Aus dem Backstage ins Rampenlicht
Ihren ersten Song schrieb sie mit acht Jahren, ihr Lehramtsstudium in Musik und Englisch schloss sie als Jahrgangsbeste ab und heute schreibt sie Songs für zahlreiche Musikschaffende – Melanie Lokotsch ist ein wahres Multi-Talent. Seit 2020 startet die FAU-Alumna auch als Sängerin mit ihrer eigenen Musik durch, unter dem Künstlernamen HILLA.
Im Januar 2021 erschien HILLAs neue Single „Nicht für Harry Styles“ – ein Freundschaftssong mit autobiografischen Elementen.
Ich wäre musikalisch definitiv nicht da, wo ich heute bin, hätte ich nicht an der FAU studiert.
Frau Lokotsch, warum haben Sie sich damals für ein Lehramtsstudium im Fach Musik an der FAU entschieden?
Nachdem ich an der Popakademie in Mannheim nicht aufgenommen wurde, war das Lehramtsstudium zunächst zugegebenermaßen eine Notlösung. Es bot mir die Möglichkeit auf eine andere Art doch Popmusik zu studieren, was an einer Hochschule für Musik nicht möglich gewesen wäre, da diese meistens nur Klassik und Jazz anbieten. Ich habe aber schnell gemerkt, dass der Studiengang genau das Richtige für mich ist und eine ernsthafte Alternative, in der ich aufblühte.
Sie haben neben dem Fach Musik auch Englisch studiert. Wie ist es dazu gekommen?
Englisch als zweites Fach war sehr naheliegend, da ich immer schon sprachbegeistert war und damals selbst nur englischsprachige Musik gehört und geschrieben habe. Das Fach hat mir also musikalisch ebenso in die Karten gespielt.
Zuletzt haben mich auch die Fächer Psychologie und Pädagogik wahnsinnig interessiert. Ich habe viel Wissen mitgenommen, das mir immer wieder im Alltag zur Hilfe steht.
Ich will die Zeit an der Universität nicht missen, auch wenn ich am Ende keine Lehrerin geworden bin. Ich wäre musikalisch definitiv nicht da, wo ich heute bin, hätte ich nicht an der FAU studiert.
Nach Ihrem Staatsexamen haben Sie sich gegen den Lehrberuf und für die Musik entschieden. Wie hat Ihr Umfeld auf diese Entscheidung reagiert?
Auf jeden Fall anders als erwartet. Es gab natürlich Stimmen, die sehr irritiert waren, gerade weil mir als Jahrgangsbeste eine höchstwahrscheinlich erfolgreiche Lehramts-Karriere bevorstand. Aber es gab auch Menschen in meinem Umfeld, die es sehr gut geheißen haben. Sie haben gesehen, dass ich mich zerteile zwischen Studium, diversen Nebenjobs und der eigentlichen Passion, und fanden es gut, dass ich jetzt meinen Träumen folge.
Dazu muss man sagen, dass ich selbst große Schwierigkeiten hatte, diesen klaren Cut zu machen, und mich als Musikerin beziehungsweise Songwriterin zu identifizieren. Ich habe nach dem ersten Staatsexamen noch einen Master in Musikwissenschaft in Würzburg angefangen.
Einerseits natürlich, weil er mich sehr interessiert hat, aber leider auch, um mir selbst vorzugaukeln, ich würde ja neben der brotlosen Kunst noch etwas „Anständiges“ machen. Tatsächlich war ich also selbst mein größter Kritiker und stand mir lange Zeit im Weg.
Ab da war mein Künstlerprojekt HILLA geboren und ich wusste, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.
Sie bildeten mit zwei Ihrer ehemaligen Kommilitonen ein Songwriting- und Musikproduktionsteam und waren damit sehr erfolgreich. Wie haben Sie sich damals an der FAU kennengelernt?
Johannes Römer und Alexander Teschauer haben ebenso Musik auf Lehramt studiert und da die Jahrgänge nicht so groß sind und man viele gemeinsame Seminare hat, kennen sich eigentlich alle Musik-Studierenden untereinander.
Alex kam dann eines Tages auf mich zu und fragte, ob ich Lust hätte, Teil einer größeren Songwriting-Community zu werden.
Es hat sich dann ziemlich schnell gezeigt, dass von diesem angestrebten großen Team am Ende nur der harte Kern, nämlich Johannes, Alex und ich blieb. Wir waren überzeugt, dass wir gute Songs schreiben können, und hatten alle innerlich das Gefühl, dass es für uns noch etwas Größeres als den Lehrberuf gibt. So kam es, dass keiner von uns ins Referendariat ging, sondern wir Tage lang im Homestudio saßen und zu dritt Lieder geschrieben haben. Später, nachdem die beiden ihre Produktions-Fähigkeiten deutlich ausgebaut hatten, sind wir dann zu Künstlerinnen und Künstlern gefahren und haben direkt mit diesen zusammengearbeitet.
Sie sind schon lange als Songwriterin für andere Künstlerinnen und Künstler tätig. Wie kam es zur Entscheidung, dann doch selbst mit Ihren Songs ins Rampenlicht zu treten?
Erst im Laufe der Arbeit als Songwriterin für andere Künstler und Künstlerinnen wurde mir klar, dass da sehr wohl Wünsche sind, ein eigenes Künstlerprojekt zu haben, aber die Versagensängste einfach zu groß waren, um zu diesen Wünschen zu stehen und ihnen nachzugehen.
Als sich dann immer mehr abgezeichnet hat, dass das Intertones Songwriting- und Musikproduktionsteam nicht mehr lange Bestand haben wird, hat es sich einfach angeboten, den ersten Schritt zu machen und einen eigenen Song zu veröffentlichen. Das war wie eine erste Testfahrt mit einem neuen Auto. Es hat hier und da geruckelt und den Gang habe ich auch nicht gleich gefunden, aber es hat sich wahnsinnig gut angefühlt, und so als wäre es schon immer mein Auto gewesen.
Ab da war mein Künstlerprojekt HILLA geboren und ich wusste, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe.
Haben Sie einen Lieblingsort an der FAU?
Das wäre dann wohl die Aula der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät in Nürnberg. Ich habe so viele schöne Erinnerungen an diesen Ort, auch wenn darin die ein oder andere Prüfung stattfand. Von Kammerchorproben- und Konzerten über Studentenkonzerte bis hin zu Musicals. Ich weiß noch, dass ich mein erstes Studentenkonzert dort gesehen habe, bevor ich mein erstes Semester begann, und ich war auf ganzer Linie begeistert und wusste, dass ich ein Teil dieses verrückten Haufens sein wollte.
Welchen Tipp geben Sie Studierenden, die noch ganz am Anfang ihres Studiums stehen?
Nehmt es leicht! Die eine oder andere legendäre Party mit Kommilitonen, mit denen ihr noch 20 Jahre später befreundet seid, ist mehr wert, als am Morgen danach die Prüfung mit 1,0 zu bestehen. Ich kann nicht behaupten, dass das Leute nicht auch zu mir gesagt hätten. Aber ich war einfach zu verbissen, leistungsorientiert und perfektionistisch, um hinzuhören. Das bereue ich etwas. Noch dazu habe ich zu Studienzeiten am Land gewohnt und musste immer eine dreiviertel Stunde zur Uni fahren. Wenn ich also mal bei einem Musiktreffen war, dann nie sehr lange und das ist jetzt in der Rückschau wirklich schade.
Gibt es ein Lied, das Sie an die Zeit an der FAU erinnert?
Viel zu viele, um sie alle zu erwähnen. Aber ich versuche mal die Wichtigsten herauszugreifen. „Bogoroditse Devo“ von Sergei Rachmaninoff, ein Chorwerk, dass wir im Kammerchor gesungen haben, und das immer noch eine sofortige Gänsehaut bei mir auslöst, wenn ich nur daran denke. Mit „Mitä kaikatat kivonen?“ von der finnischen Gruppe Rajaton bin ich das erste Mal in der Aula aufgetreten. Und bei einem Musikpodium habe ich mal „Blood on the Rooftops“ von Genesis aufgeführt. Der Song liegt mir besonders am Herzen, da der Kommilitone, der bei diesem Stück Schlagzeug spielte, kurz darauf verstorben ist.
Vielen Dank für das Interview, Frau Lokotsch!
Interview: Christina Dworak, Februar 2021
Noch mehr Informationen zu HILLA und ihrer Musik sind auf ihrer Homepage zu finden.