Eiszeit in Europa?
FAU-Geowissenschaftlerin macht herausragende Entdeckung in Franken
Eine eigene Forschung durchzuführen und dabei sogar etwas Neues zu entdecken, ein fantastisches Gefühl – vor allem, wenn es bereits im Studium passiert. Anna Merkel vom GeoZentrum Nordbayern hat das selbst erlebt. Sie fand Hinweise auf eine Eiszeit in Europa in der frühen Jura-Zeit. Mit Rebecca Luber hat sie über ihre Forschung und ihr Studium an der FAU gesprochen.
Überraschende Funde in Franken
Im Zuge ihrer Masterarbeit führte Anna Merkel, die an der FAU den Master Geowissenschaften studiert hat, eine Grabung in einer Tongrube zwischen Bamberg und Forchheim durch. Sie wollte dort das Toarcian Oceanic Anoxic Event (TOAE) untersuchen, ein klimatisches Event, das eine ähnliche klimatische Entwicklung beschreibt, wie wir sie aktuell durchleben – und damit für die Forschung zum Klimawandel hochrelevant ist.
Im Zuge der Untersuchungen stieß Merkel auf Karbonatknollen, in denen sie kleine Kristalle fand. Diese Glendonite entstehen nur im Zuge einer erheblichen Temperatur-Abkühlung – genauer genommen: eine eiszeitliche Abkühlung. Diese Funde überraschten nicht nur Anna Merkel, denn: Dies widerspricht einigen Theorien, die von einem grundsätzlich warmen Klima in der frühen Jura-Zeit ausgehen, bevor es zum TOAE kam.
Wie sind die Funde also zu erklären? „Eine mögliche Ursache könnten hier kühle Wasserströmungen sein, die zu einer Wasserschichtung und somit zu einer rapiden Abkühlung am Meeresboden und zur Bildung der Glendonite geführt haben“, erklärt Anna Merkel. Ihre Entdeckung ist so bahnbrechend, dass Merkel eingeladen wird, ihre Ergebnisse auf den verschiedensten Fachkonferenzen vorzustellen. Die Ergebnisse zeigen eine neue Ausgangssituation für das TOAE. Nämlich, dass dieses Event nicht aus einer einigermaßen warmen Temperatur entstanden ist, sondern unmittelbar auf eine Eiszeit folgt. „Das macht das TOAE nochmal extremer“, sagt Merkel. Dass sie mit ihrer Masterarbeit so eine Resonanz erzielt, hätte sie im Traum nicht gedacht. „Es ist ein unglaublich tolles Gefühl, zu sehen, was die eigene Forschungsarbeit bewirken kann. Da merkt man, warum man Wissenschaft macht.“
Vom Bachelor zum Forschungsprojekt
Aber wie kommt man eigentlich so weit, um so großartige Forschungsprojekte durchführen zu können? Anna Merkel hat ihren Bachelor in Geowissenschaften in Niedersachsen gemacht und hat sich dann entschieden ihren Master hier in Erlangen zu machen. „Für die FAU habe ich mich wegen des guten internationalen Rufs entschieden – und die Entscheidung seither nicht bereut.“
Was ihr am besten an ihrem Studium gefallen hat, ist die Tatsache, dass die Studierenden die Möglichkeit haben, selbst zu forschen: „So kann man die Theorie und Praxis verbinden und das Gelernte direkt anwenden. Dabei herrscht an den Lehrstühlen und innerhalb des Studiengangs eine unterstützende Atmosphäre“, erzählt sie. Außerdem hat ihr die Geländeausbildung, die Teil des Studiums ist, sehr gut gefallen. Hier reist man auch schon früh durch die Welt, zum Beispiel nach Polen oder Schweden. Das macht nicht nur sehr viel Spaß, sondern gibt den Studentinnen und Studenten auch die Möglichkeit viele Erfahrungen zu sammeln und ihr Wissen für verschiedenen Gesteinstypen auszubauen.
Weitere Informationen zum Studium finden Sie auf der Webseite des Studiengangs Geowissenschaften.
Bis wohin reicht die Eiszeit?
In ihrer Dissertation möchte Anna Merkel nun ihre Forschung weiterführen. Sie will durch weitere Grabungen in Europa feststellen, bis wohin die Glendonite reichen, um so herauszufinden,
wie weit sich die Abkühlung ausgebreitet hatte und was die Ursache dafür sein könnte. Durch die Feststellung, an welcher Stelle keine Glendonite mehr zu finden sind, lässt sich auch feststellen, wie die Meeresströmungen damals geflossen sind.
Anna Merkel hat im Zuge eines Audiobeitrags des Bayrischen Rundfunks vom 04. August ebenfalls über ihre bahnbrechende Entdeckung gesprochen. Zu hören ist Anna Merkel ca. ab Minute 0:15.