Strom aus Windkraft, Solarzellen und anderen nachhaltigen Quellen muss entweder sofort verbraucht oder gespeichert werden. Für kleinere Anwendungen, elektrisch angetriebene Autos oder Einfamilienhäuser gibt es gute Batterien. Für größere Anwendungen wie in der Stahlindustrie oder für Eisenbahnen auf nicht elektrifizierten Strecken wird Wasserstoff, der mit Elektrizität aus Wasser gewonnen werden kann, immer wichtiger werden. An Katalysatoren für diese Reaktion forscht Karl Mayrhofer, der den FAU-Lehrstuhl für Elektrokatalyse leitet und geschäftsführen – der Direktor sowohl des Helmholtz-Instituts Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energie (HI ERN) als auch des Instituts für Energietechnologien (IET) am FZ Jülich ist.

Den von der modernen Zivilisation beschleunigten Klimawandel und mögliche Gegenmaßnahmen hatte der Forscher bereits 1996 am Anfang seines Studiums im Auge: „Als Chemiker kann ich hoffentlich zur Lösung dieses Problems beitragen und technische Lösungen suchen“, überlegte Karl Mayrhofer damals. Nach dem Studium in seinem Heimatland an der Technischen Universität Wien macht er seine Masterarbeit daher in der Industrie: „Dabei habe ich an Brennstoffzellen geforscht, die mit Wasserstoff betrieben werden.“
Danach folgte die Doktorarbeit, für die er offiziell an der TU Wien, in der Praxis aber am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien erneut an chemischen Reaktionen rund um die Produktion von Wasserstoff forschte. Dort lernte er auch Matthias Arenz kennen, mit dem er anschließend an die TU München ging, um dort weiter an Katalysatoren für die Wasser-Elektrolyse und damit an der Wasserstoffgewinnung zu arbeiten. Die enge Kooperation zwischen den beiden Wissenschaftlern – Arenz leitet inzwischen das Departement für Chemie an der Universität Bern, während Karl Mayrhofer über das Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf an die FAU kam – ist noch heute für den Erfolg beider Gruppen sehr wichtig.

Prof. Dr. Karl Mayrhofer sitzt auf einem Stuhl im Labor und lächelt in die Kamera.
(Bild: FAU/Giulia Iannicelli)

Elektrolyse lässt selbst Platin altern

Der Grund für diese Forschung liegt auf der Hand: „Nachhaltiger Wasserstoff speichert nicht nur Energie, sondern kann in Regionen mit viel Sonnenenergie wie in Australien, im Mittleren Osten oder im Norden Afrikas erzeugt werden“, erklärt Karl Mayrhofer. „Zum Beispiel in flüssigen organischen Wasserstoffträgern gespeichert, die ebenfalls an der FAU und dem HI ERN erforscht werden, kann er danach relativ einfach mit Tankschiffen nach Mitteleuropa transportiert werden.“ Neben der reichlich verfügbaren Solarenergie braucht preiswerter Wasserstoff aber noch eine weitere Zutat: einen guten Katalysator.
In der Laborchemie gibt es den schon lange, hier wird oft das teure Edelmetall Platin verwendet. Das funktioniert seit vielen Jahrzehnten hervorragend, hat aber für die in der Energiewende benötigte Großtechnik einen gravierenden Nachteil: „Die Reaktion läuft mit hohen elektrischen Spannungen und in extrem sauren oder extrem basischen Lösungen, die sogar Katalysatoren aus Edelmetallen sehr stark beanspruchen und daher schnell altern lassen“, erklärt Karl Mayrhofer. In der Sprache der Wirtschaft bedeutet das: Die Lebensdauer solcher Elektrolyse-Anlagen ist begrenzt, und das macht die Wasserstoffproduktion ziemlich teuer. „Das aber wäre Gift für die Energiewende“, sagt der FAU-Chemiker.

Suche nach dem perfekten Material

Um dieses Problem zu lösen, beschäftigt sich Karl Mayrhofer bereits seit seiner Doktorarbeit mit den Alterungsprozessen von Brennstoffzellen und von Katalysatoren für die Wasser-Elektrolyse. Er versucht, die Vorgänge zu verstehen, die wichtigen Bauteile haltbarer und damit die Wasserstoffwirtschaft preiswerter zu machen. Das Ziel sind Katalysatoren, die länger als zehn Jahre halten. Weil man geeignete Kandidaten aber nicht so lange testen kann, entwickelt der FAU-Forscher Hochdurchsatzverfahren, die das Material extrem stark beanspruchen und so den jahrelangen Verschleiß in viel kürzerer Zeit im Labor nachstellen. „Mit diesen Methoden können wir uns die Alterungsprozesse schneller und genauer anschauen, um danach Möglichkeiten zu entwickeln, die den Abbau zumindest verlangsamen“, erklärt Karl Mayrhofer seine Strategie.

„Mit unseren Verfahren untersuchen wir in kurzer Zeit, wie Katalysatoren nach zehn oder mehr Betriebsjahren aussehen dürften.“

Prof. Dr. Karl Mayrhofer

Diese Hochdurchsatzverfahren an der FAU bilden einen von vier Pfeilern, auf denen der Synergy Grant „Directed Evolution of Metastable Electrocatalyst Interfaces for Energy Conversion” oder kurz „DEMI“ des Europäischen Forschungsrats ERC steht. Die Grundlagen liefert ein Team der Universität Kopenhagen, das berechnet, wie vier oder fünf Komponenten in einem Katalysator zusammengefügt werden müssen und wie dessen Oberfläche strukturiert sein sollte, damit die Reaktion dort möglichst gut abläuft. Aus diesen Komponenten stellt eine Gruppe der Ruhr-Universität Bochum modellhafte Materialbibliotheken mit unterschiedlichen Konzentrationen her. Anschließend synthetisieren Matthias Arenz und seine Leute an der Universität Bern die in Theorie und Modellen analysierten Mischungen in ihren Labors als Nanopartikel mit hoher aktiver Oberfläche. „Mit unseren Hochdurchsatzverfahren untersuchen wir dann in kurzer Zeit, wie solche Katalysatoren nach zehn oder mehr Betriebsjahren aussehen dürften“, schildert FAU-Forscher Karl Mayrhofer die vierte Etappe auf dem Weg zu einem günstigen und doch leistungsfähigen Katalysator für den Hoffnungsträger der Energiewende namens Wasserstoff.

Krönung für Spitzenkräfte

Bereits der Starting Grant des Europäischen Forschungsrates ERC ist eine hohe Auszeichnung, die meist den Weg zum Professorentitel vorzeichnet. Die vierte und höchste Stufe, der „Synergy Grant“, ist sozusagen die Krönung dieser Förderungen, die viele Anträge nie erreichen: „Von mehr als 395 Gruppen haben im Oktober 2023 gerade einmal 37 einen Synergy Grant erhalten“, erinnert sich Karl Mayrhofer, der zu einem dieser erfolgreichen Teams gehört. Insgesamt 395 Millionen Euro gibt es für diese Gruppen. Zehn Millionen gingen an die Kooperation, in der FAU-Forscher Karl Mayrhofer, Jan Rossmeisl von der Universität Kopenhagen, Alfred Ludwig von der Ruhr-Universität Bochum und Matthias Arenz von der Universität Bern Katalysatoren zur Herstellung von Wasserstoff entwickeln, die in großtechnischen Elektrolyse-Anlagen deutlich haltbarer und damit auch wirtschaftlicher als bisherige Produkte sind. Eine solche Zusammenarbeit zur Umsetzung eines wegweisenden Forschungsvorhabens ist die Grundvoraussetzung für einen Synergy Grant. „Wir kooperieren bereits seit 15 Jahren eng. Das führte zu mehr als 50 gemeinsamen Veröffentlichungen und auch zur Idee für das Synergy-Projekt“, sagt Karl Mayrhofer. „Nun freuen wir uns darauf, in den nächsten sechs Jahren zusammen unsere ambitionierten Ziele zu erreichen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende zu leisten.“

Autor: Roland Knauer


Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins

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