Die Wissenschaftsfreiheit nimmt ab

Grafik zeigt den Stand der Wissenschaftsfreiheit auf einer Landkarte.
Stand der Wissenschaftsfreiheit 2021 (0-1, niedrig zu hoch) (Bild: FAU; V-Dem Institute)

Forschende der FAU und der Universität Göteborg veröffentlichen Index der Wissenschaftsfreiheit 2022

Wissenschaftsfreiheit ist ein universelles Menschenrecht. Es leben jedoch beinahe zwei von fünf Menschen weltweit in Ländern, in denen die Wissenschaftsfreiheit in den vergangenen zehn Jahren zunehmend eingeschränkt wurde, darunter Brasilien, Indien, Kamerun, Russland, Thailand oder die USA. Zu diesem Ergebnis kommt der jährlich aktualisierte Academic Freedom Index (AFI). Herausgegeben wird der Index von Forschenden der FAU und des V-Dem-Instituts der Universität Göteborg. Die VolkswagenStiftung ermöglicht die Erstellung und wissenschaftliche Auswertung der Index-Daten seit 2021; sie fördert das Index-Projekt für insgesamt fünf Jahre.

Zwei von fünf Menschen weltweit betroffen

Grafik: Länder und Territorien mit substantiellen Veränderungen im Index der Wissenschaftsfreiheit
Länder und Territorien mit substantiellen Veränderungen im Index der Wissenschaftsfreiheit. Länder mit Namen sind diejenigen Länder statistisch relevante und substantiellen Veränderungen (>0.1) zwischen 2011 und 2021. (Bild: FAU; V-Dem Institute)

Das diesjährige AFI 2022 Update zeigt, dass in neunzehn Ländern und Territorien die Wissenschaftsfreiheit im Vergleich zu 2011 substantiell abgenommen hat, nur in zweien stellte die Forschungsgruppe Verbesserungen fest. Dort, wo die Wissenschaftsfreiheit rückläufig ist, leben 37 Prozent der Weltbevölkerung – die Rückschritte betreffen somit beinahe zwei aus fünf Menschen weltweit.

In Brasilien, Hongkong, Indien und der Türkei wurden die stärksten Verschlechterungen zwischen 2011 und 2021 beobachtet. Die Rückschritte betreffen jedoch nicht nur Länder, in denen es um die Wissenschaftsfreiheit schon länger nicht allzu gut bestellt war: Auch in Ländern mit einem generell hohen Niveau der Wissenschaftsfreiheit gerät sie an einigen Orten unter Druck, etwa in Mexiko, Polen, den USA oder im Vereinigten Königreich. An deutschen wissenschaftlichen Einrichtungen genießt die Freiheit der Wissenschaft weiterhin einen hohen Stellenwert: Deutschland hat in der diesjährigen Untersuchung den besten AFI-Wert erhalten.

Der Generalsekretär der VolkswagenStiftung Dr. Georg Schütte: „Wissenschaftsfreiheit ist ein hohes Gut, dem sich die Stiftung explizit verpflichtet. Sie ist eine Grundbedingung guter Wissenschaft. Wir fördern den Index, da er einen wichtigen Beitrag leistet, damit weltweit mehr Wissen über Wissenschaftsfreiheit und ihre Wirkungsmechanismen zur Verfügung steht.“

Datenerhebung und die fünf Indikatoren des AFI

Der AFI liefert Daten zur Wissenschaftsfreiheit weltweit für den Zeitraum 1900 bis 2021. Die systematische Erhebung stützt sich auf Einschätzungen von mehr als 2.050 Länderexpertinnen und –experten aus der ganzen Welt. Dies sind in der Regel Akademikerinnen und Akademiker, die in der Regel in dem Land leben, das sie kodieren. Die einzelnen Bewertungen werden mithilfe eines statistischen Modells aggregiert, das vom V-Dem Projekt an der Universität Göteborg für einen größeren Demokratiedatensatz entwickelt wurde. Der AFI selbst setzt sich aus fünf Indikatoren zusammen. Jeder Indikator erfasst dabei eine andere Dimension der Wissenschaftsfreiheit: Freiheit der Forschung und Lehre, sowie Freiheit des akademischen Austauschs und der Wissenschaftskommunikation, die institutionelle Autonomie, die Campus-Integrität sowie die akademische und kulturelle Ausdrucksfreiheit.

Grafik zeigt globale und regionale Mittelwerte des Index für Wissenschaftsfreiheit.
Index der Wissenschaftsfreiheit, globale und regionale Mittelwerte, 1960-2021. (Bild: FAU; V-Dem Institute)

Visualisierung und freie Nutzung

Die detaillierten Daten, aus denen sich der AFI 1900-2021 zusammensetzt, sind online verfügbar und können auch mit Hilfe von Online-Visualisierungstools abgerufen werden. Der Index kann von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für weitere Studien genutzt werden, aber auch von Universitätsleitungen, Forschungsförderern und politischen Entscheidungsträgerinnen und -trägern zu Rate gezogen werden.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Katrin Kinzelbach
Professur für Internationale Politik der Menschenrechte
Tel.: 09131/85-23481
katrin.kinzelbach@fau.de