Licht und Schatten der Immunzellen im Gehirn
Neue Erkenntnisse zur Funktion von Mikrogliazellen bei maligner Form der Parkinson-Erkrankung
Mikroglia sind die Immunzellen des Gehirns. Dort nehmen sie wichtige Funktionen wie die Abwehr von Erregern oder die Beseitigung von geschädigten Zellen wahr. Zugleich können sie dem Gehirn jedoch auch schaden. Genauere Erkenntnisse zu diesen Zellen hat ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Uniklinikums Erlangen der FAU nun bei einer schnell fortschreitenden, atypischen Parkinson-Erkrankung, der Multisystematrophie (MSA), nachgewiesen.
Bei der MSA handelt es sich um eine Gehirnerkrankung, die einen schnellen Verlauf hat und etwa innerhalb von zehn Jahren zum Tod führt. Ein Aufhalten oder eine Heilung ist derzeit nicht möglich. Symptome sind neben typischen Parkinson-Symptomen wie verlangsamte Bewegungen auch Schluck- und Sprechstörungen, niedriger Blutdruck oder Blasenschwäche. Es handelt sich um eine seltene Erkrankung bei der von etwa 100 Patient/-innen, die an Parkinson erkranken, rund zwei davon betroffen sind.
Bei Erkrankungen wie Parkinson-Syndromen, der Alzheimer-Krankheit oder Multipler Sklerose wurde gezeigt, dass Immunzellen des Gehirns, die Mikrogliazellen, eingreifen und übermäßig aktiviert werden können, was zu einer Schädigung von anderen umliegenden Zellen und Gewebe führen kann. Daher versuchen Therapieansätze die Anzahl der Mikrogliazellen zu verringern, um diese schädlichen Effekte zu reduzieren.
Ein internationales Team von Neurowissenschaftler/-innen aus der Molekularen Neurologie des Uniklinikums Erlangen unter Leitung von Dr. Alana Hoffmann zusammen mit der University of California San Diego und den National Institutes of Health (beide USA) hat nun gezeigt, dass eine geringere Zahl von Mikrogliazellen bei der MSA positive sowie negative Folgen hat.
In einem MSA-Mausmodell gelang es ihnen, die Zahl der Mikrogliazellen zu verringern, indem sie einen spezifischen Rezeptor dieser Zellen blockierten. Daraufhin lebten die Tiere länger und der Beginn der neurologischen Symptome verzögerte sich. Die Wissenschaftler/-innen fanden jedoch auch heraus, dass motorische Fähigkeiten wie Gleichgewicht und Koordination stärker beeinträchtigt waren, da trotz der Verminderung von Mikrogliazellen neuronale Veränderungen in für die Motorik wichtigen Gehirnregionen nachgewiesen werden konnte.
Mit dieser Studie konnten die Forscher/-innen überzeugend zeigen, dass Mikrogliazellen nicht eindeutig gut oder schlecht im Zusammenhang der MSA sind. Daher bedarf es weiterer Untersuchungen, um die zweischneidige Funktion dieser Zellen zu klären, mit dem Ziel langfristig neuartige Therapien für MSA-Patient/-innen zu entwickeln.
Weitere Informationen:
https://doi.org/10.1523/JNEUROSCI.0417-22.2022
Dr. Alana Hoffmann und Prof. Dr. Jürgen Winkler
Molekulare Neurologie des Uniklinikums Erlangen
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