Wie Männer und Frauen sich bei der Jobsuche unterscheiden – IAB-Kurzbericht
Bewerbungsverhalten kann die Hälfte der bereinigten Verdienstlücke erklären
Frauen verdienen im Durchschnitt weniger als Männer. Dies wird sowohl im wissenschaftlichen als auch im politischen Raum intensiv analysiert und debattiert. Dabei findet das geschlechtsspezifische Bewerbungsverhalten bisher kaum Beachtung. Detaillierte Betriebsdaten zeigen aber, dass sich Männer und Frauen selbst innerhalb eng definierter Berufe auf Stellen mit unterschiedlichen Eigenschaften bewerben und dass dies einen erheblichen Teil der Verdienstlücke erklärt.
Ein IAB-Kurzbericht von Dr. Benjamin Lochner, FAU, und Prof. Dr. Christian Merkl, FAU, zeigt, dass es große Unterschiede im Bewerbungsverhalten von Frauen und Männern gibt und dass diese Unterschiede einen großen Teil der bereinigten Verdienstlücke erklären können. Dabei scheinen vor allem arbeitgeberseitige Flexibilitätsanforderungen eine wichtige Rolle zu spielen.
Welche Maßnahmen könnten also dazu beitragen, die durch das geschlechtsspezifische Bewerbungsverhalten getriebene Verdienstlücke zu reduzieren? Erstens kann der Staat durch eine weitere Verbesserung von Kinderbetreuungsmöglichkeiten die Flexibilität von Müttern (und natürlich auch Vätern) erhöhen. Folglich können sie sich eher für entsprechende Jobs mit höheren arbeitgeberseitigen Flexibilitätsanforderungen bewerben. Somit würden sich die Verdienstmöglichkeiten von Eltern, die ihre Kinder betreuen, erhöhen. Zweitens könnten Verantwortliche in Unternehmen überdenken, welcher Anteil der Flexibilität wirklich notwendig ist (z. B. Notdienst) und welcher Anteil ohne Produktivitätseinbußen geändert werden kann (z. B. Homeoffice statt langer Büroarbeit oder Video- statt Präsenztermine). Der stärkere Einsatz von Heimarbeit könnte beispielsweise dazu beitragen, dass sich gerade Frauen mit Kindern häufiger bei Stellenprofilen engagieren, bei denen sie bisher unterrepräsentiert waren. Ebenso könnten Unternehmen bessere Lösungen für bestimmte Betreuungssituationen anbieten (z. B. für temporär kranke Kleinkinder). Drittens spielt die Aufteilung von Sorge-Arbeit innerhalb von Familien eine wichtige Rolle, die durch soziale Normen getrieben sein kann. Wäre Sorge-Arbeit zwischen Männern und Frauen gleichverteilt, sollte auch dies die Unterschiede im Bewerbungsverhalten und damit die Verdienstlücke reduzieren.
Dr. Benjamin Lochner ist Senior Researcher am IAB und Postdoktorand an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).
Prof. Dr. Christian Merkl ist Inhaber des Lehrstuhls für Makroökonomik an der FAU und Forschungsprofessor am IAB.