SafeSpace gegen Gewalt: FAU-Studentin gründet Schutzcafé in Neumarkt

Johanna Mederer in einem Vereinsshirt
Johanna ist Mitgründerin und 1. Vorsitzende des Vereins SafeSpace Neumarkt. (Bild: Privat)

Johanna Mederer studiert an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) Jura und steckt gerade mitten im ersten Staatsexamen. Und: sie engagiert sich in einem Schutzcafé für von Gewalt betroffene Menschen. Wie ist es dazu gekommen? Johanna hat es uns verraten.

Das Schutzcafé in Neumarkt – Tee, Kaffee und Sicherheit

Jeden ersten Dienstag im Quartal fährt Jura-Studentin Johanna Mederer in das Café Immergrün in Neumarkt. Dann öffnet dort das Schutzcafé. Das Projekt wird von Johanna und den anderen Mitgliedern des Vereins „SafeSpace Neumarkt“ organisiert. Das Schutzcafé ist ein sicherer Ort für alle, die von Gewalt betroffen sind – unabhängig von Geschlecht, Alter und Art der erlebten Gewalt.

„Gewalt ist nicht eindimensional“, erklärt Johanna. „Vor allem Frauen und nichtbinäre Personen, aber auch Männer erfahren sexualisierte oder häusliche Gewalt. Neben physischer Gewalt leiden viele auch unter psychischer Gewalt wie Mobbing, Bodyshaming oder Stalking. Wir möchten für alle eine sichere Anlaufstelle sein.“

Betroffene können im Schutzcafé über ihre Erfahrungen reden, sich beraten lassen oder einfach in Ruhe eine Tasse Tee oder Kaffee trinken und nachdenken.

Von der Idee zur Umsetzung

Johanna ist Mitgründerin und 1. Vorsitzende des Vereins. Die Idee für das Schutzcafé, berichtet sie, ist aus dem Beirat junger Frauen Neumarkt hervorgegangen, der zum Landratsamt gehört. Dort gab es schon länger Ideen für ein solches Projekt. Als sie dann mitbekommen haben, dass das bayerische Sozialministerium einen sogenannten „Hackathon“ ausgeschrieben hatte, bei dem man Projekte zur Förderung pitchen konnte, haben sich einige Frauen aus dem Beirat zusammengetan, um genau das zu tun. Dann ging alles ganz schnell: „Wir haben an einem Vormittag einen Projekt-Pitch geschrieben und gehofft und gebangt, dass es funktioniert.“ Und das hat es. Bereits einen Monat nach der Einreichung war der offizielle Projektstart.

Gruppenbild ohanna Mederer, Luisa Hofmann, Lucia Ferstl, Nicole Brock und Annalena Dorr
Johanna Mederer, Luisa Hofmann, Lucia Ferstl, Nicole Brock und Annalena Dorr sind Mitglieder des Vereins SafeSpace Neumarkt. (Bild: SafeSpace Neumarkt e.V.)

Mit der Startfinanzierung des bayerischen Sozialministeriums konnte das Schutzcafé dann Anfang 2022 zum ersten Mal öffnen. Dass der Schutzraum im Café Immergrün eingerichtet wird, war von Anfang an klar, erklärt Johanna. Denn das Café ist ein in Neumarkt sehr bekanntes Fairtrade-Café, das von einem Verein getragen wird, „der dort viele soziale Veranstaltungen macht und der ein toller sozialer Partner für das Projekt ist“, erzählt Johanna. Inzwischen wird das Schutzcafé vollständig über Spenden finanziert.

Niederschwellige Beratung per Mail, Telefon, Social Media oder im Café

Wer Hilfe braucht oder sich einfach ein bisschen genauer über das Schutzcafé informieren will, muss nicht unbedingt ins Café kommen. Der Verein ist durchgehend per Telefon, E-Mail oder über Social Media zu erreichen. Wer will, kann darum bitten, dass die Psychologin, die das Schutzcafé unterstützt, beim Gespräch dabei ist.

Es ist Johanna wichtig, dass alle sich auf die Art an sie wenden, mit der sie sich am wohlsten fühlen: „Es ist komplett in Ordnung, wenn man in unser Café kommt, eine Tasse Tee trinkt und gleich wieder geht. Oder wenn man eine Mail schreibt und einfach mal fragt, wie genau das denn bei uns abläuft. Oder wenn man einen Telefontermin ausmacht, unsere Psychologin dazu bittet oder andere Leute mitbringt – das ist alles okay.“

Das Schutzcafé in Neumarkt von innen
Das Schutzcafé findet jeden ersten Dienstag im Quartal von 15:30 bis 18:30 Uhr im Café Immergrün,
Pulverturmgasse 4, 92318 Neumarkt statt. In dieser Zeit ist auch sicher jemand telefonisch erreichbar. (Bild: SafeSpace Neumarkt e.V.)

„Man merkt einfach: das hat in Neumarkt gefehlt!“

Das Projekt bekommt viel positives Feedback. Leute kommen auf sie zu und erzählen ihr, dass sie so etwas früher gebraucht hätten, sagt Johanna. „Man merkt einfach, so ein Ort hat in Neumarkt gefehlt.“

Aber ist die Arbeit nicht ganz schön belastend? Johanna sieht das nicht so: „Wir machen es ja nicht schlimmer, wir sind neutral bis bestärkend. Auch wenn ich Geschichten höre, die mich traurig oder nachdenklich machen. Am Ende ist es ein gutes Gefühl, dass ich auch als Einzelperson etwas tun kann. Dass die Leute sich gesehen fühlen.“

Mitglieder des Vereins in gedämmten Licht bei einer Kinovorstellung
Eine der letzten großen Veranstaltungen des Vereins: Die Kinovorstellung des Films „Die Unbeugsamen“ mit anschließender Podiumsdiskussion. (Bild: SafeSpace Neumarkt e.V.)

Noch mehr Sichtbarkeit schafft der Verein regelmäßig bei Veranstaltungen, Workshops in Schulen, oder Vorträgen. Trotz all der positiven Erlebnisse kommt es besonders bei Vorträgen manchmal auch zu weniger schönen Situationen, berichtet Johanna.

Was sie besonders nervt: Übergriffige Fragen, die nichts zu dem Thema beitragen. Denn die Frauen aus dem Verein werden oft – auch vor Publikum – gefragt, ob sie selbst Gewalt erlebt haben, weil sie sich dafür einsetzten. „Das ist einfach unglaublich übergriffig. Wir machen unser Ehrenamt alle sehr gerne und haben alle unsere eigene Motivation dafür, aber niemand muss etwas Bestimmtes erlebt haben, um sich dafür einsetzen zu dürfen. Mittlerweile antworte ich den Leuten einfach, dass man ja auch kein Pudel sein muss, um in der Pudelhilfe zu arbeiten.“

Jurastudium und Ehrenamt – Wie geht das?

Johanna studiert seit 2019 an der FAU Jura und ist gerade mitten im ersten Staatsexamen. Schwerpunkt: Kriminologie. Für Johanna ergänzen sich ihr Studium und ihr Ehrenamt: „Beratung und Jura sind keine Gegensätze, das Soziale und Strafrechtliche ist tatsächlich eng miteinander verbunden. Wenn ich die Möglichkeit bekomme, kann ich mir sehr gut vorstellen, in diesem Bereich zu promovieren. Ansonsten plane ich auf jeden Fall im Anschluss an mein Studium ein Referendariat, das zweite Staatsexamen und danach etwas, das juristisch, aber auch sozial ist. Vielleicht Strafrecht, vielleicht Sozialrecht – da gibt es ja ganz viele Möglichkeiten.“

Johanne Mederer beim Joggen
Johanna beim Training für den nächsten Halbmarathon. (Bild: Privat)

Durch das Teamwork im Verein kann Johanna Studium und Ehrenamt gut verbinden: „Wir haben eine klare Aufgabenteilung und wenn ich mal weniger Zeit habe, weil ich mich zum Beispiel auf mein Staatsexamen vorbereiten muss, dann gleichen die anderen das für mich aus. Außerdem hilft, dass ich das Jurastudium an der FAU sehr flexibel gestalten kann. “

Da bleibt sogar noch Zeit für Hobbys. Johanna trainiert gerade für ihren nächsten Halbmarathon, kümmert sich um ihr Pflegepferd Muffin, das, anders als der Name vermuten lässt, ganze 1,80 im Stockmaß misst, häkelt, schwimmt beim Unisport und wurde dort aktuell überredet, Kanu-Polo auszuprobieren.

Man merkt: Johanna ist viel unterwegs. Und so fühlt sie sich am wohlsten: „Im Grunde bin ich halbwegs gut organisiert und plane gerne jede Minute meines Tages durch. Das klingt für viele wie Stress, aber für mich ist das super. Ich ziehe ganz viel Energie aus den ganzen Sachen die ich mache.“

So ist das Schutzcafé zu erreichen

Website: https://schutzcafe-neumarkt.de/

Telefon: 0160 99844697

E-Mail: mailto:kontakt@schutzcafe-neumarkt.de

Instagram: schutzcafe_neumarkt

Facebook: Schutzcafé Neumarkt

Das Schutzcafé findet jeden ersten Dienstag im Quartal von 15:30 bis 18:30 Uhr im Café Immergrün,
Pulverturmgasse 4, 92318 Neumarkt statt. In dieser Zeit ist auch sicher jemand telefonisch erreichbar.