FAU-Forschungstalk: Mit Religion Frieden stiften
Gespräch mit Prof. Dr. Georges Tamer über das Lösen von Konflikten durch interreligiöse Diskurse
Konflikte – ob religiös motiviert oder nicht – entstehen, wenn eine Minderheit sich benachteiligt fühlt, oder tatsächlich benachteiligt ist. „Der Weg zu einem fairen Miteinander – und das ist ja die Grundvoraussetzung für eine Befriedung der Konfliktparteien, die in sich auch nicht homogen sind – ist schwierig, aber machbar, wenn der echte Wille dazu vorhanden ist“, sagt Prof. Dr. Georges Tamer, der den Lehrstuhl für Orientalische Philologie und Islamwissenschaft sowie das Bayerische Forschungszentrum für Interreligiöse Diskurse (BaFID) leitet, im Gespräch mit FAU-Präsident Prof. Dr. Joachim Hornegger. Um eine Lösung zu erreichen, meint Prof. Tamer, müssten die Betroffenen ins Gespräch kommen oder im Gespräch bleiben. Das gelte nicht nur für die politische Ebene, sondern für alle Menschen, zum Beispiel auch für Freunde und Nachbarn.
„Die wissenschaftliche Erhellung der religiösen beziehungsweise konfessionellen Unterschiede kann dazu beitragen, dass Konflikte ihre Sprengkraft verlieren und ihre politischen Auswirkungen langsam überwunden werden.“ Der Austausch zwischen aufgeschlossenen Gläubigen könne helfen, Konflikte zu lösen. Das sei auch wissenschaftlich nachgewiesen, sagt Prof. Tamer. „Es gibt Studien, die belegen, dass Menschen, die eine exklusivistische Religionsauffassung vertreten, gewaltbereiter sind als Menschen aufgeschlossenen Glaubens. Auch Studien zur religiösen Toleranz zeigen, dass Toleranz gegen Andersgläubige die Grundlage für jede andere Art von Toleranz gegen Andersgesinnte bildet.“
An der FAU wurde vor Kurzem das Bayerische Forschungszentrum für Interreligiöse Diskurse ins Leben gerufen. Dort wird geforscht, in welchen Punkten sich Judentum, Christentum und Islam unterscheiden oder ähneln. „Wir tun dies, indem wir verbindende interreligiöse Verflechtungen untersuchen“, sagt Prof. Tamer. „Unsere Aufgabe ist es, die Tiefengemeinsamkeiten und Differenzen zwischen diesen Religionen, die für den Zusammenhalt der Gesellschaft in Deutschland, Europa und im Nahen Osten wichtig sind, aufzudecken und zu erklären.“ Die Erkenntnisse werden der Öffentlichkeit in passenden Formaten vermittelt. Das kann in Form eines Vortrags, Buch oder Podcast passieren. „Der Reiz, religiöse Diskurse wissenschaftlich zu untersuchen, liegt in der Vielfältigkeit einer jeden Religion“, findet Prof. Tamer.
Am Forschungszentrum wird aber nicht nur wissenschaftlich gearbeitet. Es werden auch Gespräche mit Gläubigen, aber auch mit konfessionslosen Menschen gesucht und initiiert. Der Austausch ist wesentlich, und das Forschungszentrum will diesen Austausch beleben.
Kontakt
Prof. Dr. Georges Tamer
georges.tamer@fau.de