Riemen und Steuerruder
Antrieb und Steuerung der FAU-Römerboote im Test
Die besterhaltenen römischen Boote fanden Archäologen im Mittelmeerraum? Nein, sondern hier in Deutschland, in den ehemaligen römischen Provinzen Germania Superior sowie Raetia, an Rhein und Donau. Während die F.A.N. nach einem Vorbild aus Oberstimm an der Donau gebaut wurde, ist die Danuvina Alacris (D.V.C.) nach Vorbildern aus Wrackfunden am Rhein bei Mainz gebaut worden. So gut erhalten diese Vorbilder auch sind, nichts was sich jenseits des Bootsrandes, also des Dollbordes, befunden hat, ist erhalten geblieben. „Riemen und Steuerruder mussten also ergänzt werden. Für die Riemen der D.V.C. standen zeitgenössische römische und germanische Funde aus Valkenburg am Niederrhein und Nydam in Dänemark Pate“, erklärt Prof. Dr. Boris Dreyer, Projektleiter und Althistoriker an der FAU. „Das half uns bei der Form. Die Länge der Riemen bleibt aber dennoch im Unklaren.“
Handarbeit für Leistungstests
Die Leistungsfähigkeit eines Bootes, das von römischen Soldaten zum jeweiligen Einsatzort gerudert wurde, kann aber nur über möglichst korrekt rekonstruierte Riemen ermittelt werden. Die Handbücher der traditionellen Schifffahrt des 18. und 19. Jahrhunderts können hier helfen und Hinweise geben. Ergänzt werden diese durch Simulationen, die kooperierende Institute auf ihren Computer laufen ließen.
„Als Baumaterial für die Ruder war Fichte das Holz der Wahl“, berichtet Prof. Dreyer. Die 5 Meter langen Kanthölzer wurden dann von Dreyer und seinen Helfer/innen in zwei Versionen von 4,10 Meter und 4,70 Meter zurecht gesägt und gehobelt. Dabei wiederholten sich die Arbeitsschritte ständig: Anzeichnen, vorschneiden, dann erneut anzeichnen, damit aus dem Vierkant zunächst eine achtkantige Ruderschaft wird. Dann die eckigen Riemen rundhobeln und glattschleifen, am Ende ein Überzug mit Schutzlack. „Seit Ende 2020 sind so über 80 Riemen zusammengekommen“, sagt Prof. Boris Dreyer.
Wie tief müssen Ruder reichen?
Lenken lassen sich Boote vom Ausmaß der FAU-Römerboote so aber nicht. Antike Schiffe hatten immer zwei Steuerruder im Heckbereich. Einen Eindruck davon, wie diese aussahen, geben uns Bilder auf Münzen, Reliefs und Malereien. „Wie groß sie sein müssen, sagen uns die antiken, nicht maßstabsgetreuen Abbildungen aber nicht“, erklärt Dreyer. „Auch über die Art der Anbringung und wie tief diese Steuerruder ins Wasser reichen, um noch hinreichend zu lenken, aber in seichten Gewässern nicht zu behindern, müssen wir rätseln.“ Die Lösung auch hier: Ausprobieren und die Ratschläge der traditionellen Schifffahrt beherzigen. Computersimulationen können ebenfalls helfen, die Effektivität der Steuerruder zu verbessern. Die Bootsbauer stellten die Heckruder aus Eiche deshalb ebenfalls in zwei Versionen für jedes der beiden Boote her: Zum einen Steuerruder, die 50 Zentimeter unter die Wasseroberfläche reichen, also etwa so tief, wie auch das Boot Tiefgang hat. Zum anderen die zweite Version reicht 1,2 Meter unter die Wasseroberfläche. „Tests, auch unter Segel, müssen dann zeigen, welche der Steueralternativen für seine Einsatzzwecke besser taugt“, erklärt Prof. Dreyer.
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Boris Dreyer
Professur für Alte Geschichte
Tel: 09131/85-25768
boris.dreyer@fau.de