„Ökosystem für Ideen und Kreativität“
Grundsteinlegung des neuen Max-Planck-Zentrums für Physik und Medizin
„Hier entsteht ein faszinierendes Projekt“, erklärte der Bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder während der Grundsteinlegung des neuen Max-Planck-Zentrums für Physik und Medizin (MPZPM) in Erlangen. Etwa im Kampf gegen Krebs sei es wichtig, neue Methoden auf zellulärer Ebene mit Verfahren der künstlichen Intelligenz oder Quantencomputern zu verbinden. Daher investiere der Freistaat annähernd 60 Millionen Euro in das Institut, um „ein Ökosystem für Ideen und Kreativität zu schaffen“ und um den Prozess zu beschleunigen, durch den neue wissenschaftliche Erkenntnisse entstehen. Dafür sei der Standort Erlangen mit seiner starken Medizinforschung, seinem „Medical Valley“, besonders geeignet. Und die Investition in das MPZPM sei ein wichtiges Signal, die Max-Planck-Gesellschaft in Nordbayern zu verankern.
„Das ist heute ein sehr wichtiger Tag für Bayern, ein sehr wichtiger Tag für die Gesundheit“, versicherte Hubert Aiwanger, Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. „Was hier in Zukunft erforscht und entwickelt wird, gibt auch der bayerischen Wirtschaft wichtige Impulse“, ergänzte der Wirtschaftsminister, zu dessen Zuständigkeitsbereich die außeruniversitären Forschungseinrichtungen wie die Max-Planck-Gesellschaft im Freistaat gehören.
Neue Impulse für biomedizinische Disziplinen
„Ich freue mich, dass sich in wenigen Jahren an diesem Ort Menschen begegnen werden, die sonst nicht zusammengekommen wären“, ergänzte Florian Janik, Oberbürgermeister von Erlangen. Noch sind die Forschungsgruppen des MPZPM über ganz Erlangen verstreut. Anfang 2024 sollen sie dann in das neue Gebäude auf dem Gelände des Erlanger Uniklinikums einziehen, dessen Hochbau jetzt nach dem Ausschachten der Baugrube errichtet werden kann. Der Bau mit seinen modernen Laboren und Büros wird auf fünf Etagen und 5700 Quadratmetern Nutzfläche Platz für rund 180 Beschäftigte bieten. Sie werden in Laufweite zu den Mediziner*innen in den Kliniken forschen und können künftig über gläserne Brücken die Kolleg*innen in den anderen gerade entstehenden Instituten erreichen. Damit spiegelt auch die Architektur die enge Verknüpfung zwischen den Gründern des MPZPM wider. Hinter dem Zentrum stecken gleich drei renommierte Organisationen: die FAU, das Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts (MPL), und das Universitätsklinikum Erlangen.
Die Forschenden der drei Partner, die im MPZPM zusammenkommen, nutzen moderne mathematische und physikalische Methoden – insbesondere aus der Optik –, um den biomedizinischen Disziplinen neue Impulse zu geben. Beispielsweise indem sie ein neuartiges Mikroskop entwickelt haben, das Corona-Viren beim Angriff auf Zellen filmt. Oder indem sie eine Maschine gebaut haben, die misst, wie elastisch Blutzellen sind und dabei erkennt, ob Krebszellen dem Körper gefährlich werden. Oder indem sie Simulationen programmieren, um das Verhalten gefährlicher Bakterien besser zu verstehen.
„München leuchtet, Erlangen strahlt“
„In der Wissenschaft sind große Durchbrüche durch das Zusammenführen von Forschungsfeldern und die Schaffung ganz neuer Disziplinen entstanden“, sagte Martin Stratmann, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, während der Veranstaltung am Rande der Baugrube. Allerdings sei es heute angesichts der Ausdifferenzierung der Wissenschaft gar nicht mehr so einfach, sich auf Augenhöhe zu treffen. Das gelte gerade für Physiker*innen, die immer mehr ins Detail gingen und sich mit einzelnen Photonen, Atomen oder Elementarteilchen befassten, und für Mediziner*innen, die sich gesamtheitlich mit dem Menschen und seiner Gesundheit beschäftigten.
Erlangen sei der ideale Ort für solche Begegnungen, denn die thematische Ausrichtung der Institutionen stimme überein und „der Wille der handelnden Akteure, Grenzen zu überwinden, sei immer zu spüren.“ Mit dem Blick auf die Landeshauptstadt wandelte der MPG-Präsident ein berühmtes Zitat des Literatur-Nobelpreisträgers Thomas Mann ab: „München leuchtet, aber Erlangen strahlt!“
Der „Place to be“ für Physik und Medizin
Axel Brakhage, Vize-Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, stimmte ihm zu und sagte: „Das MPZPM ist eine Rarität, die zur Blaupause weiterer forschungsinstitutioneller Zusammenarbeit werden kann.“ Diesen Anspruch unterstrich auch Joachim Hornegger, Präsident der FAU: „Wir wollen den Fragen auf den Grund gehen, die das Leben bestimmen, wir wollen verstehen, wie man gesund bleibt und wie man Krankheiten bekämpft.“ Und Erlangen solle in fünf Jahren der „Place to be“ sein, wenn es um Physik und Medizin geht. Markus F. Neurath, Dekan der Medizinischen Fakultät der FAU, hob als Besonderheit des MPZPMs hervor, dass das Zentrum „in unmittelbarer Nähe zur Patientenversorgung im Uniklinikum“ entstehe, was den Austausch erleichtere.
Einige der Redner erinnerten aber auch an die Opfer von Euthanasie-Verbrechen, die während des Nationalsozialismus in der benachbarten historischen Heil- und Pflegeanstalt (HuPfla) ums Leben kamen. Ein Teil des ehemaligen Patiententrakts des Gebäudes ist dem Neubau des MPZPM gewichen – was in der Erlanger Stadtgesellschaft lange umstritten war. Vahid Sandoghdar, Sprecher des MPZPM und Direktor am Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts, von dem die Idee stammte, ein Zentrum für Physik und Medizin in Erlangen zu gründen, bedankte sich aber dennoch bei den Bürgern der Stadt: Sie seien ein gutes Vorbild, „wie man mit Meinungsverschiedenheiten umgehen und konstruktive Kompromisse schließen kann.“ Denn das Gebäude wird künftig Teil eines „Erinnerungs- und Zukunftsortes“ in Erlangen werden – ein Vorhaben, das auch das MPZPM unterstützt.