FAU entwickelt innovative Lernhilfen für Bootsbau-Azubis in ganz Europa 

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Für die virtuelle Lernumgebung interessiert sich schon jetzt Prof. Dr. Boris Dreyer vom Department Geschichte der FAU. Er baute zusammen mit Studierenden und freiwilligen Helfer/-innen unter der Anleitung eines Bootsbauers bereits zwei spätantike römische Patrouillenboote nach und ließ im Sommer 2022 die „Danuvina alacris“ zu Wasser. Beim Nachbau des nächsten Schiffs kann der Professor für Alte Geschichte dann vielleicht schon das Wissen aus der Plattform für immersives Lernen und dem kollaborativen Portal für Schiffbauer anwenden. (Bild: FAU/Georg Pöhlein)

Digitale Werften im virtuellen Raum entdecken

Bootsbau ist einer der ältesten Berufe in Europa, doch immer weniger junge Menschen interessieren sich dafür. Damit sich das ändert, arbeiten fünf Partner aus Spanien, Italien, Belgien und Deutschland zusammen, darunter die FAU. Die Auszubildenden sollen künftig ähnlich wie in Computerspielen tief in virtuelle Welten eintauchen können und so ihr Wissen erweitern. Die Grundlage dafür schaffen die Wissenschaftler/-innen des Instituts für Lern-Innovation der FAU.

„Wir lassen Auszubildende realitätsnahe, digitale Szenarien entdecken. Durch dieses immersiv genannte Lernen machen sie ganz neue und eigene Lernerfahrungen – sie lernen spielerisch wie mit einem Computerspiel“, erklärt Evelyn Schlenk. „Damit können wir auch traditionelle Berufsbilder wie das des Schiffbauers beleben und für junge Menschen wieder attraktiv machen.“ Schlenk ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Lern-Innovation (ILI) der FAU und leitet das Arbeitspaket zur Entwicklung einer „Immersiven Lernumgebung“ im europäischen Projekt „All Hands on Deck 360°“. Ziel der europäischen Partner ist es, bis Januar 2025 die europäischen Verbindungen zwischen Schiffbauer/-innen und Auszubildenden in verschiedenen maritimen Bereichen zu verbessern.

Traditionelles Bootsbau-Wissen digital weitergeben

„Neue Tools der digitalen Wissensvermittlung machen die Weitergabe von Know-how auch in traditionellen Berufen sehr viel leichter“, ist Schlenk überzeugt. „Bootsbauer ist einer der ältesten Berufe unseres Kontinents mit einer länderübergreifenden Geschichte entlang der Küste. Aber in jedem Küstenabschnitt gibt es andere Traditionen und Techniken, die nur noch wenige Handwerker kennen und mündlich in ihrer eigenen Werkstatt weitergeben.“ Dieses kulturelle Erbe will das Projekt unbedingt bewahren und möglichst vielen Lernenden an den unterschiedlichsten Orten zugänglich machen. Denn eigentlich ist Bootsbau durchaus eine Branche mit Zukunft: „Die Nachfrage nach Holzschiffen hat in der letzten Zeit deutlich zugenommen – und auch der Bedarf an Nachwuchskräften ist in vielen europäischen Ländern bereits gestiegen“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Virtuell durch die Werft bewegen

Ihr Fachgebiet ist das digitale Lernen und diese Expertise bringt sie nun in das Projekt ein. Gemeinsam mit den europäischen Partnerinnen und Partnern – und in enger Zusammenarbeit mit Werften, Bildungseinrichtungen und Branchenverbänden – wird sie fünf virtuelle 360-Grad-Rundgänge durch Werften in verschiedenen maritimen Gebieten erstellen. „Wir werden mit einem Filmteam an die Ostsee fahren und dort Interviews mit erfahrenen Bootsbauerinnen und Bootsbauern führen, verschiedene Werkzeuge fotografieren und die Werft sowohl innen als auch außen mit der 360-Grad-Kamera filmen“, erzählt Schlenk. So soll dann Schritt für Schritt eine digitale Werft als Abbild der echten Werft entstehen, in der sich die Lernenden durch virtuelle Räume bewegen und multimediale Inhalte anklicken können. „Die Lernenden können sich Videos anschauen und sich ganz nah heranzoomen oder Sounddateien anhören, den Ton richtig laut aufdrehen und Multiple-Choice-Fragen beantworten und so ihr Wissen spielerisch testen“, erklärt die Expertin.

Lexikon des europäischen Bootsbaus

Das didaktische Konzept und die E-Learning-Plattform dafür entwickelt das Institut für Lern-Innovation der FAU. Darüber hinaus leitet das ILI die Erstellung der 360-Grad-Panoramaaufnahmen an, erstellt die virtuellen Werften aus den Aufnahmen, verlinkt alle Informationseinheiten und kümmert sich um die Evaluation der digitalen Lernwerkzeuge mit Berufsschulen und ausbildenden Werften. Doch zunächst entstehen im Projekt weitere spannende Angebote wie ein kollaboratives Portal für Schiffbauer/-innen, das es Fachleuten und Lernenden in ganz Europa ermöglichen soll, ihr Wissen zu teilen, Fragen zu stellen und Ideen auszutauschen. „Das i-Tüpfelchen wird dann unsere audiovisuelle Terminologie-Datenbank sein, die bis zu 1000 Begriffe, Beschreibungen, Bilder, Sprachnotizen und Übersetzungen in Englisch, Spanisch, Deutsch, Italienisch und Französisch enthalten wird“, freut sich Schlenk.

Für diese Datenbank und die virtuelle Lernumgebung interessiert sich schon jetzt Prof. Dr. Boris Dreyer vom Department Geschichte der FAU. Er baute zusammen mit Studierenden und freiwilligen Helfer/-innen unter der Anleitung eines Bootsbauers bereits zwei spätantike römische Patrouillenboote nach und ließ im Sommer 2022 die „Danuvina alacris“ zu Wasser. Beim Nachbau des nächsten Schiffs kann der Professor für Alte Geschichte dann vielleicht schon das Wissen aus der Plattform für immersives Lernen und dem kollaborativen Portal für Schiffbauer anwenden.

Mehr zum Projekt AHOD 360:

https://www.ili.fau.de/projekte/all-hands-on-deck-360/
https://ahod360.infoproject.eu/

Zu den Römerbooten der FAU: https://www.fau.de/die-roemerboote-der-fau/

Weitere Informationen:

Evelyn Schlenk
Institut für Lern-Innovation
Tel.: 09131/85-61100
evelyn.schlenk@ili.fau.de