1,6 Millionen Förderung für die Herausforderungen des Anthropozäns
Um das Erdsystem besser zu verstehen, hat die FAU ein Projekt aufgesetzt, das eine übergreifende Perspektive auf den Planeten Erde eröffnen soll.
Das Projekt wird von der Volkswagenstiftung mit rund 1,6 Millionen Euro gefördert.
Prof. Dr. Wolfgang Kießling vom Lehrstuhl für Paläoumwelt erklärt, was es mit der Erdsystemwissenschaft auf sich hat.
Die Erde besser verstehen– Kießling im Interview
„Alles hängt mit allem zusammen“, so hat Alexander von Humboldt vor 200 Jahren beschrieben, womit sich heute die Erdsystemwissenschaft beschäftigt. Das deutet an, wie komplex das Fach ist. Wo setzt man da als Wissenschaftler/-in an?
Genau auf dem systemischen Ansatz! Wir haben ja bereits sehr starke Disziplinen innerhalb der Geowissenschaften und müssen diese jetzt stärker vernetzen, vor allem in quantitativer Hinsicht.
Warum ist die Erforschung des Erdsystems so wichtig?
Weil wir einfach nicht weiterkommen, wenn wir große Umweltprobleme isoliert angehen. Beispielsweise kann man Klimaschutz nicht sinnvoll betreiben, ohne auch Biodiversität zu schützen. Beim Schutz von Biodiversität muss umgekehrt auch der zukünftigen Erderwärmung Rechnung getragen werden. Arten müssen die Möglichkeit haben, mit ihrem angestammten Klima polwärts zu migrieren.
Inwiefern ist denn unser Planet ein System?
Wir können uns die Erde am besten in Sphären vorstellen, die miteinander eng vernetzt sind. Wir unterscheiden Geosphäre, Hydrosphäre, Atmosphäre, Biosphäre und Anthroposphäre. Atmosphäre ist allen ein Begriff, während die anderen Sphären noch nicht im täglichen Sprachgebrauch sind. Änderungen in einer Sphäre haben direkte oder indirekte Auswirkungen auf die anderen Sphären.
In der Atmosphäre spielt sich der Klimawandel ab, der alle anderen Sphären stark beeinflusst, sogar, über Verwitterungsprozesse, die Geosphäre. Weniger trivial ist zum Beispiel der Einfluss der Biosphäre auf die Atmosphäre. Erst durch die Photosynthese ist seit 2,5 Milliarden Jahren überhaupt Sauerstoff in der Atmosphäre.
Auch heute noch spielt die Biosphäre eine erhebliche Rolle in der Klimaregulation. Berühmt ist zum Beispiel das von Algen ausgeschiedene Dimethylsulfid. Die dadurch angeregte Wolkenbildung blockiert Sonnenlicht und reduziert die Photosynthese der Algen, womit auch die Produktion von Dimethylsulfid zurückgeht.
Solche Regelmechanismen aufzudecken und zu quantifizieren ist Gegenstand der Erdsystemforschung.
Wäre die Erde nicht besser dran ohne die Menschen?
Das ist eine zynische Frage. Natürlich wären die Stoffkreisläufe im Erdsystem ohne den Menschen nicht so sehr aus den Fugen geraten, wie sie es heute sind. Andererseits darf man die Rolle des Menschen in erdgeschichtlicher Hinsicht auch nicht überbewerten. Es gab früher auch ohne den Menschen globale Katastrophen, die zur Auslöschung von bis zu 85% allen Lebens geführt hatten.
Was muss der Mensch in Zukunft anders machen, damit die Erde bewohnbar bleibt?
Sie meinen wahrscheinlich für den Menschen bewohnbar und das global. Wirklich unbewohnbar wird die Erde in absehbarer Zukunft nur in tropischen und subtropischen Arealen und einigen Inseln, wo Hitze, Trockenheit und steigender Meeresspiegel keine Lebensgrundlage mehr bieten.
Wenn wie allerdings nicht nur von Überleben, sondern von einem guten Leben sprechen, muss tatsächlich ein transformativer Wandel der Gesellschaft stattfinden und das schnell. Nur eine nachhaltige, klimaresiliente Entwicklung ist wirklich zukunftsweisend und das Zeitfenster diese Umzusetzen schließt sich rasant.
Zur Person: Wolfgang Kießling
Prof. Dr. Wolfgang Kießling
Lehrstuhl für Paläoumwelt
Tel.: 09131/85-26959
wolfgang.kiessling@fau.de
Wolfgang Kießling ist der meistzitierte Paläobiologe Deutschlands
Energie und Klima
Die FAU verfügt über eine einzigartige Expertise auf dem Gebiet der Energieforschung und trägt damit maßgeblich zur Begegnung des Klimawandels bei.
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