FAU-Forschende entwickeln Alternative zu Herzschrittmachern

Mann mit Herzschwäche
Bild: colourbox.de

Ein Herzinfarkt ist lebensgefährlich – auch noch lange nach dem eigentlichen Infarkt: 50 bis 60 Prozent der Betroffenen sterben in der Folge am plötzlichen Herztod, ausgelöst durch Herzrhythmusstörungen. Die derzeitig wirksamste Behandlung – ein Herzschrittmacher – stoppt die Herzrhythmusstörungen. Er kann aber nicht verhindern, dass sie wieder auftreten. Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Universität Bonn haben ein Gel entwickelt, das genau das schaffen soll.

Herzinfarkte sind dauerhaft lebensbedrohlich

Ein Herzinfarkt ist nicht nur akut lebensbedrohlich, er birgt auch langfristig schwere Gesundheitsrisiken: 50 bis 60 Prozent der Betroffenen sterben in der Folge eines Herzinfarkts am plötzlichen Herztod, ausgelöst durch Herzrhythmusstörungen.

Woran liegt das?

„Das Problem sind die Narben, die bei einem Herzinfarkt gebildet werden. Sie leiten elektrische Signale schlechter als gesundes Gewebe, was dazu führt, dass die Herzmuskelzellen nicht mehr effizient miteinander kommunizieren und zusammen im Rhythmus schlagen“, erklärt Felix B. Engel, Professor für Experimentelle Nieren- und Kreislaufforschung an der FAU und am Uniklinikum Erlangen.

Herzschrittmacher behandeln nur das Symptom und nicht das Grundproblem

Die bislang wirksamste Therapie, um Herzrhythmusstörungen zu stoppen und den plötzlichen Herztod zu verhindern, sind implantierbare Herzschrittmacher. Sie werden auch Cardioverter-Defibrillatoren genannt, kurz: ICDs. Sie erkennen Kammerflimmern und geben einen energiereichen Schock an das Herz ab, der den normalen Herzrhythmus wiederherstellt. Das Problem: Herzschrittmacher sind nicht in der Lage, das Grundproblem, nämlich das Auftreten von Herzrhythmusstörungen, zu verhindern.

Außerdem schädigen die häufigen Schocks des Schrittmachers das Herz weiter, verursachen erheblichen psychischen Stress bei den Patientinnen und Patienten und beeinträchtigen damit ihre Lebensqualität.

Herzrhythmusstörungen verhindern: Ist ein Gel die Lösung?

Ein Forschungsteam der FAU hat ein sogenanntes Hydrogel entwickelt, das aus Kollagen als gut verträglicher Trägersubstanz und der elektrisch leitenden Substanz PEDOT:PSS besteht. Dieses Gel soll Herzrhythmusstörungen verhindern.

Wie funktioniert das genau?

„Wir können dieses Gel direkt in das Narbengewebe des Herzens injizieren. Dadurch wird das Gewebe gewissermaßen elektrifiziert und die Herzmuskelzellen können wieder besser miteinander kommunizieren“, sagt Dr. Kaveh Roshanbinfar, Mitarbeiter der Engel-Gruppe und Erstautor der Studie.

Ab wann kann das Gel eingesetzt werden?

Das dauert noch: Zwar haben erste Versuche im Tiermodell haben gezeigt, dass das Hydrogel erfolgreich vor Arrhythmien und Kammerflimmern schützt und die energiereichen Schocks von ICDs damit überflüssig machen könnte. Es muss aber noch einiges erforscht werden, bis Patient/-innen das Hydrogel nutzen können. Warum, das erklärt Prof. Dr. Felix Engel: „Zum einen sind die Narben nach einem Infarkt beim Menschen viel komplexer als beispielsweise bei Mäusen. Zum anderen ist unklar, wie unser Immunsystem auf das Hydrogel reagiert.“

Sobald das geklärt ist, könnte das Kollagen-PEDOT:PSS-Hydrogel zunächst an Hochrisikopatient/-innen getestet werden, die unter energiereichen Schocks der ICDs besonders leiden.

Sie möchten mehr über die Forschungsergebnisse erfahren?

Sie können die vollständige Studie Electrically Conductive Collagen-PEDOT:PSS Hydrogel Prevents Post-Infarct Cardiac Arrhythmia and Supports hiPSC-Cardiomyocyte Function online lesen.

Die Studie wurde von der Arbeitsgruppe von Felix Engel in Zusammenarbeit mit Herzforscher/-innen der Universität Bonn sowie Physiker/-innen und Werkstoffwissenschaftlern der FAU erarbeitet.

Mehr Informationen zum Forschungsbereich Experimentelle Nieren- und Kreislaufforschung.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Felix B. Engel
Professur für Experimentelle Nieren- und Kreislaufforschung
Tel.: 09131/85-35659
felix.engel@uk-erlangen.de