Physiker der FAU messen und steuern Elektronenfreisetzung aus Metallen im Attosekundenbereich

Roter und blauer Laserpuls.
Ein starker Laserpuls (im Foto rot) wird mit einem Puls der doppelten Lichtfrequenz (blau) überlagert. Beide Pulse werden über einen Parabolspiegel (links) auf eine Metall-Nadelspitze fokussiert. Die emittierten Elektronen (nicht sichtbar) werden entsprechend ihrer Energie detektiert. Eine Wiederholung dieser Messung mit unterschiedlichem, zeitlichem Versatz der Felder erlaubt es, auf das Emissionszeitfenster zurückzuschließen. (Bild: FAU/Tobias Boolakee, Philip Dienstbier)

Kontrolliert getunnelt

Durch Überlagerung zweier Laserfelder unterschiedlicher Stärke und Frequenz lässt sich die Elektronenemission von Metallen auf wenige Attosekunden genau messen und steuern. Das haben Physiker der FAU, der Universität Rostock und der Universität Konstanz gezeigt.

Die Erkenntnisse könnten zu neuen quantenmechanischen Einblicken führen und elektronische Schaltungen ermöglichen, die eine Million Mal schneller sind als heutige.

Ihre Studie haben die Forscher im renommierten Wissenschaftsjournal Nature veröffentlicht.

Licht ist in der Lage, Elektronen aus Metalloberflächen herauszulösen. Diese Beobachtung wurde bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Alexandre Edmond Becquerel gemacht und später in verschiedenen Experimenten bestätigt, unter anderem von Heinrich Hertz und Wilhelm Hallwachs.

Da sich der photoelektrische Effekt nicht mit der Lichtwellentheorie in Einklang bringen ließ, kam Albert Einstein zu dem Schluss, dass Licht nicht nur aus Wellen, sondern auch aus Teilchen bestehen müsse. Er legte damit den Grundstein für die Quantenmechanik.

Grafik eines blauen und roten Laserpulses
Starke Laserpulse (in der Grafik rot) werden mit Pulsen der doppelten Lichtfrequenz (blau) überlagert. Beide Pulse werden auf eine Metall-Nadelspitze fokussiert und emittieren Elektronen (Kügelchen). Das Zeitfenster, in dem die meisten Elektronen emittiert wurden (hohe Kugeldichte) konnte nun zum ersten Mal präzise bestimmt werden. Dazu wird die Anzahl an Elektronen und deren Energie bei unterschiedlichem, zeitlichem Versatz der Laserfelder gemessen, was den notwendigen Rückschluss auf dieses Emissionszeitfenster erlaubt. (Grafik: Ella Marou/FAU, Philip Dienstbier)

Starkes Laserlicht lässt Elektronen tunneln

Mit der Entwicklung der Lasertechnologie hat die Erforschung des Photoeffekts einen neuen Schub bekommen. „Wir können heute extrem starke und ultrakurze Laserpulse in den verschiedensten Spektralfarben erzeugen“, erklärt Prof. Dr. Peter Hommelhoff, Inhaber des Lehrstuhls für Laserphysik am Department Physik der FAU. „Das weckt den Wunsch, die Dauer und Intensität der Elektronenfreisetzung von Metallen genauer zu erfassen und zu steuern.“

Eine präzise Bestimmung der laserinduzierten Elektronendynamik gelang bisher nur in Gasen – mit einer Genauigkeit von wenigen Attosekunden. An Festkörpern wurden Quantendynamik und Emissionszeitfenster bislang nicht gemessen.

Genau das ist den Forschern der FAU, der Universität Rostock und der Universität Konstanz nun erstmals gelungen.

Sie nutzten dafür eine besondere Strategie: Statt nur eines starken Laserpulses, der die Elektronen aus einer hauchdünnen Wolframspitze herauslöst, verwendeten sie zusätzlich einen zweiten schwächeren Laser mit doppelter Frequenz.

„Dazu muss man grundsätzlich wissen, dass bei sehr starkem Laserlicht nicht mehr die einzelnen Photonen für das Freisetzen der Elektronen verantwortlich sind, sondern das elektrische Feld des Lasers“, erklärt Dr. Philip Dienstbier, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Peter Hommelhoff und Erstautor der Studie. „Die Elektronen tunneln dann durch die Metallgrenzfläche ins Vakuum.“

Durch die gezielte Überlagerung der beiden Lichtwellen können die Physiker die Form und Stärke des Laserfeldes kontrollieren – und damit auch die Emission der Elektronen.

Schaltungen eine Million Mal schneller

Im Experiment konnten die Forscher die Dauer des Elektronenflusses auf 30 Attosekunden – dreißig Milliardstel einer Milliardstel Sekunde – genau bestimmen. Diese ultrapräzise Eingrenzung des Emissionszeitfensters könnte Grundlagen- und anwendungsbezogene Forschung gleichermaßen voranbringen.

„Die Phasenverschiebung der beiden Lichtquellen erlaubt uns tiefere Einsichten in den Tunnelprozess und die anschließende Bewegung des Elektrons im Laserfeld“, sagt Philip Dienstbier. „Das ermöglicht neue quantenmechanische Erkenntnisse sowohl über die Emission aus dem Festkörper als auch über die eingesetzten Lichtfelder.“

Wichtigstes Anwendungsgebiet ist die lichtfeldgetriebene Elektronik: Mit der vorgeschlagenen Zweifarben-Methode kann das Laserlicht so moduliert werden, dass eine exakt definierte Abfolge von Elektronenpulsen und damit von elektrischen Signalen erzeugt werden könnte. Dienstbier: „In absehbarer Zeit wird es möglich sein, die Komponenten unseres Versuchsaufbaus – Lichtquellen, Metallspitze, Elektronendetektor – in einen Mikrochip zu integrieren.“

Denkbar sind dann komplexe Schaltungen mit Bandbreiten bis in den Petahertz-Bereich hinein – das wäre fast eine Million Mal schneller als die derzeitige Elektronik.

Weitere Informationen

Dr. Philip Dienstbier
Lehrstuhl für Laserphysik
Tel.: 09131/85-28874
philip.dienstbier@fau.de

Prof. Dr. Peter Hommelhoff
Lehrstuhl für Laserphysik
Tel.: 09131/85-27090
peter.hommelhoff@physik.uni-erlangen.de