Fingernagelgroßer Sensor überwacht Atemfunktion

Grafik Lunge
Forschende der FAU arbeiten an einem Gerät, das die Atemfunktion von Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Asthma oder Bronchitis überwachen soll. (Bild: Colourbox.de)

FAU-Forschungsgruppe entwickelt Wearable mit Künstlicher Intelligenz – 225.000 Euro Fördermittel vom Freistaat Bayern

Forschende der FAU entwickeln in den kommenden drei Jahren ein tragbares Gerät, das die Atemfunktion von Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Asthma oder Bronchitis überwachen soll. Bei der automatischen Klassifizierung und Auswertung der Daten werden Methoden der Künstlichen Intelligenz zum Einsatz kommen. Das gemeinsam mit Forschenden der McGill University Québec (Kanada) durchgeführte Projekt wird vom Freistaat Bayern mit 225.000 Euro gefördert.

Asthma und chronische Bronchitis sind die häufigsten chronischen Atemwegserkrankungen weltweit. In westlichen Industrieländern sind bis zu zehn Prozent der Bevölkerung betroffen – mit massiven Auswirkungen auf Gesundheitssysteme und Wirtschaft. Die Symptomatik ist nicht gleichbleibend, sie kann sich aufgrund vielfältiger Faktoren, etwa durch Rauchen, rapide verschlechtern. Symptomanfälle können lebensbedrohlich sein und benötigen die sofortige medizinische Aufmerksamkeit.

Forschende der FAU und der McGill University Québec wollen ein tragbares Gerät, ein sogenanntes Wearable, entwickeln, das die Atemwegsfunktion automatisch überwacht und eine veränderte Symptomatik zuverlässig erkennt. „Das Wearable besteht grundsätzlich aus einem Sensor, einem Chip und einer Antenne“, erklärt Prof. Dr. Andreas Kist, Professor für Artificial Intelligence in Communication Disorders an der FAU. „Es wird temporär an den Hals des Patienten geklebt, misst dort die Oberflächenbewegung der Haut und soll charakteristische Symptome wie Husten, Niesen, Keuchen, Kurzatmigkeit und verschlechterte Stimmlage identifizieren.“ Der Sensor selbst ist kleiner als ein Fingernagel.

KI wird an der FAU entwickelt

Während die Entwicklung der Hardware und der klinische Test in Québec stattfinden, wird die Gruppe um Andreas Kist sich vorwiegend mit der Verarbeitung der Daten beschäftigen und dafür Methoden der Künstlichen Intelligenz einsetzen. „Zunächst müssen wir audio-akustische in mechano-akustische Daten umwandeln, um die KI auf reale Signale vorzubereiten“, sagt Kist. „Dafür nutzen wir einerseits bestehende Datenbanken, die es beispielsweise für Husten gibt, und werden darüber hinaus eine eigene Datenbank aus öffentlich zugänglichen Audio-Aufnahmen aufbauen.“ Die Optimierung tiefer neuronaler Netze mit diesen vielfältigen Daten soll das Gerät in die Lage versetzen, typische Atemwegssymptome selbstständig und zuverlässig zu klassifizieren.

Per Funk soll das Wearable mit einer mobilen App kommunizieren, die die gewonnenen Daten auswertet. Andreas Kist: „Vereinfacht ausgedrückt erkennt das Wearable, ob der Patient hustet. Die App analysiert, wie oft er in den letzten Stunden gehustet hat, ob das eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes bedeutet und ob möglicherweise eine akute Gefährdung vorliegt.“ Bei diesem Monitoring kommen ebenfalls KI-Algorithmen zum Einsatz, um Informationen verschiedenen Ursprungs zu integrieren – beispielsweise auch individuelle Daten wie das Alter, das Erkrankungsstadium und die aktuelle Medikation des Patienten. Das Gerät soll vorrangig als Notfallsystem fungieren, mittelfristig sollen durch die lückenlose Überwachung aber auch die Hospitalisierungsrate gesenkt, die Zahl der Arztbesuche reduziert und damit Kosten im Gesundheitssystem eingespart werden.

Über 200.000 Euro Förderung

Das Projekt „AIrway, an AI-powered wearable device for airway health monitoring“ wird im Rahmen des Programms „Künstliche Intelligenz in der Gesundheitsforschung“ vom Freistaat Bayern für die kommenden drei Jahre mit 225.000 Euro gefördert. Das Programm ist vom bayerischen Wissenschaftsministerium gemeinsam mit der Stiftung für Forschungsförderung „Fonds de recherche du Québec“ (FRQ) im August 2021 ins Leben gerufen worden. Das AIrway-Projekt wurde als eines von drei geförderten Vorhaben aus insgesamt 20 Anträgen ausgewählt – das zeigt einmal mehr die besondere Expertise der FAU als Innovationsstandort und Knotenpunkt für Künstliche Intelligenz in der Medizin. Die Professur von Andreas Kist wurde am Department Artificial Intelligence in Biomedical Engineering (AIBE) eingerichtet. Das AIBE ist Ende 2019 im Rahmen Hightech Agenda Bayern entstanden und arbeitet interdisziplinär und fachübergreifend an der Schnittstelle zwischen Medizin und Ingenieurwissenschaften.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Andreas Kist
Professur für Artificial Intelligence in Communication Disorders
Tel.: 09131/85-33815
andreas.kist@fau.de