Pinguinzählung in der Antarktis

Eine große Kaiserpinguinkolonie in der Antarktis.
Ganz schön schwer zu zählen: Kaiserpinguine aus der antarktischen Atka-Bucht nahe der deutschen Neumayer-Station. (Foto: Céline Le Bohec)

Kaiserpinguine gelten als vom Aussterben bedroht. Um die größte aller Pinguinarten zu schützen, gilt es, die Zahl der Tiere genau im Blick zu behalten und zu untersuchen, welche Faktoren die Population beeinflussen.

Ein Forschungsteam unter Leitung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat nun eine neue, zuverlässige Methode entwickelt, die die Anzahl der Brutpaare sowie der Küken genau vorhersagen kann und damit ein Frühwarnsystem für das Fortschreiten des Klimawandels im Südlichen Ozean darstellt.

Seine Ergebnisse hat das Forschungsteam im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.

FAU-Team entwickelt zuverlässige Methode zur Überwachung von Brutpaaren und Küken per Satellit

Die Überwachung der weltweiten Population von Kaiserpinguinen ist eine große Herausforderung, denn sie bewohnen abgelegene Gebiete der Antarktis. In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben Forschende unter anderem Satellitenbilder eingesetzt, um die bedrohte Art zu verfolgen.

Obwohl wertvolle Populationsdaten gewonnen wurden, sind die bisherigen Zählungen jedoch inkonsistent und unzuverlässig, denn Satellitenbilder können nur zwischen Oktober und April aufgenommen werden, da sonst – im Polarwinter – nicht genug Tageslicht vorhanden ist, um die Tiere an ihren Brutstätten zu erfassen.

Außerdem kann die Anzahl der in einer Kolonie anwesenden Pinguine stark variieren, da die erwachsenen Tiere kommen und gehen und mit herkömmlichen Methoden nicht von Küken unterschieden werden können.

Forschende kombinieren Satellitenbilder und Wissen über Pinguinverhalten

Die neue Schätz-Methode kombiniert nun Satellitenbilder mit detailliertem Wissen über das Brutverhalten von Kaiserpinguinen. „Das bedeutet, die saisonalen Ereignisse und Bedingungen zum Zeitpunkt der Aufnahme der Satellitenbilder zu berücksichtigen“, sagt Daniel Zitterbart, einer der leitenden Autoren der Studie und Wissenschaftler an der FAU und der Woods Hole Oceanographic Institution (USA).

„Bei Kaiserpinguinen brüten zum Beispiel nur die Männchen die Eier aus. Die Weibchen sind während des Ausbrütens der Eier – circa 64 Tage – durchgehend im Meer und kommen erst nach dem Schlüpfen der Küken zurück. Außerdem spielt eine Rolle, wie die Pinguine die aktuelle Temperatur wahrnehmen – vergleichbar mit der gefühlten Temperatur beim Menschen, die unter anderem durch Wind oder Sonnenschein beeinflusst wird. Wenn die Tiere sich gegenseitig wärmen, stehen sie dichter und die Kolonie erscheint dadurch kleiner.“

„Kombinieren wir die Informationen aus den Satellitenbildern mit unserem Wissen über das Verhalten der Kaiserpinguine, können wir sehr viel genauer ableiten, wie viele Tiere in einer Kolonie leben“, sagt der Hauptautor der Studie, FAU-Doktorand Alexander Winterl.

„Unsere Schätzungen haben wir mit bestehenden Datensätzen verglichen, die über einen Zeitraum von zehn Jahren in zwei Kaiserpinguinkolonien in der Antarktis gesammelt wurden. Dabei sehen wir, dass herkömmliche Methoden Trends nur über Dekaden hinweg messen können, Schwankungen innerhalb eines Jahres oder innerhalb weniger Jahre aber nicht darstellen können.”

Nahaufnahme eines Kaiserpinguins.
Foto: Céline Le Bohec
Zwei Kaiserpinguine in der Antarktis.
Foto: Céline Le Bohec
sehr viele Pinguine von oben fotografiert
Bild: Neumayer-Station

Frühwarnsystem für die Gesundheit des Südlichen Ozeans

„Wir brauchen die genauen Populationsdaten nicht nur, um diese Art zu schützen, sondern auch um die Menschen auf die extremen Veränderungen im Südlichen Ozean und die Auswirkungen des Klimawandels aufmerksam zu machen“, betont Winterl.

„Der rasche Rückgang des Eises auf und um die Antarktis bedroht Lebensgrundlage der Tiere. Frühere Modellstudien legen nahe, dass über 90 Prozent der Kaiserpinguinkolonien bis zum Jahr 2100 ohne erhebliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen verschwinden werden.“

„Kaiserpinguine stehen an der Spitze der Nahrungskette. Sie spiegeln wider, wie die unteren Ebenen des marinen Nahrungsnetzes vom Klimawandel betroffen sind“, erläutert Co-Autor Zitterbart.

„Diese Forschung hat das Potenzial, den Kaiserpinguin von einer schwer zu untersuchenden Art zu einem Frühwarnsystem für die Gesundheit des Ökosystems im Südlichen Ozean zu machen. Mit dieser neuen Methode ist unser nächstes Ziel, jährliche Satellitenbilder zu verwenden, um genaue Populationszählungen und den Bruterfolg an allen 66 bekannten Kaiserpinguinkolonien zu erhalten.“

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DOI: 10.1038/s41467-024-48239-8

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Alexander Winterl
Lehrstuhl für Biophysik
alexander.winterl@fau.de