Kreuzbandverletzungen auf der Spur

Fußballerin kurz vor dem Schuss aufs Tor.
Bild: Adobe Stock / Joe

Analysesystem FAME misst, ab wann ein Kreuzbandriss wahrscheinlich ist

Besonders Fußballerinnen und Fußballer trifft es immer wieder: Das Kreuzband wird verletzt und in der Folge sind – je nach Schwere der Verletzung – mehrere Wochen oder Monate Schonzeit nötig. Dabei gibt es zum Schutz des vorderen Kreuzbands spezielle Trainingsprogramme, die sich in wissenschaftlichen Studien als wirksam erwiesen haben. Dennoch werden sie nicht ausreichend eingesetzt.

Der Grund: Forschende und Trainingspersonal verstehen noch nicht, warum die Übungen eigentlich so gut funktionieren.

Mithilfe des Analysesystems FAME will nun ein Forschungsteam um Prof. Dr. Anne Koelewijn von der FAU gemeinsam mit der Universität Innsbruck dieser Frage nachgehen.

Dass das vordere Kreuzband im Sport leicht Rupturen erleiden kann, ist bekannt. Existierende Trainingseinheiten konzentrieren sich deshalb besonders darauf, dieses zu schützen und dort Verletzungen zu vermeiden. Während bereits in Untersuchungen nachvollzogen werden konnte, dass diese Übungen das Kreuzband schützen können, fehlt bisher die Erkenntnis, weshalb sie so wirksam sind.

Das soll sich durch das Forschungsprojekt „Effektivere Prävention von Kreuzbandverletzungen durch mobile Analyse und Simulation von athletischen Bewegungen auf dem Spielfeld”, kurz FAME genannt, nun ändern.

„Es gibt eine maximale Belastungsgrenze für das vordere Kreuzband“, erklärt Prof. Dr. Anne Koelewijn, die an der FAU die Forschungsarbeit für FAME anführt und hier die Professur für Computational Movement Science leitet. „Sobald diese Grenze überschritten wird, reißt das Kreuzband und eine Verletzung tritt ein. Wir wissen nicht, was genau dieser Grenzwert ist und vermutlich unterscheidet er sich von Person zu Person. Doch die Untersuchung der Trainingsprogramme wird uns zeigen, ob diese eine reduzierte Belastung herbeiführen und ob damit ein verringertes Verletzungsrisiko einhergeht.“

Mit der Antwort auf die Frage zur Wirksamkeit der Trainingsprogramme ließe sich in der Folge zudem auch besser definieren, welche Übungen für welche Sportarten am geeignetsten sind.

FAME im Fußball

Für die diesjährige Weltmeisterschaft im Frauenfußball kommt FAME leider zu spät: Etwa 25 bis 30 Spielerinnen konnten aufgrund von Knieverletzungen nicht antreten. Zwei davon gehören der deutschen Fußballmannschaft an. Für die nächste Meisterschaft aber könnten die in den kommenden drei Jahren gewonnen Erkenntnisse hilfreich sein.

Deshalb untersuchen die Teams um Prof. Anne Koelewijn und Prof. Maurice Mohr von der Universität Innsbruck, nun genauer, was es mit den besagten Trainingsmethoden auf sich hat. Mithilfe von mobilen Analysegeräten werden die Bewegungen von Athletinnen und Athleten analysiert, um das Ausmaß der Belastung im gesamten Körper, einschließlich des vorderen Kreuzbands, festzustellen.

Über acht Wochen hinweg tragen Fußballerinnen und Fußballer von österreichischen Vereinen beim Training und in Spielen je acht Sensoren an Füßen, Beinen und Rücken. Die Forschenden wollen so herausfinden, welche Auswirkung das Trainingsprogramm auf Bewegungsstrategien bei Richtungswechseln in tatsächlichen Spielsituationen hat. Eine Kontrollgruppe wird die das Kreuzband stärkenden Übungen nicht absolvieren.

Die gewonnen Daten nutzen Prof. Koelewijn und ihre Kolleginnen und Kollegen außerdem, um bei virtuellen Sportlerinnen und Sportlern Bewegungen zu simulieren und so zu prüfen, welche Trainingsinhalte unter welchen Umständen das vordere Kreuzband am besten schützen.

In einem späteren Schritt wollen sie die Anzahl der Sensoren auf drei reduzieren. Diese würden dann an den Füßen und am Rücken angebracht. Voraussetzung ist, dass die Genauigkeit der Daten erhalten bleibt.

Zukünftig weniger Kreuzbandrupturen?

Bei FAME handelt es sich um die erste Studie, die es erlaubt, die auf das vordere Kreuzband wirkenden Kräfte während echter sportlicher Aktivitäten abzuschätzen. „Durch ein besseres Verständnis der Wirkungsweise von Trainingsprogrammen zur Verhinderung von Kreuzband-Verletzungen hoffen wir, dass in Zukunft weniger Menschen davon betroffen sein werden“, erklärt Prof. Koelewijn. „Basierend auf unseren Ergebnissen möchten wir schließlich Empfehlungen geben, um zukünftige Trainingsprogramme noch effektiver zu gestalten.“

Das FAME-Projekt wird von Oktober 2023 bis einschließlich September 2026 vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF gefördert. Die Förderung in Höhe von rund 227.000 Euro kommt der Arbeit von Prof. Mohr zugute, der sich mit seinem Team auf die Auswirkung des Trainingsprogramms auf die Belastung des vorderen Kreuzbands konzentriert.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) startet im Januar 2024 mit ihrer Förderung, welche bis Ende 2026 läuft. Rund 276.300 Euro unterstützen die Forschungsgruppe um Prof. Koelewijns bei der technischen Entwicklung des Analysesystems.

Weitere Informationen

Prof. Anne Koelewijn
Professur für Computational Movement Science
anne.koelewijn@fau.de