Die Startup-Fabrik

Ein mann und eine Frau sitzen auf einem Sofa und unterhalten sich.
(Bild: FAU/Anna Tiessen)

Die FAU und der Start-up-Inkubator ZOLLHOF haben gute Chancen, im Wettbewerb des Bundes als „Startup Factories“ ausgezeichnet zu werden. Kathrin Möslein und Benjamin Bauer erzählen im Interview, mit welchem Konzept sie antreten und wie der Sprung vom Inkubator zur ZOHO Factory gelingen wird.

Herr Bauer, was hat es mit diesem Wettbewerb auf sich?

Bauer: Die „Startup Factories“ sind eine deutschlandweite Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums, mit der hochschulnahe und zugleich unternehmerisch geführte Start-up-Hubs, sogenannte Start-up-Fabriken, aufgebaut werden. Der Wettbewerb ergänzt die Förderlinie Exist, die seit mittlerweile 25 Jahren Gründerinnen und Gründer aus der Wissenschaft unterstützt. Mit den Startup Factories will die Politik unternehmerische Leuchttürme in Deutschland schaffen und Deutschland so konkurrenzfähig zu anderen Start-up-Nationen machen.

Frau Möslein, Sie sind als Vizepräsidentin der FAU für das Gründungsgeschehen mitverantwortlich. Warum nimmt die Universität gemeinsam mit dem ZOLLHOF an diesem Wettbewerb teil?

Möslein: Das liegt auf der Hand: Wir müssen und wir können mehr Gründungen aus der Wissenschaft hervorbringen. Wenn wir auf die Start-up-Szene der Metropolregion Nürnberg schauen, dann gibt es beeindruckende Unternehmensgründungen, aber da geht noch viel mehr. Gerade wenn wir an Deep-Tech-Gründungen denken. Hier liegen noch enorme Chancen brach, zumal unsere FAU in Rankings regelmäßig unter den innovationsstärksten Universitäten weltweit rangiert. Eine universitätsnahe Startup Factory für ganz Nordbayern bietet hier enormes Potential für das ganze Innovations-Ökosystem.

„Wir müssen und wir können mehr Gründungen aus der Wissenschaft hervorbringen… Hier liegen noch enorme Chancen brach.“

Prof. Dr. Kathrin Möslein

Was ist das für ein System?

Möslein: Wir alle kennen Ökosysteme aus der Natur. Sie denken vielleicht unmittelbar an ein Korallenriff oder den heimischen Garten. Genau so müssen Sie sich auch Innovations-Ökosysteme vorstellen, in denen Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik gemeinsam Innovation voranbringen und dafür Hand in Hand arbeiten. Das funktioniert in Bayern bereits wunderbar. Unsere Region gilt als Patentmetropole Europas, ist bekannt für Innovationserfolge von der Erfindung bis zu Weltmarktführern. Dass man bei Innovation oftmals gerade an findige Köpfe aus Franken denkt, ist nicht einzelnen Politikern, Führungskräften oder Forschenden zu verdanken, sondern dem Zusammenspiel vieler unterschiedlicher Teamplayer. Die FAU fungiert in diesem System als Innovationstreiber: Sie ist eine sprudelnde Quelle großartiger Forschungsergebnisse, schafft ein innovationsfreundliches Umfeld und berücksichtigt dabei die verschiedensten Interessen vieler Akteure. Anders ausgedrückt: Die FAU ist toll, besonders toll aber erst durch ihre Partner.

Ein Mann und eine Frau posieren sitzend.
(Bild: FAU/Anna Tiessen)

Von über vierhundert ursprünglichen Interessenten haben 15 Bewerbungen die vorletzte Hürde im Wettbewerb genommen. FAU und ZOLLHOF gehören dazu, noch dazu als einziger Finalist aus Bayern. Wie haben Sie die Jury überzeugt?

Bauer: Zunächst einmal dürfte unsere Reputation eine Rolle gespielt haben. Der ZOLLHOF existiert ja nicht auf dem Papier, sondern arbeitet seit sechs Jahren sehr erfolgreich als Gründungsschmiede. Wir haben in dieser Zeit über einhundert Start-ups begleitet, von denen rund 70 Prozent noch am Markt sind – deutschlandweit liegt die Quote bei deutlich unter 20 Prozent. An der Hälfte unserer Gründungen sind Frauen beteiligt, auch das ist einzigartig. Von der Financial Times werden wir aktuell als Nummer vier der erfolgreichsten deutschen Start-up-Hubs gerankt. Nicht zuletzt lag es sicher auch am privaten Kapital, das wir in den letzten sechs Monaten akquirieren konnten. Aber natürlich haben wir auch mit unserem Wettbewerbskonzept gepunktet, das wir gemeinsam mit der FAU erarbeitet haben.

Das sieht wie aus?

Möslein: Das Konzept umfasst drei Säulen: Erstens unterstützen wir viel mehr Menschen, aus der Wissenschaft heraus zu Unternehmerinnen und Unternehmern zu werden. Dafür sollen unter anderem Stipendien vergeben werden. Zweitens wollen wir den Gründungsteams die Möglichkeit geben, die technische Infrastruktur der FAU und ihrer Partner für den Bau von Prototypen zu nutzen. Und drittens streben wir einen nachhaltigen fränkischen Start-up-Fund an, an dem sich erfolgreiche Unternehmerfamilien Nordbayerns beteiligen.

Der Bund stellt für Ihr Vorhaben zehn Millionen Euro in Aussicht – unter der Bedingung, dass Sie dieselbe Summe zusätzlich selbst aufbringen. Wie wollen Sie das schaffen?

Bauer: Wir sind bereits sehr aktiv an fränkische Unternehmen und deren Inhaber herangetreten – nicht nur an jene, die uns ohnehin seit Jahren unterstützen, sondern auch an viele, mit denen wir bislang nicht kooperiert haben. Nicht wenige davon haben Verbindungen zur FAU, weil sie selbst Alumni sind oder ihre Kinder hier studieren. Ich denke, wir haben gut argumentiert und die Vorteile einer finanziellen Beteiligung überzeugend dargelegt. Wir merken gerade ein starkes Momentum in der Region – es tut sich was.

Zwei Menschen im Gespräch am Zollhof
Mission „ZOHO Factory“: Kathrin Möslein und Benjamin Bauer wollen den Zollhof zur Startup-Fabrik machen. (Bild: FAU/Anna Tiessen)

Welche Vorteile hat eine Beteiligung?

Möslein: Da bin ich wieder bei unserem Ökosystem. Wettbewerb in Wissenschafts- und Wirtschaftsräumen bedeutet nicht, dass der eine dem anderen etwas wegnimmt. Im Gegenteil: Hier entstehen Innovationen, die allen nutzen. Warum sollen Start-ups nicht Produkte oder Dienstleistungen anbieten, von denen etablierte Firmen profitieren? Und sogar im vermeintlichen Scheitern liegen Chancen, auch wenn das in Deutschland keine verbreitete Ansicht ist. Wissenschaftlich ausgebildete und unternehmerisch geschulte Menschen sind auf dem Arbeitsmarkt außerordentlich gefragt, auch wenn ihre erste Gründungsidee vielleicht nicht gezündet hat.

Wie geht es jetzt weiter?

Bauer: Wir sind weiter dabei, private Mittel für diese wichtige Initiative in Bayern zu gewinnen. Dabei sprechen wir vermehrt auch mit Stiftungen der Region. Außerdem sind wir aufgefordert, bis Februar 2025 unser vollständiges Konzept zu präzisieren. Daran arbeiten wir gerade sehr intensiv. Als einzig verbliebener Wettbewerber aus Bayern verknüpft die Initiative Hochschulen, Verbände, Stiftungen, Unternehmen und Innovatoren für das gemeinsame große Ziel: Gemeinsam wollen wir der Start-up-Hub Nordbayerns werden.

Und wenn es nicht klappen sollte?

Bauer: Auch dann brauchen wir jede Unterstützung! Die ZOHO Factory muss es in jedem Fall geben, denn es ist die unternehmerische Chance für Nordbayern. Innovationskraft, Zusammenhalt und langer Atem sind die wichtigsten Zutaten für den Erfolg.

Zum ZOLLHOF

Autor: Matthias Münch


Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins

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