Supraleiter bei Raumtemperatur?
Physiker der FAU erhält knapp zwei Millionen Euro für die Erforschung von Quantenmaterialien
Quantenmaterialien ändern ihre Eigenschaften, wenn sie mit Licht interagieren. In sogenannten optischen Hohlräumen lässt sich beispielsweise ihre elektrische Leitfähigkeit gezielt manipulieren. Physiker der FAU erforschen dieses enorme Potenzial für Elektronik, Energiespeicherung und Quantencomputing. Ihre Arbeit wird nun für die kommenden vier Jahre mit knapp zwei Millionen Euro von der Gordon and Betty Moore Foundation unterstützt.
„Die Förderung verschafft uns die notwendigen Ressourcen, um die Thermodynamik komplexer Quantenmaterialien in unterschiedlichen Hohlraumgeometrien zu erforschen“, sagt Prof. Dr. Daniele Fausti, Inhaber des Lehrstuhls für Festkörperphysik an der FAU. Als optischer Hohlraum wird in der Physik ein enger Raum zwischen zwei Spiegeln bezeichnet, in dem Atome und Moleküle in eine Wechselwirkung mit Licht gezwungen werden. Durch die gezielte Veränderung der elektromagnetischen Umgebung lassen sich der Photonenaustausch und damit die Eigenschaften des Quantenmaterials präzise und kontaktlos steuern.
Erst vor wenigen Tagen hat Daniele Fausti gemeinsam mit italienischen und slowenischen Arbeitsgruppen eine vielbeachtete Studie im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht: Die Forschenden haben gezeigt, dass Tantalsulfid, ein Quantenmaterial mit metallischen Eigenschaften, so manipuliert werden kann, dass es sowohl als elektrischer Leiter als auch als Isolator fungiert. Der reversible Übergang zwischen der isolierenden und der metallischen Phase gelang, indem die Position der Spiegel, die das Material umgeben, mechanisch verändert wurde. Die Möglichkeit, die Leitfähigkeit eines Materials auf diese Weise zu modulieren, birgt ein ungeahntes Potenzial für die Präzisionssensorik und die Steuerung elektronischer Prozesse.
Im geförderten Projekt sollen diese bahnbrechenden Forschungsarbeiten intensiviert werden. „Wir wollen den Weg für ein funktionelles Design optischer Hohlräume ebnen“, erklärt Fausti. „Unser Ziel ist es, die Licht-Materie-Kopplung in komplexen Quantenfestkörpern zu verstärken und zu kontrollieren.“
Damit könnten die Forschenden eine neue Klasse von Hybridmaterialien hervorbringen, die sich durch eine unkonventionelle Thermodynamik auszeichnen. Dazu zählt beispielsweise, supraleitende Eigenschaften bei Bedingungen zu stabilisieren, die immer näher an atmosphärische Werte rücken. Bislang müssen Supraleiter, die elektrischen Strom ohne Verlust leiten, fast auf den absoluten Temperaturnullpunkt gekühlt werden – ein ebenso aufwändiger wie energieintensiver Vorgang.
„Unser Vorhaben ist ohne Frage sehr ehrgeizig“, sagt Daniele Fausti. „Umso dankbarer bin ich der Gordon and Betty Moore Foundation, dass sie uns mit ihrer großzügigen Unterstützung eine hervorragende Forschungsperspektive gibt.“
Über die Gordon and Betty Moore Foundation
Die Gordon and Betty Moore Foundation ist eine US-amerikanische Stiftung mit Sitz in Palo Alto, Kalifornien, die im Jahr 2000 von Intel-Mitbegründer Gordon E. Moore und seiner Frau Betty I. Moore gegründet wurde. Ziel der Stiftung ist es, ergebnisorientierte Projekte zu fördern, die die Lebensqualität künftiger Generationen verbessern helfen. Zu den Schwerpunktthemen zählen unter anderem Wissenschaft, Umweltschutz, Gesundheits- und Krankenpflege. 2022 hat die Stiftung 68 Projekte mit insgesamt 167 Millionen US-Dollar unterstützt.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Daniele Fausti
Lehrstuhl für Festkörperphysik
Tel.: 09131/85-28401
daniele.fausti@fau.de