Spurensuche auf keltischen Statuen: Fürst vom Glauberg
FAU-Forschende untersuchen mit Hilfe digitaler Technologien Fertigungsspuren auf 2400 Jahre alten Statuen
Ein Meter achtzig hoch, eine Rüstung nach griechischem Vorbild, ein keltischer Schild in der Hand und auf dem Kopf ein Helm mit Schmuck, den manche unbedacht als Mickey-Maus-Ohren bezeichnen würden: Als der Fürst vom Glauberg vor 26 Jahren ausgegraben wurde, galt die Skulptur als Sensation. Erstmalig wurden damals prächtig ausgestatte frühe keltische Gräber in einer großen Grabanlage in Hessen gefunden. Teil der Ausstattung war auch die Statue aus Sandstein, die einen Krieger oder eine höhergestellte Person zeigt. Ein Forschungsteam der FAU und der tschechischen Jan-Evangelista-Purkyně-Universität in Ústí nad Labem haben diese und Fragmente zweier weiterer Statuen nach Bearbeitungsspuren untersucht. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden nun in der Zeitschrift Plos One unter dem Titel „Sculpting the Glauberg ‚prince‘. A traceological research of the Celtic sculpture and related fragments from the Glauberg (Hesse, Germany)“ veröffentlicht.
Skulptur Fürst vom Glauberg und Fragmente zweier weiterer Statuen nach Bearbeitungsspuren untersucht
Um herauszufinden, mit welchen Werkzeugen die damaligen Bildhauer arbeiteten, aus welchem Material deren Werkzeuge bestanden und ob die bei der Herstellung verwendeten Arbeitstechniken Rückschlüsse auf die Herkunft des handwerklichen Könnens zum Beispiel aus Nord- und Mittelitalien zulassen, wandten Prof. Dr. Doris Mischka, Lehrstuhl für jüngere Urgeschichte mit dem Schwerpunkt Neolithikum und Ältere Metallzeiten, und ihre Kolleginnen und Kollegen mehrere spezielle Verfahren an. Hierbei untersuchten sie die Arbeitsspuren, die bei der Herstellung der Skulpturen etwa 400 Jahre vor Christus auf der Sandsteinoberfläche zurückblieben. Im ersten Schritt, der Mechanoskopie, sahen sich die Forschenden die mechanischen Spuren an, die die Werkzeuge hinterließen. „Wir verwendeten hierfür die sogenannte Structure from Motion-Methode“, erklärt Prof. Mischka. Mit Hilfe von hochauflösenden, sich überlappenden Fotos haben die Forschenden ein detailliertes 3D-Modell der Statue und der beiden Fragmente erstellt. „Mit solchen hypsometrischen 3D-Modellen lassen sich präzise die Spuren longitudinal, also der Länge nach, sowie auch transversal, also im Querschnitt untersuchen. Die Form des verwendeten Werkzeugs zeigt sich dabei im Querschnitt, während die Laufrichtung des Werkzeugs und die Dynamik im Einsatz sich im Längsverlauf zeigen.“ Im zweiten Schritt untersuchte das Forschungsteam mittels Röntgenfluoreszenz-Messungen (XRF) die Werkzeugspuren im Stein auf Abrieb beziehungsweise kleinste Splitter, die sich bei der Verwendung des Werkzeugs gelöst hatten und im Stein zurückgeblieben waren. Dadurch konnten die Forschenden auf Form und Material der verwendeten Werkzeuge rückschließen und näher eingrenzen, in welcher Phase der Erschaffung der Statue sie eingesetzt wurden.
Drei Phasen
„Es gab wohl drei Phasen bei Erschaffung der Skulpturen, in denen unterschiedliche Werkzeuge zum Einsatz kamen“, erklärt Doris Mischka. „In der ersten Phase ein Pickel, mit dem Grob die Form herausgeschlagen wurde. Für die zweite Phase, in der die Form der Skulptur verfeinert wurde, lässt sich das verwendete Werkzeug nicht mehr klar bestimmen, vielleicht verwendete der Bildhauer eine Dechsel, welche normalerweise bei der Holzbearbeitung Verwendung findet.“ In der dritten Phase setzten diese dann unterschiedlich breite und schmale Meisel ein. Die XRF-Analyse zeigt, dass der oder die Bildhauer Werkzeuge aus einer Kupferlegierung, also beispielsweise Bronze, oder Eisen eingesetzt hatten.
„Ob die keltischen Bildhauer ihre Techniken selbst entwickelten oder dieses Wissen von jenseits der Alpen gekommen war, konnten wir mit dieser Untersuchung nicht beantworten“, erklärt Prof. Mischka. „Dafür müssen wir erst vom Bildhauer entwickelten Methoden definieren, mit denen er den Stein bearbeitete. Vor allem ist es notwendig, nicht nur die Arbeitsspuren bestimmter Werkzeuge zu identifizieren, sondern sich auch auf die einzelnen Phasen und Verfahren zu konzentrieren, in der der Skulptur ihre Form gegeben wurde.“
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Doris Mischka
Lehrstuhl für Jüngere Urgeschichte mit Schwerpunkt Neolithikum und Ältere Metallzeiten
Tel.: 09131 – 85-22408
doris.mischka@fau.de