Digitale Unterstützung beim Wiedereinstieg

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Das Team der mentalis GmbH am Firmensitz im Nürnberger Tech-Incubator ZOLLHOF. (Bild: mentalis GmbH)

Die FAU-Ausgründung mentalis GmbH bietet digitale Hilfsmittel an, mit denen sich ein Wiedereinstieg in das Leben außerhalb der Klinik für psychisch Erkrankte leichter meistern lässt.

Nach einem Klinikaufenthalt fällt die Rückkehr in den Alltag häufig schwer. Das Dilemma der Patientinnen und Patienten kennt Dr. Christian A. Lukas aus seiner Arbeit in der Psychiatrie sehr gut. „Etwa ein Drittel der Entlassenen muss innerhalb eines Jahres in die Klinik zurück – viele davon bereits nach wenigen Wochen“, erklärt der wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie der FAU und Mitgründer der mentalis GmbH. Dies sei häufig darauf zurückzuführen, dass nicht unmittelbar ein ambulanter Therapieplatz für die nahtlose Weiterbehandlung zur Verfügung stehe.

Um hier Abhilfe zu schaffen, entstand die Idee zu einem „Blended Care“-Ansatz mit Therapie-App und psychologischer Begleitung. 2018 begannen er und der Informatiker Alexander Ploner, dies umzusetzen. Ergänzt wurde das Gründer-Team durch den Usability-Spezialisten Leonhard Glomann. Und so funktioniert das Konzept: Der Algorithmus der App wählt Übungen aus der Kognitiven Verhaltenstherapie nach individuellem Bedarf der Patientinnen und Patienten aus. Diese absolvieren die Teilnehmenden selbstständig anhand eines für sie erstellten Therapieplans. Außerdem führen die Erkrankten regelmäßige Gespräche mit ihrem persönlichen Mentalis-Coach. „Damit die Patientinnen und Patienten motiviert bleiben, sind die Übungen möglichst niederschwellig gestaltet“, erklärt Christian A. Lukas. „Zusätzlich haben wir verschiedene Elemente eingebaut, die man von Games-Apps kennt. Dazu gehören etwa jubelnde Avatare nach einer erfolgreich beendeten Aufgabe oder auch Push-Nachrichten zur Erinnerung, dass eine neue Übung ansteht.“ Absolut zentral für den nachhaltigen Erfolg seien jedoch die Gesprächstermine und der persönliche Draht zu den Coaches.

Passgenaue Programme

Dr. Christian A. Lukas
Dr. Christian A. Lukas ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie und Mitgründer der mentalis GmbH. (Bild: mentalis GmbH)

Mittlerweile bietet die mentalis GmbH verschiedene Programme für Krankheitsbilder wie Essstörungen, Depressionen oder Alkoholabhängigkeit an. Diese richten sich gezielt an Patientinnen und Patienten in der Nachsorge, welche eine eindeutige Diagnose und einen Weiterbehandlungsbedarf haben. Hierin liegt auch der Unterschied zu anderen Produkten auf dem Markt, welche sich bislang hauptsächlich der Prävention widmen. „Wir arbeiten bereits mit diversen Kliniken zusammen“, erklärt Dr. Lukas. „Die Behandelnden dort können am besten einschätzen, wer ihrer Patientinnen und Patienten von dem digitalen Angebot profitieren kann. Es erfolgt dann eine qualifizierte Einschreibung in das jeweilige Programm.“ So ist gewährleistet, dass die Patientinnen und Patienten die Klinik mit der App und einem Termin für ein erstes psychologisches Tele-Gespräch in der Tasche verlassen. Da es sich bei der mentalis-App um ein Medizinprodukt handelt und wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit vorliegen, übernehmen bereits einige Krankenkassen die Kosten.

Derzeit sind diverse Psychologinnen und Psychologen als Coaches für mentalis tätig. Insgesamt beschäftigt das junge Unternehmen mit Firmensitz am Tech-Incubator im Nürnberger ZOLLHOF ein 16-köpfiges Team. „Wir arbeiten gerade daran, noch mehr Kliniken und Krankenkassen ins Boot zu holen“, beschreibt Christian A. Lukas die Ziele der mentalis GmbH. „Parallel dazu evaluieren und verbessern wir unser Angebot ständig auf wissenschaftlicher Basis.“ Zu diesem Zweck arbeitet das Start-up auch weiterhin eng mit dem Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie zusammen. Dessen Inhaber, Prof. Dr. Matthias Berking, fungiert außerdem als wissenschaftlicher Berater für das Unternehmen.

Weitere Informationen auf der Webseite von der mentalis GmbH

Von Dagmar Köhnlein


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Die Themen der neuen Ausgabe sind: ein Interview mit dem Präsidenten der FAU, Prof. Dr. Joachim Hornegger, und dem Markendesigner Claus Koch über die neue Zukunftsstrategie der FAU, eine Untersuchung über den Einfluss von Patenten auf Marktentwicklungen, die Studiengänge „Advanced Materials and Processes“ und „Clean Energy Processes“, ein Spaziergang durch unseren Aromagarten, der heuer sein 40. Jubiläum hat, und ein Interview mit dem Siemens-CEO Dr. Roland Busch.

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