Die Lichtausbeuter
Mit Quantentechnologien die Dimensionen der Datenübertragung sprengen
Wie viele Informationen passen durch ein Glasfaserkabel? Christoph und Florian Marquardt wollen die heutigen Dimensionen der Datenübertragung sprengen – mit Quantentechnologien.
Für Christoph Marquardt ist Licht nicht einfach nur hell oder dunkel – logisch, er ist Physiker. Licht ist für ihn aber auch mehr als eine Welle mit Frequenz und Amplitude: „Ich versuche, die Dimensionen des Lichts zu ergründen, indem ich es aus quantenoptischer Perspektive betrachte“, sagt der Professor für Quantentechnologien an der FAU und Arbeitsgruppenleiter am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL).
Marquardt betreibt Grundlagenforschung, allerdings mit klarem Anwendungsbezug: Er sucht nach dem Optimum für die Übertragung von Informationen. Optimum bedeutet nicht maximale Packung, sondern eine Kombination aus Datendichte, geringem Energieverbrauch und der Möglichkeit, die bestehende Infrastruktur zu nutzen. „Ein Tiefseekabel wird nicht neu verlegt, weil sich die Übertragungstechnologie geändert hat“, sagt er.
Höhere Informationsdichte durch Quantenzustände
Aktuell sind Informationen in den Lichtwellen codiert – diese Wellen können variieren, kurz oder lang sein, mit kleiner oder großer Amplitude. Und auch das ist nur der erste Schritt: Durch eine Glasfaser können gleichzeitig mehrere Wellen geleitet werden, die um ihre Achse gegeneinander verdreht sind. „Irgendwann ist jedoch eine Grenze erreicht“, erklärt Christoph Marquardt. „Moleküle werden überdehnt, es gibt Wellenmischungseffekte und störendes Rauschen durch Verstärkungsprozesse.“ Die Folge: Es bedarf immer raffinierterer und aufwendigerer Verfahren, um Übertragungsfehler zu korrigieren.
Das Ziel ist damit vorgegeben: Die Informationsdichte soll wachsen, die Zahl der Photonen aber nicht. Genau hier kommen Quantenzustände ins Spiel. „Wir forschen beispielsweise an Apparaten, die zunächst nur einen kleinen Teil des Quantenzustandes messen und sich dann selber so verändern, dass sie alle Quantenparameter optimal bestimmen können. Dadurch gewinnen wir mehr Information aus derselben Energie.“, erklärt Marquardt. Weil die Daten zuverlässig geschützt werden müssen, forscht er parallel an neuen Methoden der Kryptografie. Auch dafür nutzt er Quanteneigenschaften, zum Beispiel verschränkte Photonenpaare. Mit ihrer Hilfe lässt sich prüfen, ob Informationen manipuliert wurden oder abgeflossen sind – aus den Messergebnissen lässt sich ein geheimer Schlüssel erzeugen. „Das ist möglich, weil jeder Zugriff Änderungen an den Quantenzuständen bewirkt. Diese Änderungen können wir messen.“
Werkzeugkasten für KI
Selbstverständlich stößt auch die Quantentechnologie an Grenzen. Um zu ergründen, wo genau diese Grenzen liegen, setzt Christoph Marquardt auf die Expertise der Theoretischen Physik. In seinem Fall ist das eine Familienangelegenheit, denn nur ein paar Türen entfernt liegt das Büro seines Bruders Florian. Auch er hat Physik studiert, allerdings nicht wie Christoph in Erlangen, sondern in Bayreuth. „Für mich war es danach sehr wichtig, in Basel und in Yale internationale Erfahrungen zu sammeln“, sagt er. An die FAU kam Florian Marquardt 2010, als er auf den Lehrstuhl für Theoretische Physik berufen wurde, 2016 wurde er zudem Forschungsdirektor am MPL. Als Leiter der Theorieabteilung beschäftigt er sich mit der Dynamik von Systemen, insbesondere an der Schnittstelle von Nanophysik und Quantenoptik.
Wenn es also um die Fragen geht, wie man Licht in all seinen Dimensionen messen kann, warum Elektronen sich bei bestimmten Temperaturen merkwürdig verhalten oder wie Quantenoptik in supraleitenden Schaltkreisen funktioniert, ist Florian Marquardt der richtige Ansprechpartner. Zugleich forscht er an Methoden der künstlichen Intelligenz, etwa um die Entwicklung von Quantencomputern zu beschleunigen. „Maschinelles Lernen und neuronale Netze können uns auch bei der Optimierung der quantenoptischen Datenübertragung unterstützen“, erklärt er. „Das betrifft den gesamten Prozess – von der Codierung der Informationen über den verlustarmen Transport bis hin zur Interpretation von verrauschten Signalen.“
Diesen Prozess zu simulieren und zu belastbaren Fortschritten zu gelangen, erfordert nicht nur eine hohe Rechenleistung, sondern auch viel Geduld, weil das Programm unzählige Wiederholungen vornehmen muss. „Da kann es durchaus passieren, dass man in einem sogenannten lokalen Optimum stecken bleibt, bei dem sich die Zielwerte nicht mehr verbessern“, sagt Florian Marquardt. „Lernende Systeme sind in der Lage, Muster zu erkennen, die aus dieser Sackgasse führen.“ Als Ideal schwebt dem Physiker vor, die richtigen Instrumente wie in einem Werkzeugkasten zur Verfügung zu stellen, aus dem die KI sich bedienen und erfolgreiche Strategien entwickeln kann.
Autor: Matthias Münch
Profilzentrum Licht.Materie.Quantentechnologien (FAU LMQ)
Photonik und Elektronik bilden das Rückgrat unserer heutigen Informationstechnologien. Licht und Materie sind der Schlüssel zu vielen neuen Anwendungen und die Basis für das neue Forschungsfeld der Quantentechnologien, das sich mit der Manipulation und Kontrolle von Quantensystemen befasst. An der FAU werden grundlegende Fragestellungen erforscht, bei denen Licht-, Materie- und Quantenphänomene miteinander verschmelzen und neue Funktionalitäten hervorbringen. Diese Initiativen sind im Profilzentrum Licht.Materie.Quantentechnologien gebündelt.
Dieser Artikel ist Teil des FAU Magazins
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