Innovatives Verfahren nutzt die Quantennatur von Röntgenlicht
Pionier-Experiment ebnet Weg zu neuer Abbildungsmethode für einzelne Moleküle
Einem internationalen Forschungsteam unter Beteiligung der FAU ist es erstmals gelungen, Röntgenstrahlen für ein bildgebendes Verfahren zu nutzen, das eine besondere Quanteneigenschaft des Lichts ausnutzt. Wie die Forscherinnen und Forscher im Fachjournal „Physical Review Letters“ schreiben, könnte dieses Verfahren die Abbildung nicht kristallisierter Makromoleküle ermöglichen.
Das Forschungsteam nutzte die extrem kurzen und sehr intensiven Röntgenpulse des Freie-Elektronen-Lasers European XFEL in Hamburg, um Fluoreszenzphotonen zu erzeugen, die fast gleichzeitig am Detektor ankommen – in einem Fenster von weniger als einer Femtosekunde (billiardstel Sekunde). Durch die Berechnung von Photon-Photon-Korrelationen in der Fluoreszenz der bestrahlten Kupferatomen ließ sich daraus eine Abbildung der Lichtquelle gewinnen.
Auf atomarer Ebenen werden die Strukturen von Materialien und Makromolekülen in der Regel mit Hilfe der Röntgenkristallographie bestimmt. Während diese Technik auf kohärenter Röntgenbeugung beruht, können bei der Streuung von Röntgenlicht auch inkohärente Prozesse wie Fluoreszenzemission auftreten und sogar dominieren, obwohl sie keinen nützlichen Beitrag zur Beugungsmessung leisten. Stattdessen fügen sie den Messdaten einen funktionslosen Nebel oder Hintergrund hinzu.
Bereits in den 1950er Jahren wiesen jedoch zwei britische Astronomen nach, dass es möglich ist, strukturelle Informationen aus solchem Licht von selbstleuchtenden Quellen zu gewinnen – in ihrem Fall aus dem Licht von Sternen. Die Methode von Robert Hanbury Brown und Richard Twiss, die so genannte Intensitätsinterferometrie, öffnete eine neue Tür zum Verständnis des Lichts und begründete das Gebiet der Quantenoptik.
Forscher der FAU, des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie und des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) hatten kürzlich vorgeschlagen, die Intensitätsinterferometrie auf die atomar aufgelöste Bildgebung mittels Röntgenfluoreszenz zu übertragen. Die Herausforderung bei der Ausweitung dieser Idee auf Röntgenstrahlen besteht darin, dass die Kohärenzzeit der Photonen, die das verfügbare Zeitintervall für Photon-Photon-Korrelationen bestimmt, extrem kurz ist. Sie wird durch die Strahlungsabklingzeit des angeregten Atoms bestimmt, die bei Kupferatomen etwa 0,6 Femtosekunden beträgt.
Nun hat die Gruppe zusammen mit Forscherinnen und Forschern der Universität Uppsala und des European XFEL diese Herausforderung überwunden: Sie verwendete XFEL-Pulse mit einer Dauer von Femtosekunden, um Röntgenfluoreszenzphotonen innerhalb der Kohärenzzeit auszulösen. Das Team erzeugte eine Quelle aus zwei fluoreszierenden Flecken in einer Kupferfolie und maß die Fluoreszenz auf einem acht Meter entfernten Detektor mit einer Million Pixel.
Bei jedem Beleuchtungspuls wurden nur etwa 5000 Photonen vom Detektor erfasst, und die kumulative Summe über 58 Millionen Pulse ergab lediglich eine unauffällige Gleichverteilung. Summierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler jedoch über alle Detektorbilder stattdessen die Photon-Photon-Korrelationen, ergab sich ein Streifenmuster. Dieses Streifenmuster wurde dann wie ein kohärentes Wellenfeld analysiert, um ein Bild der Fluoreszenzquelle zu rekonstruieren, das aus zwei gut voneinander getrennten Beleuchtungsflecken besteht.
Die Forschenden hoffen nun, die neuartige Methode mit der herkömmlichen Röntgenbeugung zu kombinieren, um einzelne Moleküle abzubilden. Das elementspezifische Fluoreszenzlicht kann dabei Unterstrukturen offenbaren, die für bestimmte Atome und sogar bestimmte chemische Zustände spezifisch sind. Dies könnte dazu beitragen, die Funktionsweise wichtiger Enzyme zu entschlüsseln, die beispielsweise an der Photosynthese beteiligt sind.
Originalpublikation: Imaging via Correlation of X-Ray Fluorescence Photons; Fabian Trost et. al.; „Physical Review Letters“, 2023; DOI: 10.1103/PhysRevLett.130.173201
Weitere Informationen:
Prof. Joachim von Zanthier
Professur für Experimentalphysik
Tel.: 09131/85-27603
joachim.vonzanthier@fau.de