Die Konzentration von 57 Tumormedikamenten im Blut auf einmal messen
FAU-Forschende entwickeln neue Messmethode zur gleichzeitigen Konzentrationsbestimmung von 57 oralen Antitumorwirkstoffen
In den letzten zwei Jahrzehnten gewann der Einsatz von oralen Tumormedikamenten an Popularität. Die Behandlung von Krebserkrankungen verbesserte sich dadurch erheblich. Für die Forschung und Versorgung der Patientinnen und Patienten ist es oft von Interesse, die Konzentration dieser Wirkstoffe im Blut zu bestimmen. Forschenden der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) ist es nun gelungen, eine einzige Messmethode für die Bestimmung von 57 Tumormedikamente zu entwickeln. Das Projekt wurde von der Wilhelm Sander-Stiftung mit insgesamt rund 115.000 Euro über zwei Jahre gefördert und im Fachjournal „Cancers“ veröffentlicht.
Etwa 25 Prozent aller Todesfälle in Deutschland lassen sich auf Krebserkrankungen zurückführen. Therapiefortschritte haben in den letzten Jahrzehnten sowohl die Dauer des Überlebens, als auch die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten stark verbessert. Speziell die orale Tumortherapie gewinnt seit mehr als 20 Jahren zunehmend an Bedeutung. Trotz erheblicher Vorteile die durch den Einsatz oraler Tumortherapien für Patientinnen und Patienten sowie das Behandlungsteam entstehen, kann diese Art der Therapie auch schwere Nebenwirkungen verursachen. In manchen Fällen spricht die Krebserkrankung auch nicht auf die Therapie an. Die Ursache kann in der Dosierung liegen: Orale Tumortherapeutika werden zulassungsbedingt größtenteils in Standarddosierungen verabreicht. Individuelle Patientencharakteristika werden so nur unzureichend berücksichtigt. Auch durch Einnahmegewohnheiten und das Zusammenspiel mit anderen Medikamenten werden Wirkstoffe unterschiedlich aufgenommen und vom Stoffwechsel verarbeitet. So variiert – trotz gleicher Dosierung – die Wirkstoffkonzentration im Blut von Patientinnen und Patienten deutlich. Dies kann den Erfolg der Therapie beeinflussen.
Zumeist ist nicht bekannt, wo das optimale Dosisfenster liegt, um für möglichst viele Patientinnen und Patienten eine Wirkstoffkonzentration im Blut zu erreichen, die die optimale Balance aus Nutzen und Nebenwirkungen bietet. Um diese Wissenslücke der optimalen Blutkonzentration zu schließen, fehlten bisher Methoden, mit der die Vielfalt der Wirkstoffe in Blutproben gemessen und quantifiziert werden konnte. Zudem war der Einsatz vieler verschiedener Methoden und ein erheblicher apparativer Aufwand notwendig um unterschiedliche Wirkstoffe zu erfassen.
Ein Forschungsteam der FAU hat nun eine Methode entwickelt, mit der gleichzeitig 57 häufig eingesetzte orale Tumorwirkstoffe mit nur einem einzigen apparativen Aufbau zuverlässig im Blut quantifiziert werden können. Dies deckt die Bandbreite der zugelassenen Wirkstoffe um ein Vielfaches besser ab als bisherige Methoden. Zusätzlich kann sie leicht um neu zugelassene Wirkstoffe erweitert werden.
Die gleichzeitige Untersuchung von 57 Wirkstoffen kann in Zukunft neue Studien, die die Verbesserung des Therapieerfolgs und individuelle Konzentrationslevel von oral eigenommenen Antitumortherapeutika untersuchen, wesentlich erleichtern. Dadurch können nicht nur mehr Patientinnen und Patienten, sondern auch mehr unterschiedliche Krebserkrankungen berücksichtigt werden. Somit leistet die Methode einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit der Arzneimitteltherapie für Krebspatienten.
Über die Wilhelm Sander-Stiftung
Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere von Projekten im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden insgesamt über 270 Millionen Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz ausbezahlt. Damit ist die Wilhelm Sander-Stiftung eine der bedeutendsten privaten Forschungsstiftungen im deutschen Raum. Sie ging aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Weitere Informationen
Prof. Dr. Martin M. Fromm
Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie
Tel.: 09131/85-22772
martin.fromm@fau.de