Heute erkläre ich meinem Vater die Technik
Wir präsentieren in einer Folge von 22 Beiträgen ein Panorama an FAU-Wissenschaftlerinnen verschiedener Qualifikationsstufen und akademischer Positionen, von der Studentin bis zur W3-Professorin. Als Role Models motivieren die Forscherinnen aus dem MINT-Bereich durch ihre individuellen Werdegänge Nachwuchswissenschaftlerinnen für eine akademische Laufbahn, denn sie geben interessante Einblicke in ihren beruflichen Werdegang. Dabei lernen wir die MINT-Expertinnen auch von ihrer privaten Seite kennen.
Doktorandin Stefanie Klostermeier: „Heute erkläre ich meinem Vater die Technik“
Von Erlangen nach Harvard und zurück: Doktorandin Stefanie Klostermeier absolvierte einen Bachelor und Master of Science im Bereich Materials Science und Engineering an der FAU. Als ausgebildete Werkstoffingenieurin schrieb sie ihre Masterarbeit an der Harvard Medical School. Jetzt promoviert sie am Erlanger Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin auf dem Gebiet der Neural Mechanics. Dort ist sie auch am Aufbau einer internationalen Zusammenarbeit mit der Harvard Medical School und der ETH Zürich beteiligt.
Über das Mountainbike zu MINT
Als Mountainbike-Sportlerin wurde schon früh mein technisches Interesse geweckt und ich lernte schnell, mein Fahrrad selbst zu reparieren. Ich verstehe gerne Zusammenhänge, um herauszufinden wie etwas funktioniert. Das mündliche Mathematik-Abitur schloss ich mit der Note eins ab und brachte mir das Programmieren am PC selbst bei.“
Meine Forschung, meine Erfindung
„Mein Ziel ist es, Erkrankungen, wie beispielsweise Alzheimer, besser zu verstehen und dabei gleichzeitig die Anzahl an Tierversuchen zu reduzieren. Für die erfolgreiche Entwicklung neuer Medikamente muss zuerst der Erkrankungsprozess verstanden werden. Anschließend wird das Medikament in unterschiedlichen klinischen Phasen getestet, normalerweise an Mensch und Tier. Ich habe ein 3-D-Gel entwickelt, in dem humane Stammzellen wachsen können. Ein dreidimensionales Zellwachstum in der Petrischale kann den Zellverband in Organen besser imitieren, was wichtige Schlüsse für die Medikamentenentwicklung bedeuten kann. Ich freue mich sehr, dass ich mit Unterstützung der FAU und meinen Mentor/-innen inzwischen ein solches Hydrogel zur Erforschung von Krankheiten kreieren und patentieren konnte.“
Wissenschaft an der FAU: Für mich ein Feld unbegrenzter Möglichkeiten
„An der wissenschaftlichen Arbeit begeistert mich, dass es unbegrenzte Möglichkeiten gibt, für Probleme kreative Lösungen zu finden, die hoffentlich später Menschen helfen und heilen können. Dabei in einem diversen und internationalen Team zu arbeiten, macht mir großen Spaß. Meine Masterarbeit habe ich mit Hilfe eines universitätsinternen Reisestipendiums im Rahmen der Zielvereinbarungen zur Erhöhung des Frauenanteils in der Wissenschaft sowie dem Hans-Weisser-Stipendium von der Stiftung der Deutschen Wirtschaft an der Harvard Medical School in Boston/USA zum Thema Alzheimer Erkrankung schreiben können. Besonders bereichernd fand ich dabei, von so vielen sehr begabten und gleichzeitig bodenständigen Menschen mit unterschiedlichen fachlichen Hintergründen lernen zu dürfen.“
So arbeite ich:
„Ich verbringe viel Zeit im Labor, spreche mich mit den Kolleginnen und Kollegen ab, bereite Versuche am Arbeitsplatz vor. Dabei benutze ich beispielsweise Pipetten und Mikroskope oder reinige Zellen auf. Die Ergebnisse meiner Experimente werte ich dann nach Rücksprache mit meinem Doktorvater aus. Da ich im Rahmen eines internationalen Projekts arbeite, kommuniziere ich auch häufig mit unseren Kooperationspartnern in den USA und der Schweiz.“
Neben der Uni ein Start-up gegründet
„Als ehemalige Mountainbike-Profisportlerin nehme ich zwar nicht mehr aktiv an internationalen Rennen teil, aber ich fahre privat noch sehr viel Mountainbike. Außerdem habe ich mit meinem Co-Founder ein Start-up gegründet. Wir helfen unserer Kundschaft dabei, auf unserer Vergleichsplattform das auf die individuelle Körperproportion passende Fahrrad zu finden, noch dazu zum besten Preis-Leistungsverhältnis. Bewegung, Natur und Gemeinschaft liegen mir sehr am Herzen.“
Frauen lösen technische Probleme anders
Trotz einiger Rückschläge und einer schweren Erkrankung im engen Familienkreis, lernte ich, nie aufzugeben. Und trotz einiger Warnungen aus dem Umfeld – wie ‚willst du dir dieses Studium wirklich antun?’ – an die eigenen Visionen zu glauben und sie zu verfolgen. Anfangs war ich skeptisch, ob ein technischer Studiengang das Richtige für mich ist: zum Glück, ja! In einem von Männern dominierten Fach zu studieren, ist sicherlich eine Umstellung, da Männer technische Probleme anders lösen. Es ist aber natürlich auch gleichzeitig eine großartige Chance, neue Perspektiven kennenzulernen. Und heute kann ich meinem Vater den einen oder anderen technischen Zusammenhang erklären!“
Seid mutig und glaubt an eure Fähigkeiten!
„Es wird immer Menschen im Umfeld geben, die eure Pläne und Projekte für unrealistisch halten. Allerdings sind es oft die eigenen Grenzen dieser Bedenkenträger, die nichts mit euren Fähigkeiten und Möglichkeiten zu tun haben. Und falls etwas nicht auf direktem Weg klappt, darf man sich nicht gleich entmutigen lassen oder aufgeben. Meist lohnt es sich, dran zu bleiben. Es ist ein wichtiger Teil der Persönlichkeitsentwicklung, auch mit Niederlagen umzugehen. Im MINT-Studium rate ich unbedingt zu einem Auslandsaufenthalt für mindestens sechs Monate. Was die Finanzierung betrifft, sollte man sich ein Jahr zuvor um ein Stipendium bewerben.“
Meine beruflichen Pläne:
„Zunächst möchte ich meine Doktorarbeit erfolgreich abschließen. Falls meine Publikationen gut veröffentlicht werden können, würde ich mich über eine geeignete Postdoc-Stelle sehr freuen.“
Dieser Artikel ist Teil der Broschüre „The Sky is the Limit“
Facettenreich, inspirierend und innovativ werden in der Broschüre „The Sky is the Limit“ MINT-Wissenschaftlerinnen aus der Technischen und Naturwissenschaftlichen Fakultät der FAU in abwechslungsreichen Interviews vorgestellt.
Weitere veröffentlichte Interviews können Sie online auf der Seite Research nachlesen.
Broschüre „The Sky is the Limit — MINT-Wissenschaftlerinnen an der FAU“ zum Download
Die Publikation entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen dem GRK 2423 FRASCAL und dem Büro für Gender und Diversity. Die Interviews führte Dr. Susanne Stemmler.