Mein Beruf sollte auch politisch zu mir passen
Wir präsentieren in einer Folge von 22 Beiträgen ein Panorama an FAU-Wissenschaftlerinnen verschiedener Qualifikationsstufen und akademischer Positionen, von der Studentin bis zur W3-Professorin. Als Role Models motivieren die Forscherinnen aus dem MINT-Bereich durch ihre individuellen Werdegänge Nachwuchswissenschaftlerinnen für eine akademische Laufbahn, denn sie geben interessante Einblicke in ihren beruflichen Werdegang. Dabei lernen wir die MINT-Expertinnen auch von ihrer privaten Seite kennen.
Bachelorstudentin Frederike Jäschke: Mein Beruf sollte auch politisch zu mir passen“
Bevor Frederike Jäschke zum Studieren nach Erlangen kam, kannte sie die Stadt gar nicht. 1999 in Dorsten am Rande des Ruhrgebiets geboren, machte sie nach dem Abitur ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Sozialeinrichtung in Indien. Danach wollte sie nicht in ihre alte Heimat zurück, sondern einen anderen Teil Deutschlands kennenlernen. Dass es Erlangen geworden ist, war eher ein Zufall. Nicht jedoch ihre Fächerwahl. 2018 begann sie an der FAU Chemie- und Bioingenieurwesen zu studieren. Nach zwei Semestern wechselte sie zum Fach Chemie – und ist glücklich mit ihrer Entscheidung. Jetzt, am Ende des Bachelorstudiengangs, steht ein Erasmus-Semester in Spanien an.
Chemie … wegen der Klick-Momente im Kopf!
„Ich würde von mir selbst sagen, ein Mensch mit sehr breit gefächerten Interessen zu sein. Ich mag den Umgang mit Menschen und beschäftige mich gerne mit politischen und gesellschaftlichen Themen, interessiere mich aber auch für naturwissenschaftliche Fragestellungen. Was ich am Chemiestudium mag, sind die Klick-Momente im Kopf. Damit meine ich das Gefühl, das sich nach längerem Nachdenken über Zusammenhänge einstellt, die ich bislang nicht verstanden hatte. Auf diese Weise zu lernen gefällt mir besser, als bloß Wissen anzuhäufen.“
Schon im Bachelorstudiengang: Jobs an der FAU
„Ich hatte jetzt über zwei Jahre einen Job an der Uniklinik, bei dem ich für eine Studie Befragungen mit Schlaganfallpatienten/Schlaganfallpatientinnen durchführte. Parallel dazu war ich schon mehrmals als Tutorin tätig, ich leitete Übungsgruppen und betreute auch einmal ein Praktikum in der Physikalischen Chemie. Es erfüllt mich, erlerntes Wissen weiterzugeben und zu vermitteln. Und sogar ein Praktikum in Computer-Chemie habe ich schon gemacht.“
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Alle Infos, einen Interessenstest und einen ausführlichen Überblick über unser Studienangebot finden Sie auf dem Studienportal MeinStudium der FAU.
Praktisch Arbeiten bei guter Betreuung
„Am Chemie-Studium mag ich vor allem den großen praktischen Anteil. Synthesen, die in der Vorlesung mal theoretisch besprochen wurden, selbst im Labor durchzuführen, hilft mir dabei, den Stoff zu verstehen. Außerdem finde ich das Chemie-Studium sehr vielfältig: Neben den Fächern, in denen es darum geht, Moleküle zu synthetisieren, gibt es auch Fächer mit physikalischen und mathematischen Schwerpunkten. Die gute Betreuung an der FAU und auch die Vielfalt der Praktika in meinem Studiengang sind Pluspunkte. Gerade bei den Praktika, in denen oft auch mit gefährlichen Stoffen umgegangen wird, ist es gut zu wissen, dass bei Fragen immer jemand mit Erfahrung ansprechbar ist.“
Meine Netzwerke an der FAU
„Meine Kommilitonen und Kommilitoninnen sind für mich natürlich das hilfreichste Netzwerk vor Ort. Ohne meine Lerngruppe würde für mich das Studium nicht besonders rund laufen. Wichtig ist auch die Arbeit, die die Fachschaftsinitiative meines Studiengangs macht, die nicht nur Altklausuren sammelt und Kittel an Erstsemestler/-innen verkauft, sondern sich vor allem auch für bessere Lehre einsetzt.“
Nicht automatisch ein Nerd
„Zwar macht das Studium einen großen Teil meines Lebens aus, aber ich finde auch noch genügend Zeit, um anderen Interessen nachzugehen. Nur weil man sich für einen Studiengang am Erlanger Südgelände entscheidet, wird man nicht zum Nerd. Ich engagiere mich politisch und gestalte unsere politische Bildungsarbeit mit.“
Chemie – die richtige Entscheidung
„Ein MINT-Fach kann ja zum Glück, anders als zum Beispiel Medizin, erstmal fast jede/-r studieren, der/die Abitur hat. Einen Numerus Clausus gibt es bei den meisten Fächern nicht. Viele in meinem Umfeld hätten mich aber eher in einem sozialen Beruf gesehen. Meine Studienentscheidung ständig vor anderen zu rechtfertigen und durch die vielen Gespräche sich ja auch selbst immer wieder hinterfragen zu müssen, war anstrengend. Dass ich dann aber in die Förderung einer Stiftung aufgenommen wurde, nachdem ich ein Gremium von mir als Person und meinem Studienvorhaben überzeugen konnte, hat mir das Gefühl gegeben, mich mit dem Fach Chemie richtig entschieden zu haben.“
MINT? Einfach ausprobieren!
„Ich rate Schülerinnen, MINT doch einfach mal auszuprobieren! Dein bester Freund hinterfragt seine Entscheidung, Maschinenbau zu studieren, bestimmt nicht so sehr wie du deine Entscheidung für ein MINT-Fach – und der hat sich bisher auch noch nicht tiefergehend mit technischen Fragestellungen beschäftigt. Lass dich nicht davon einschüchtern, wenn dir andere erzählen, wie schwer ein Physik- oder ein Ingenieurstudium ist, oder wie anstrengend die Praktika an der Uni sind. Jede Klausur ist machbar und die Praktika sind häufig super interessant.“
Mehr Frauen – das wäre schön
„Natürlich fände ich es schön, wenn Vorlesungen auch mal von Frauen gehalten würden. Im ganzen Bachelor-Studium habe ich nur eine einzige Vorlesung bei einer Professorin gehört. Außerdem müssen Lehrende stärker eine Lernatmosphäre schaffen, in der sich auch Studentinnen trauen, an wissenschaftlichen Diskussionen teilzunehmen. Gerade im Online-Semester haben sich in vielen meiner Seminare fast ausschließlich Männer aktiv am Unterricht beteiligt.“
Mein Berufswunsch:
„Ich möchte später einmal im Team arbeiten, Verantwortung tragen, und das am liebsten in Projekten mit Anwendungsbezug. Konkretere Pläne habe ich nicht für mein Berufsleben und ich kenne kaum Leute in meinem Bachelorstudium, bei denen die Antwort konkreter ausfallen würde. Zu Beginn des Studiums ist es noch etwas unbefriedigend, nicht zu wissen, was das Ziel ist. Aber mittlerweile habe ich mich damit arrangiert. Ich studiere erst einmal und werde sehen, was danach kommt. Bis ich ins Berufsleben einsteigen werde, dauert es ja noch ein paar Jahre, denn nach dem Master, den ich auf jeden Fall noch machen will, werde ich hoffentlich, wie fast alle Chemie-Studierende, promovieren. Ich würde mir wünschen, dass mein Beruf später im Einklang mit dem steht, was mir politisch wichtig ist. Das Unternehmen, für das ich später einmal arbeite, sollte die Frage nach Nachhaltigkeit genauso hoch priorisieren wie die Frage nach Profit.“
Dieser Artikel ist Teil der Broschüre „The Sky is the Limit“
Facettenreich, inspirierend und innovativ werden in der Broschüre „The Sky is the Limit“ MINT-Wissenschaftlerinnen aus der Technischen und Naturwissenschaftlichen Fakultät der FAU in abwechslungsreichen Interviews vorgestellt.
Weitere veröffentlichte Interviews können Sie online auf der Seite Research nachlesen.
Broschüre „The Sky is the Limit — MINT-Wissenschaftlerinnen an der FAU“ zum Download
Die Publikation entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen dem GRK 2423 FRASCAL und dem Büro für Gender und Diversity. Die Interviews führte Dr. Susanne Stemmler.