Wie Solarzeppeline die Luftfahrt klimafreundlich machen
Forschungsteam ermittelt optimale Flugrouten für solarbetriebene Luftschiffe
Fliegen ist die klimaschädlichste Art sich fortzubewegen. Bisher jedenfalls. Doch vielleicht gibt es schon bald technische Alternativen zu herkömmlichen Flugzeugen. Zum Beispiel Luftschiffe mit hocheffizienten Solarzellen und extrem leichten Batterien an Bord. Welche Route so ein Solarzeppelin nehmen müsste, um möglichst schnell und klimafreundlich von London nach New York zu fliegen, hat Prof. Dr. Christoph Pflaum von der FAU zusammen mit Prof. Dr. Agnes Jocher von der Technischen Universität München (TUM) und dem FAU-Studenten Tim Riffelmacher untersucht.
Die Ergebnisse wurden im „International Journal of Sustainable Energy“ veröffentlicht.
„Wenn wir auf solarbetriebene Luftschiffe setzen, können wir die Luftfahrt ziemlich schnell und ökonomisch sinnvoll klimafreundlicher machen“, ist sich Prof. Dr. Christoph Pflaum sicher. Der Informatik-Professor an der FAU ist spezialisiert auf „Numerische Simulation mit Höchstleistungsrechnern“ und hat mit der Professorin der TUM und seinem Studenten das Paper „Design and route optimisation for an airship with onboard solar energy harvesting“ publiziert.
Klimafreundliche und kostengünstige Art der Luftfahrt
„Unsere Berechnungen zeigen, dass durch den Einsatz eines Solarzeppelins sowohl die Transportkosten als auch die CO2-Emissionen der Luftfahrt deutlich gesenkt werden können“, erklärt Prof. Pflaum. Der Wissenschaftler hat sich im Lauf seiner Forschungsarbeiten zu einem echten Fan der solarbetriebenen Luftfahrt entwickelt und zählt deren Vorteile auf: „Solarzeppeline sind absolut klimafreundlich, weil sie mit extrem leichten und hocheffizienten Dünnschichtsolarzellen bestückt sind, die sich während des Flugs immer wieder neu aufladen. Dadurch entstehen beim Fliegen keinerlei verbrennungsbedingte Emissionen.“
Nur für das Aufladen der Batterie vor dem Start des Luftschiffs brauche man noch Energie aus dem Stromnetz und emittiere dabei äußerst geringe Mengen an CO2. „Das sind ein bis maximal fünf Prozent der Menge an Kohlendioxid, die im konventionellen Luftverkehr anfällt“, sagt er und liefert konkrete Zahlen: Beim Transport von Frachten auf der Langstrecke liegt der Wert unter einem Prozent, bei einem Mittelstreckenflug bei knapp 1,4 Prozent und bei der Personenbeförderung bei knapp fünf Prozent.
„Leider gibt es diesen Solarzeppelin im Moment noch nicht, aber in Kalifornien nimmt eine Firma gerade richtig viel Geld in die Hand und entwickelt zum ersten Mal seit 90 Jahren wieder ein großes, vollstarres Luftschiff, das viel Platz bietet und gut geschützt ist bei Wind und Wetter“, erzählt Prof. Pflaum begeistert.
Die Technologie könne schnell realisiert werden, sei aber in den letzten Jahrzehnten ziemlich vernachlässigt worden. „Da spielt natürlich die Tragödie des Luftschiffs LZ 129, besser bekannt unter dem Namen ‚Hindenburg‘, eine große Rolle“, weiß der Professor. „Dieser Zeppelin war mit einer Länge von 245 Metern und einem Durchmesser von 41,2 Metern eines der größten jemals gebauten Luftfahrzeuge und eine echte Sensation bei seiner Jungfernfahrt im März 1936. Doch schon ein Jahr später fing er bei der Landung in den USA Feuer und wurde vollständig zerstört.“ Das habe lange Zeit das Aus für Luftschiffe bedeutet, doch nun denke man sie mit Solarzellen an Bord ganz neu und arbeite an einem „echten Gamechanger“.
Bei diesen neuen Modellen brauche auch niemand Angst vor einem Brand haben, da sie weder mit brennbarem Wasserstoff noch mit einem anderen Brennstoff gefüllt seien.
Für Solarzeppeline spricht aus Sicht des Forschungsteams auch das Kostenargument, denn die Energieverbrauchskosten eines solarbetriebenen Luftschiffs liegen laut ihren bisherigen Berechnungen deutlich unter denen eines konventionellen Flugzeugs.
Zwei bis drei Tagen für einen Flug über den Atlantik
Sind Solarzeppeline also eine echte technische Alternative zu konventionellen Flugzeugen? „Sehr vieles spricht dafür“, sind sich Prof. Pflaum und Prof. Jocher einig. „Nur bei der Flugzeit müssen wir Abstriche machen, denn natürlich fliegt ein Luftschiff deutlich langsamer als ein Flugzeug.“
Wie schnell ein Luftschiff mit Solarzellen an Bord wirklich wäre und welche Route es nehmen müsste, um Wind und Wetter und Sonnenstände ideal auszunutzen, haben mehrere Studierende der FAU in ihren Bachelor- und Masterarbeiten simuliert und berechnet. Zuletzt befasste sich Tim Riffelmacher in seiner Bachelorarbeit mit der „Ladeoptimierung der Batterie in einem Solarzeppelin mit Simulated Annealing“.
Auch er ist total begeistert von den solarbetriebenen Luftschiffen und schaute sich in seinen Simulationen die Batterienutzung bei Tag und Nacht genauer an. „Die Batterie wird vor dem Flug geladen und muss dann für weite Strecken reichen“, erklärt der junge Forscher. „Das ist natürlich gar nicht so leicht, denn nachts scheint keine Sonne und die Solarzellen produzieren dann keinen Strom.“ Doch eine kluge Ladeoptimierung der Batterie mache vieles möglich.
Riffelmacher und die anderen Studierenden konnten in ihren Arbeiten zeigen, dass sowohl nationale als auch kontinentale und sogar interkontinentale Flüge mit zufriedenstellender Flugdauer möglich sind. „Ein Flug über den Atlantik von New York nach London dauert laut unseren Berechnungen etwa zwei Tage und eine Nacht“, fasst Prof. Dr. Christoph Pflaum die Ergebnisse zusammen. „In der umgekehrten Richtung von London nach New York kommen wir auf eine Flugzeit von drei Tagen und zwei Nächten.“
Solche Reisezeiten seien für die meisten Frachttransporte akzeptabel und auch für die Personenbeförderung sieht er eine Chance: „Schließlich ist das Reisen in einem Luftschiff wesentlich komfortabler als in einem herkömmlichen Flugzeug. Da ist Platz für einen Speisesaal und einen Aufenthaltsraum und für schicke Zweibettzimmer für Passagiere.“
Weitere Informationen
Prof. Dr. Christoph Pflaum
Professur für Informatik (Numerische Simulation mit Höchstleistungsrechnern)
christoph.pflaum@fau.de