Ein ganz besonderer Ort in der Welt

Siemens-CEO Dr. Roland Busch erklärt gestikulierend.
(Bild: FAU/Giulia Iannicelli)

Roland Busch, Siemens-Vorstandschef und Vorsitzender des Universitätsrats, über sein Studium in Erlangen, das Potenzial der FAU und was Physik mit Firmenlenkung zu tun hat.

Herr Busch, welche drei Dinge fallen Ihnen ein, wenn Sie an die FAU denken?
Physik, tolle Menschen, Erlangen.

Sie haben hier vor 30 Jahren Physik studiert und auch promoviert. Wie haben Sie die Uni kennengelernt?
Ich bin in Erlangen groß geworden. Die Universität – wie auch Siemens – prägt hier das Stadtbild und gehört einfach dazu. Mein erster Eindruck als Student war der alte Hörsaal in der Glückstraße mit den knarzenden Holzbänken. Ich fand es toll! Später sind wir aufs Südgelände gezogen. Das hatte einen anderen Charme. Und ich fand die Internationalität immer gut: Ich habe ja selbst ein Auslandssemester in Grenoble gemacht. Während meiner Diplomarbeit und der Promotion habe ich dann gesehen, wie viele internationale Doktoranden und Postdocs die Uni anzieht.

Sie kennen ja weltweit viele Universitäten. Was macht eine erfolgreiche Universität für Sie aus?
Wichtig ist die Infrastruktur, moderne Labore zum Beispiel; dann das Angebot und die Qualität der Vorlesungen. Die hängt wiederum von starken Professoren ab. Auch das Umfeld einer Universität macht viel aus. Gibt es innovative Unternehmen, wo Studierende eine Studienarbeit schreiben können? Welche Unterstützung erhalten Studierende dabei, ein Start-up zu gründen? Also am Ende ist es das Gesamtpaket.

Stimmt das Gesamtpaket an der FAU?
Absolut. Die FAU ist eine der innovativsten Universitäten, nicht nur in Europa, sondern weltweit. Starke Forschung durch gute Professoren. Die Universitätsleitung macht das sehr gut, Top-Wissenschaftler und Preisträger für die FAU zu gewinnen. Und: Die FAU ist attraktiv für Spitzenstudenten aus der ganzen Welt.

Dazu kommt das Ökosystem rund um die Universität. Das ist einzigartig. Man findet hier große Unternehmen wie Siemens – einen Technologiekonzern –, Schaeffler – den größten Autozulieferer der Welt – oder Adidas, dazu starke kleine und mittelständische Firmen, die in ihrem Sektor weltweit führend sind. Aber auch Forschungsinstitute wie das Fraunhofer-, das Helmholtz- und das Max-Plack-Institut sind vor Ort. Entscheidend ist für mich auch die Stadt mit ihrer familiären Atmosphäre. Viele Leute, die wir von Siemens hierher delegieren, fragen erst einmal: Warum denn nicht München oder Berlin? Und nach sechs Monaten wollen sie nicht mehr weg, weil die Lebensqualität hier so hoch ist. All das zusammen macht FAU zu einer ganz besonderen Uni.

Die FAU müsse ihre Stärken besser vermarkten, erklärt Roland Busch. (Bild: FAU/Giulia Iannicelli)

Bei allem Lob, wo sehen Sie noch Potenzial?
Ganz gleich, ob wir von einer Universität sprechen, einer Firma oder einer Volkswirtschaft: Wachstum gehört dazu. Demzufolge glaube ich, dass ein weiterer Anstieg der Studierendenzahlen für die FAU ganz entscheidend ist. Der zweite Punkt ist die Infrastruktur. Da gab es einen Investitionsstau, der jetzt sukzessive aufgelöst wird. Das ist sehr gut, denn das zieht auch mehr Studierende an. Der nächste Punkt wäre, internationaler zu werden, also noch viel mehr internationale Studenten anzulocken – und zwar die besten.

Da ist Marketing ein wichtiger Punkt: Wer in Deutschland studieren will, schaut zunächst auf Berlin oder München. Die FAU muss ihre Stärken besser vermarkten.

 

Die FAU ist ein wichtiger Kooperationspartner von Siemens. Was macht die Uni attraktiv für Ihr Unternehmen?
Zum einen gibt es an der FAU wirklich ganz tolle Professoren, die mit ihren Themen Felder bespielen, die für uns relevant sind. Wir sagen ja immer, Siemens verbindet die reale mit der digitalen Welt. Und genau an dieser Schnittstelle von Hardware und Software, in der Automatisierung, in der Medizintechnik und so weiter, da ist die FAU aktiv. Und wir profitieren von den Top-Studierenden, denn wir sind immer auf der Suche nach guten Leuten. Wir haben an vielen Orten der Welt Kooperationen mit Universitäten. Bei den FAU-Absolventen die Übernahmerate am höchsten. Ich gehöre übrigens selbst dazu. Ich habe bei Siemens meine Doktorarbeit geschrieben und bin dann geblieben.

Sie sind seit 2017 im Universitätsrat, seit 2019 dessen Vorsitzender. Was wollen Sie für die FAU tun?
Ich möchte der Universität etwas zurückgeben. Dafür kann ich mein Netzwerk zur Verfügung stellen, Kollaborationen unterstützen und für die FAU werben. Und das macht sehr viel Spaß.

Seit einigen Semestern sind Sie auch Dozent in einem Seminar in den Wirtschaftswissenschaften. Was motiviert Sie?
Also zunächst mal zeichnet sich das Seminar dadurch aus, dass wir Themen setzen, die sich an dem anlehnen, was Siemens interessiert, typischerweise eine Analyse von Firmen oder Start-ups in einem bestimmten Technologie-Bereich. Das ist für uns super spannend. Aber vor allem macht es mir Spaß, mit jungen Menschen zu sprechen, zu beobachten, wie sie ein Thema angehen, um dann auch mal unerwartete Fragen zu stellen. Das kann die schon mal an ihr Limit bringen, aber es ist toll zu sehen, wie sie damit umgehen.

Welche Tipps würden Sie jungen Menschen geben, die gerade ein Studium beginnen wollen?
Das Wichtigste: ein Fach wählen, für das sie Neugier und Leidenschaft spüren. Das motiviert beim Lernen. Der zweite Punkt gilt nicht nur fürs Studieren: persönlicher Einsatz, also sich anstrengen, immer wieder üben, auch wenn es einem nicht leichtfällt. Nur so wird man besser. Und am Ende steht die Frage, wo man hinwill mit dem, was man studiert. Schließlich ist ein Studium eine Investition in das Leben. Damit sollte man irgendwann auch Geld verdienen. Ein anderer Punkt, aber genauso wichtig ist Leistungsbereitschaft. Wichtig für die eigene Karriere, aber noch mehr für Deutschland. Wir fangen an, diese Tugend zu verlieren. Das schadet uns langfristig. Wir verlieren Wettbewerbsfähigkeit! Wir haben ja keine natürliche Ressourcen, wir leben von der Innovationskraft unserer Menschen. Im Übrigen auch den Menschen, die zu uns kommen.

Roland Busch hat Physik an der FAU studiert und seine Doktorarbeit bei Siemens geschrieben. Seit 2021 ist er CEO des Weltkonzerns. (Bild: FAU/Giulia Iannicelli)

War Ihre Studienwahl so eine Entscheidung aus Leidenschaft?
Zum Ende der Schulzeit hatte ich auch großes Interesse für Chemie. Nach einem Semester Physik war für mich aber klar, dass das die richtige Wahl war. Mein Schwerpunkt war Theoretische Physik und mich ich hat es immer wahnsinnig fasziniert, die Welt in Formeln zu gießen und sie dadurch besser zu verstehen. Ich werde oft gefragt, was Physik – mein Schwerpunkt war sogar Theoretische Physik – mit der Leitung von einer Firma zu tun hat …

Und was sagen Sie dann?
Ich glaube, da gibt es eine ganze Menge Parallelen. Was zeichnet Theoretische Physik aus? Die Welt in ihrer Komplexität lässt sich kaum beschreiben. Das heißt, man vereinfacht sie mit Formeln und kommt dann ziemlich dicht an die Wahrheit. Bei vielen Themen und Entscheidungen, die auf mich zukommen, ist es ähnlich. Ich muss das Wichtige erkennen, das Unwichtige ausblenden und in begrenzter Zeit zu einer Entscheidung kommen. Das lernt man in der Physik. Dazu kommt, dass wir Technologie herstellen. Und ein Grundverständnis dafür hilft auch mir als Firmenchef.

Wo holen Sie sich Inspiration?
Ich habe in meinem Job das Glück, mit vielen interessanten Menschen zusammenzukommen. Nicht nur mit Spitzenpolitikern, Top-Firmenlenkern oder Leuten von Tech-Firmen; auch mit jungen Menschen, die Startups gründen, oder Kolleginnen und Kollegen in der Produktion, die fantastische Ideen haben. Das ist sehr bereichernd.

Autorin: Sandra Kurze


Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins

Innovation, Vielfalt und Leidenschaft – so lauten die drei Grundwerte unserer FAU, so sind sie in unserem Leitbild festgehalten. An der FAU leben wir diese Grundwerte jeden Tag
und in allem, was wir tun – in der Forschung, in der Lehre und wenn es darum geht, Wissen, das an der Universität entsteht, in die Gesellschaft hineinzutragen.

Die zweite Ausgabe unseres FAU Magazins macht dies einmal mehr sichtbar: Es zeigt Forschende, die immer wieder die Grenzen des bislang Machbaren überschreiten. Es stellt Studierende vor, die gemeinsam Höchstleistung für ihre FAU erbringen, erzählt von Lehrenden, die mit Freude und Kreativität ihr Wissen weitergeben. Und es berichtet von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich mit Weitblick und einem Gespür fürs Wesentliche der (Forschungs-)Infrastruktur an der FAU widmen  sowie von Menschen in Schlüsselpositionen, die für ihre Universität da sind und sich für den Forschungsstandort stark machen.

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