Die schöne, gute Wahrheit

Portraitgalerie in der Gipsgußsammlung mit römischen Kaisern und griechischen Philosophen (Bild: Georg Pöhlein)
Portraitgalerie in der Gipsgussssammlung mit römischen Kaisern und griechischen Philosophen (Bild: Georg Pöhlein)

FAU veranstaltet den Kongress der Deutschen Gesellschaft für Philosophie

„Das Wahre, Gute und Schöne“ steht im Mittelpunkt des XXV. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Philosophie (DGPhil). Prof. Dr. Gerhard Ernst, Inhaber des Lehrstuhls für Philosophie an der FAU, ist Präsident der DGPhil und veranstaltet gemeinsam mit dem gesamten Institut für Philosophie der FAU den digitalen Kongress vom 5. bis zum 9. September. Im Interview erklärt Professor Ernst, warum jeder Mensch auf der Suche nach dem Wahren, Guten und Schönen ist.

Beim Kongress geht es um „Das Wahre, Gute und Schöne“. Was bedeuten diese Begriffe für einen Philosophen?

Prof. Ernst: Das sind die zentralen Themen der Philosophie überhaupt. Eine knappe Antwort darauf, was für einen Philosophen das Wahre, Gute und Schöne ist, kann ich deshalb gar nicht geben. Aber diese Begriffe sind jedenfalls für jeden Menschen relevant, egal ob er sich mit Philosophie beschäftigt oder nicht. Jeder sucht oder hat eine Vorstellung davon, was wahr, gut und schön ist. Und wenn man sich systematisch mit seinen eigenen Vorstellungen dazu auseinandersetzt, landet man schon bei der Philosophie. Deshalb sind die Vorträge bei unserem Kongress auch nicht nur für Philosophinnen und Philosophen interessant.

Warum sind diese drei Begriffe so relevant für den Menschen?

Prof. Ernst: Das kann man ganz gut mit einem Hinweis auf eine antike Vorstellung erklären: Der Mensch ist laut Aristoteles ein rationales Lebewesen. Rational kann er in seinem Denken, Fühlen und Handeln sein. Und dann ist die Frage, wonach streben wir in unserem Denken, Fühlen und Handeln? Denkt man rational, sucht man die Wahrheit. Fühlen möchte man möglichst angenehm, also im weitesten Sinne Schönes empfinden. Und mit unserem Handeln wollen wir, abstrakt gesagt, Gutes für uns oder andere tun. Der Mensch beschäftigt sich deshalb seiner Natur nach mit dem Wahren, Schönen und Guten.

Wenn es so viele Vorstellungen vom Wahren, Guten und Schönen gibt, bedeutet das auch, dass es kein allgemeingültiges Konzept gibt?

Porträt von Prof. Dr. Gerhard Ernst
Prof. Dr. Gerhard Ernst (Foto: Michael Ruppert)

Prof. Ernst: Die Frage der Relativität diskutieren wir auch auf dem Kongress. Darauf könnte ich keine Antwort geben, bei der mir alle Philosophinnen und Philosophen zustimmen würden. Nehmen wir zum Beispiel das Schöne: Das Sprichwort „Über Geschmack lässt sich nicht streiten“, spiegelt hier die eine Position wieder. Jeder hat danach eine eigene Vorstellung davon, was schön ist. Eine objektive Wahrheit gibt es also nicht, jeder hat in gewisser Weise seine eigene Wahrheit. Andererseits ist das wiederum eine sehr merkwürdige Formulierung: Wenn jeder seine eigene Wahrheit hat, ist es dann überhaupt noch Wahrheit? Kann Wahrheit überhaupt relativ sein? Solche Fragen werden bei dem Kongress diskutiert. Im Kontext der Beurteilung des Schönen gibt es jedenfalls auch Positionen, die behaupten, dass es objektive Kriterien dafür gibt, was schön ist. Also lässt sich sehr wohl über Geschmack streiten, was wir ja auch häufig tun.

Sind das Wahre, Gute und Schöne im besten Fall ein und dasselbe?

Prof. Ernst: Ich würde behaupten, nicht grundsätzlich: Handlungen können gut oder schlecht sein, aber nicht wahr oder falsch. Aber es gibt viele Überschneidungen: Gibt es eine Wahrheit darüber, was gut oder schlecht ist? Sollten wissenschaftliche Theorien wahr oder auch schön sein? Zeigt schöne Kunst nur moralisch Gutes? Wie verhalten wir uns zu unschönen Wahrheiten? Wir haben über 50 internationale und nationale Philosophinnen und Philosophen zu unserem Kongress eingeladen, um genau diese Überschneidungen zu diskutieren – und in weiteren circa 250 Vorträgen wird die gesamte Philosophie in ihrer systematischen Breite und historischen Tiefe behandelt.

Ist es wichtig, als Gesellschaft ein gemeinsames Verständnis vom Wahren, Guten und Schönen zu haben?

Prof. Ernst: Es gibt viele unterschiedliche Interpretationen dieser Begriffe. Bei manchen Themen ist das heikler als bei anderen. Gerade beim Thema Schönheit akzeptieren die meisten, dass es unterschiedliche Geschmäcker gibt. Ein anderes Beispiel wäre die Berufswahl. Auch hier ist für jeden etwas anderes gut, und das wird akzeptiert. Aber bei der Moral, also wenn es darum geht, was wir tun sollen beziehungsweise dürfen, werden die Diskussionen heißer und oft auch politisch relevant – zum Beispiel, wenn es um die Frage geht, ob Menschenrechte objektive Gültigkeit beanspruchen können. Beim Kongress sprechen wir beispielsweise auch über Fake News und stellen die Frage, welches öffentliche Verständnis von Wahrheit angemessen ist. Eine gemeinsame Vorstellung von grundlegenden Rechten und von Wahrheit ist für den Zusammenhalt einer Gesellschaft schon sehr grundlegend.

Als Philosoph haben Sie viel über das Wahre, Gute und Schöne nachgedacht und diskutiert. Was bedeutet für Sie persönlich ein gutes Leben?

Prof. Ernst: Ich würde sagen, ein gutes Leben besteht aus diesen drei Komponenten: Schöne Empfindungen, Gutes tun und Erkenntnis gewinnen. Ich als Uni-Professor habe mich entschieden, dass Wissenschaft und damit die Suche nach und Weitergabe von Erkenntnis für mich einen sehr großen Teil des guten Lebens ausmachen. Andere möchten lieber durch ihr praktisches Handeln für sich und andere etwas Gutes tun. Da setzt jeder Mensch meiner Ansicht nach zu Recht seinen eigenen Schwerpunkt.

XXV. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Philosophie
„Das Wahre, Gute und Schöne“

5. bis 9. September

Der Kongress findet online statt. Eine Teilnahme ist mit einer kostenlosen Anmeldung möglich.

Weitere Informationen zur Anmeldung und zum ausführlichen Programm


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