Gesalzene Bilder

Vier Menschen, drei sitzen einer steht, schauen auf mehrere Bildschirme.
(Bild: FAU/Giulia Iannicelli)

Armin Nagel hat eine große Leidenschaft: Bilder aus dem menschlichen Körper für diagnostische Zwecke nutzen. Dafür will er ein neues Verfahren der Kernspintomografie etablieren.

Wenn sich Armin Nagel mit MRT-Aufnahmen für die medizinische Diagnostik beschäftigt, hat er andere Details im Blick, als das bislang meist der Fall ist: Für ihn ist nicht die Struktur von krankhaften Organ- oder Gewebeveränderungen relevant, die anhand von Schnittbildern ermittelt wird. Der FAU-Wissenschaftler misst mit dem Kernspintomografen stattdessen den Salzgehalt im Gewebe. „In der Frühphase vieler Erkrankungen können sich diese Ionenkonzentrationen bereits verändern, bevor man überhaupt Unterschiede in der Struktur sieht“, erklärt Nagel, seit 2016 als Professor für metabolische und funktionelle MR-Bildgebung an der FAU.

Die Ionenbildgebung ist für Armin Nagel ein vielversprechender Ansatz in der Diagnostik und Behandlung von Krankheiten, deshalb will er die herkömmliche Bildgebung um dieses neue Verfahren ergänzen. Dafür entwickelt er gemeinsam mit seinem Team neue Messtechniken und Auswerteroutinen: „Wir schauen, ob wir die gewünschten Bilder hinbekommen, mit denen wir die Natrium- oder Kalium-Konzentration quantifizieren können.“ Die selbst entwickelten Messtechniken werden am MR-System getestet – zuerst an Phantomen, die beispielsweise Lösungen mit definierten Natrium- oder Kalium-Konzentrationen enthalten. Danach wird die Methode an gesunden Probandinnen und Probanden und schließlich auch in klinischen Studien erforscht.

Biosignatur-Bildgebung liefert zusätzliche Daten

Gemeinsam mit seinen Kollegen Frederik Laun und Moritz Zaiss verfolgt Armin Nagel das Ziel, die Magnetresonanz-Biosignatur-Bildgebung zu etablieren. Diese technologische und klinische Spitzenforschung, die sich auf die Erzeugung von unterschiedlichen Bildkontrasten in der MRT fokussiert, soll zusätzliche Daten und damit neue diagnostische Erkenntnisse liefern. Dafür entwickeln die Forschenden in drei Projekten schnelle MRT-Techniken, die verschiedene Gewebe und ihre chemische Zusammensetzung sowie Mikrostrukturen charakterisieren können. Während sich Armin Nagel mit dem Teilbereich Ionenbildgebung befasst, setzt Frederik Laun den Schwerpunkt auf die diffusionsgewichtete Bildgebung und MR-Suszeptibilitätsbildgebung. Moritz Zaiss forscht an der CEST-Bildgebung (Näheres siehe Infokasten).

Ein Mann lehnt seitlich an einer Wand.
(Bild: FAU/Giulia Iannicelli)

Technologische Basis aller drei Projekte ist die 7-Tesla-Magnetresonanztomografie. „Durch ihre erhöhte spektrale Auflösung und das stärkere Signal bietet die 7-Tesla-MRT in vielen Fällen schon einen höheren Kontrast als bisherige Bildgebungsverfahren, sodass Gewebeveränderungen bereits in einem früheren Stadium dargestellt werden können“, sagt Armin Nagel. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Suche nach klinischen Anwendungen der 7-Tesla-MRT hauptsächlich auf die anatomische Bildgebung konzentriert. Das wollen Nagel und seine Kolleginnen und Kollegen ändern.

Einen institutionellen Rahmen finden diese Arbeiten in der DFG-Forschungsgruppe FOR 5534 „Fast mapping of quantitative and metabolic MRI-fingerprints in ultra-high magnetic field“, die in den kommenden vier Jahren mit rund 3,6 Millionen Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. An der FAU arbeiten dazu Forschungsgruppen von Katharina Breininger, Florian Knoll und Andreas Maier auf dem Gebiet der Datenwissenschaften und des maschinellen Lernens mit Forschenden des Universitätsklinikums eng zusammen. Armin Nagel ist Sprecher der DFG-Forschungsgruppe.

„Im Idealfall können durch die Biosignatur-Bildgebung Änderungen im Krankheitsverlauf früher entdeckt und Krankheiten besser behandelt werden.“

Prof. Dr. Armin Nagel

Alzheimer oder Brustkrebs früher erkennen

Die MRT-Biosignatur-Bildgebung soll künftig in verschiedenen Forschungsbereichen eingesetzt werden: bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer oder bei chronischen Krankheiten, beispielsweise chronischen Nierenerkrankungen. Auch in der Onkologie stößt das Verfahren auf Interesse: Durch die Biosignatur-Bildgebung soll die Grundlage gelegt werden, das individuelle Brustkrebsrisiko zukünftig besser beurteilen zu können. In allen drei klinischen Forschungsfeldern kooperieren die drei Physiker mit den Medizinerinnen und Medizinern Arnd Dörfler, Jürgen Winkler, Anke Dahlmann, Sabine Ohlmeyer and Sebastian Bickelhaupt vom Universitätsklinikum.

„Frederik Laun, Moritz Zaiss und ich kennen uns schon lange und haben bereits am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg zusammengearbeitet, bevor wir alle drei Professuren an der FAU angetreten haben“, erzählt Armin Nagel, der vor seiner Station in Erlangen Professor für Experimentelle Radiologie am Universitätsklinikum Ulm und davor Arbeitsgruppenleiter am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg war. „An der FAU haben wir uns dann gemeinsam überlegt, wie wir unsere jeweiligen Fachbereiche so zusammenbringen können, dass wir einen möglichst großen Mehrwert für die Bildgebung und deren Nutzung zu diagnostischen Zwecken schaffen.“

Dieser Mehrwert ist enorm. „Im Idealfall können durch die Magnetresonanz-Biosignatur-Bildgebung Änderungen im Krankheitsverlauf früher entdeckt und Krankheiten besser behandelt werden“, betont Armin Nagel. Auch deshalb ist das Thema seine große Leidenschaft: „Ich finde die Anwendung physikalischer Methoden auf medizinische Fragestellungen faszinierend, vor allem die vielfältigen Möglichkeiten der MRT, Bilder aus dem menschlichen Körper zerstörungsfrei aufzunehmen.“

Die Magnetresonanz-Biosignatur-Bildgebung

Eine Person wird von einem Arzt für ein MRT vorbereitet.
(Bild: FAU/Giulia Iannicelli)

Im Rahmen der DFG-Forschungsgruppe entwickeln die Forscher Armin Nagel, Frederik Laun und Moritz Zaiss schnelle MRT-Techniken, die verschiedene Gewebe und ihre chemische Zusammensetzung sowie Mikrostrukturen charakterisieren können. Armin Nagel befasst sich mit dem Teilbereich Ionenbildgebung. Frederik Laun setzt den Schwerpunkt auf die diffusionsgewichtete Bildgebung (Analyse der Wassermolekülmobilität und damit der Gewebeintegrität) und MR-Suszeptibilitätsbildgebung (Veränderungen in der magnetischen Suszeptibilität lassen indirekt Rückschlüsse auf die räumliche Verteilung von Eisen, Myelin oder den Kalziumgehalt im Gehirn zu, die bei neurodegenerativen Erkrankungen wie etwa der Parkinsonkrankheit verändert sein können). Der Schwerpunkt von Moritz Zaiss ist die CEST-Bildgebung (Chemical exchange saturation transfer). Durch diese molekulare MRT-Technik können Informationen über Proteine und Stoffwechselprodukte dargestellt werden, was sich vor allem bei neurologischen Fragestellungen als nützlich erwiesen hat. Alle drei Schwerpunkte zusammen ergeben die Magnetresonanz-Biosignatur-Bildgebung.

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Autor: Michael Kniess


Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins

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