„Ein Ausweis guter Forschungskultur“
Interview mit Prof. Dr. Georg Schett
Seit April 2021 ist Prof. Dr. Georg Schett, Lehrstuhl für Innere Medizin III und Direktor der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie, der neue Vizepräsident Research an der FAU. Ein Gespräch über E-Mailfluten und gelungene Forschungsanträge.
Nun sind Sie einige Monate als Vizepräsident Research im Amt. Vor welchen Herausforderungen stehen Sie, an die Sie im Vorfeld vielleicht nicht gedacht haben?
Der hohe Zeitaufwand, den die vielen Sitzungen der Universitätsleitung mit sich bringen. Das ist eine gewisse Herausforderung im Zeitmanagement. Die weitaus interessanteste Herausforderung ist aber für mich, die Forscher der FAU kennenzulernen. Während ich die medizinische Forschung gut kenne, freut es mich jetzt besonders die Forschungstätigkeiten und Forschenden der anderen Fakultäten besser kennenzulernen. Deshalb spreche ich mit allen Forschenden, die große Forschungsbereiche wie die Sonderforschungsbereiche, Graduiertenschulen und Forschungsgruppen an der FAU leiten. Dazu gehören natürlich auch die exzellenten Einzelforscherinnen und -forscher, die mit ERC oder Alexander von Humboldt-Ehrungen ausgezeichnet wurden. Diese Arbeit ist sehr spannend, denn man kann sehen, wie stark die FAU als forschende Institution ist und wie viel Talent, Kompetenz und Leidenschaft hier zugegen ist. Aufgeschlossenheit gegenüber den anderen Forschungsrichtungen und Interesse an deren Arbeit ist für mich als Vizepräsident am wichtigsten.
Trotz ihrer zeitlich dichten Forschertätigkeit, über 800 Peer-Review-Artikel und 660 Konferenzen im Laufe ihrer Karriere, der Leitung einer Klinik sowie eines Lehrstuhls, haben Sie sich zum Vizepräsidenten wählen lassen. Wie schaffen Sie das?
Ich denke, ein gutes Zeitmanagement ist wichtig, aber auch Prioritäten zu setzen und gleichzeitig auf Qualität und Entscheidungskompetenz von Mitarbeiterinnen und Kollegen zu vertrauen. Jede Nachricht auf Punkt und Komma zu lesen, ohne Prioritäten zu setzen, führt rasch zur Überlastung. Deshalb muss man versuchen, wirklich Wichtiges herauszufiltern und zu verfolgen. Außerdem ist ein gutes Arbeitsklima entscheidend, denn Streit frisst nur viel Zeit. Mir war und ist es immer wichtig, ein Team aus Menschen zu haben, die selbstständig arbeiten können und dürfen. Eigenverantwortlichkeit ist für mich extrem wichtig.
Sie haben auch eine große Zahl von Drittmittel-Projekten auf nationaler und EU-Ebene eingeworben, wie zum Beispiel den SFB 1181 oder einen ERC Synergy Grant. Wie möchten Sie diese Expertise in die Forschungsinfrastruktur der FAU einbringen?
Das beginnt schon durch meine Gespräche mit den einzelnen Sprecherinnen und Sprechern der SFBs und Forschungsgruppen. In diesen Gesprächen ist auch immer die Verwaltung mit dabei. So entsteht eine Gemeinschaft, in der Forschende sich von der Hochschulleitung und der Administration unterstützt fühlen. Ich denke, dass ein Vizepräsident Research auch selbst forscht, ist nicht unerheblich. Damit kennt man auch die Herausforderungen, die auf einen zukommen, wenn man wissenschaftlich arbeitet. Wissenschaft bedeutet auch immer mit großer Begeisterung zu arbeiten, auch die ein oder andere Niederlage auszuhalten und trotzdem weiter zu machen. Dies kennt und versteht man einfach besser, wenn man es auch selbst durchlebt hat. Ich denke, was unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler letztlich wollen, ist Unterstützung und die Wertschätzung ihrer Arbeit. Ich versuche unsere Forschenden in den Antragsverfahren zur unterstützen und Feedback zu geben. Forschung lebt immer von Ideen, die auf Fachwissen gründen. Bei einem Forschungsantrag ist aber heute nicht nur die Idee essenziell, sondern auch der Transport dieser nach außen. Diese zwei Punkte müssen immer zusammenspielen und deshalb bieten wir auch die größtmögliche Unterstützung den Forscherinnen und Forschern an der FAU an.
Wie möchten Sie Forschung über Fakultätsgrenzen hinweg an der FAU noch weiter ausbauen?
Ich glaube, dass die interfakultäre Forschung an der FAU sich in den letzten Jahren sehr gut entwickelt hat. Es gibt zahlreiche Beispiele, an denen wir erkennen können, wie sehr die FAU davon profitiert, eine breite Kompetenz vor Ort zu haben. Wichtig ist, dass die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die „Sprache“ des anderen verstehen, um gemeinsam Projekte durchführen zu können. Meine Aufgabe als Vizepräsident Research sehe ich auch darin, Leute zusammenzubringen, um interdisziplinäre Forschung zu stimulieren. Dadurch entstehen manchmal ganz neue Forschungsfelder – oft an Schnittstellen, wo sich unterschiedliche Fächer treffen. Wenn so etwas möglich wird, ist dies immer ein Ausweis für eine gute Forschungskultur, die weitere Talente an die FAU lockt.
Von Boris Mijat
Die Themen der neuen Ausgabe sind: ein Interview mit dem Präsidenten der FAU, Prof. Dr. Joachim Hornegger, und dem Markendesigner Claus Koch über die neue Zukunftsstrategie der FAU, eine Untersuchung über den Einfluss von Patenten auf Marktentwicklungen, die Studiengänge „Advanced Materials and Processes“ und „Clean Energy Processes“, ein Spaziergang durch unseren Aromagarten, der heuer sein 40. Jubiläum hat, und ein Interview mit dem Siemens-CEO Dr. Roland Busch.