Mit Team-Arbeit zum ERC Starting Grant
Europäischer Forschungsrat fördert den Ethiker Matthias Braun mit 1,5 Millionen Euro
Die FAU hat sich einmal mehr als exzellenter Ort für Spitzenleistungen erwiesen. Der Ethiker und Theologe Prof. Dr. Matthias Braun hat einen begehrten Starting Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) eingeworben. Damit ist eine Förderung in Höhe von 1,5 Millionen Euro für die nächsten fünf Jahre verbunden.
„Das war Teamarbeit“, sagt Matthias Braun. „In den unterschiedlichen Phasen der Antragsstellung haben mich mein Team, das EU-Büro der Universitätsverwaltung, die Universitätsleitung selbst und viele weitere Menschen immer wieder angespornt, unterstützt und kritisches Feedback gegeben“, erzählt er im Gespräch.
Für einen solchen erfolgreichen Antrag braucht es exzellente wissenschaftliche Leistungen, wie herausragende Publikations- und drittmittelstarke Forschungsleistungen und innovative Lehrkonzepte. „Aber mit diesen Leistungen gehen beim ERC sehr viele Topleute an den Start“, erklärt der Ethiker. Genauso wichtig ist eine starke Unterstützung vor Ort. Zum Beispiel durch eine Universitätsleitung, die neue Strukturen wie eine Nachwuchsforschungsgruppe auch in den Geisteswissenschaften ermöglicht. „Das war ein sehr wichtiger Schritt“, meint Braun, „denn dadurch war eigenständiges Forschen und Lehren und der Aufbau einer eigenen Gruppe mit internationaler Sichtbarkeit möglich.“
Die Unterstützung beginnt dabei an der FAU bereits vor der Antragstellung beispielsweise mit Workshops, Beratungen und Coachings. „ERC Grants im Bereich Theologie und Ethik kommen nicht so häufig vor“, erzählt Matthias Braun weiter. „Da zögert man schon mal, sich überhaupt zu bewerben. Aber an der FAU und auch in der Fakultät gab es Leute, die mich ermutigt und gesagt haben‚ ‚probier´s, wir gehen das Wagnis ein und unterstützen dichʼ. Da war der FAU-Spirit sehr konkret erlebbar!“
Zu einem solchen Bewerbungsprozess gehört aber auch der Umgang mit Niederlagen. Trotz aller Anstrengung hat es bei der ersten Bewerbung 2021 nicht geklappt – die Absage kam unmittelbar vor Weihnachten 2021. „Das tat erst mal sehr weh und war nicht einfach zu akzeptieren“, erzählt der Ethiker. Bis Mitte Januar 2022 musste der Antrag wieder eingereicht werden. „Das war ein anstrengendes Weihnachten – für alle Beteiligten. Aber auch dabei haben gerade im Team der Nachwuchsforschungsgruppe alle mitgezogen und während der Weihnachtsschließung unterstützt.“ Und die Mühe hat sich gelohnt: Am Ende wurde die Anstrengung mit einem ERC Starting Grant belohnt.
Matthias Braun leitete bis September 2022 die Nachwuchsforschungsgruppe „Ethik und Governance neuer Technologien“ an der FAU. Zum 1. Oktober 2022 hat er die Leitung des Lehrstuhls für (Sozial-)Ethik an der Universität Bonn übernommen, wo er seinen Forschungen fortsetzt. Der FAU ist er nach wie vor in verschiedenen Projekten verbunden, wie beispielsweise dem SFB 1483 EmpkinS.
Das ERC-Projekt: Ethische Fragen zu Digitalen Zwillingen
Mit dem ERC Grant untersuchen der Wissenschaftler und sein Team zukünftig im Projekt SIMTWIN die ethischen und gesellschaftlichen Auswirkungen Digitaler Zwillinge im Gesundheitsbereich. „Zu den aufkommenden Technologien gehören sogenannte Digitale Zwillinge“, beschreibt der Ethiker. Bei einem solchen Digitalen Zwilling handelt es sich um Simulationen von bestimmten Körperfunktionen beziehungsweise von Organen, die mittels Methoden Künstlicher Intelligenz erstellt wurden. Diese können in Echtzeit Vorhersagen zu Gesundheitsrisiken und Krankheitsverläufen erstellen und individuelle Feedbacks und Warnungen geben. Der Digitale Zwilling könnte auch für Tests herhalten, ob oder welche Behandlungsmethoden bei einer bestimmten Person erfolgversprechend sind. Ebenso könnten Operationen trainiert und getestet werden.
Die Entwicklung der sogenannten Präzisionsmedizin bringt außergewöhnliche normative, gesellschaftliche und politische Gestaltungsaufgaben wie Herausforderungen mit sich, die bislang nur ansatzweise erforscht werden. Den ERC Grant will Braun darum nutzen, um die gesellschaftlichen Auswirkungen der Digitalisierung im Gesundheitsbereich auf den Menschen genauer zu untersuchen. „Neben den aufregenden neuen Möglichkeiten in diesem Bereich der personalisierten Präzisionsmedizin stehen wir grundlegenden Herausforderungen gegenüber“, so Braun. Diese Herausforderungen werden bisher meist isoliert voneinander betrachtet und es gibt bislang keine integrative Theorie, die sich systematisch mit ihnen befasst.
Das ERC-Projekt ändert dies und nimmt vier Herausforderungen in den Blick:
- Wie verändert sich unser Verständnis von Krankheit und Gesundheit, wenn man von einem Digitalen Zwilling begleitet wird?
- Wem sollten die digitalen Körper gehören und wer sollte welche Art von Kontrolle über sie haben?
- Wie wird das Selbstbild beeinflusst, wenn eine Person beginnt, mit ihrem digitalen Körper zu interagieren?
- Braucht es für unterschiedliche Digitale Zwillinge auch unterschiedliche Rahmenbedingungen und wer hat das Recht auf den Zugang zu personalisierten Prädiktionen?
Ausgehend von der Erfahrung der Verletzlichkeit des menschlichen Lebens hat das Projekt SIMTWIN zum Ziel, Rahmenbedingungen abzustecken, welche die Menschenrechte respektieren. Es sollen verantwortliche Konzepte von Zustimmung und Kontrollierbarkeit in Bezug auf Digitale Zwillinge im Gesundheitsbereich entwickelt werden.
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