Gründerteam der FAU entwickelt neues Design für Hochfrequenz-Bauteile
Röhren statt Bahnen
Ein dreiköpfiges Gründerteam an der FAU hat eine Technologie entwickelt, mit der sich passive Hochfrequenz-Bauteile direkt aus Computermodellen heraus herstellen lassen. Möglich wird das durch die Kombination von 3D-Druck und einem speziellen Metallisierungsverfahren. Um die Technologie weiterentwickeln und zur Marktreife bringen zu können, erhalten die Forscher eine Förderung aus dem EXIST-Programm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) in Höhe von 1,1 Millionen Euro.
Radarsysteme für autonomes Fahren und Fliegen, Sensoren für die Industrie 4.0, Ganzkörperscanner an Flughäfen, Fernerkundung aus dem All, Datenübertragung in der Telekommunikation – all diese Bereiche haben in den vergangenen Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Was sie eint, ist die schnelle Übertragung großer Datenmengen über hochfrequente elektromagnetische Wellen. In der Regel besteht ein Hochfrequenzmodul aus passiven Komponenten – zumeist Sende- und Empfangsantennen und Leiterbahnen auf planaren Leiterplatten – und aktiven Komponenten wie der integrierten Schaltung, die die Antennensignale verarbeitet.
Solche Bauteile gibt es heute in Großserie quasi „von der Stange“ – gerade das jedoch ist ein limitierender Faktor für das Design neuer Produkte: „Als Entwickler sitzt man am Computer und entwirft ein Modul, simuliert und optimiert zum Beispiel die Radarwellen von Fahrassistenzsystemen in 3D“, erklärt Dr. Gerald Gold, Mechatronik-Ingenieur am Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik (LHFT) der FAU. „Dann schaut man, was das Zubehörregal bereithält, und muss die Funktionalität gegebenenfalls an die verfügbare 2D-Fertigungstechnik anpassen. Das ist recht unbefriedigend.“
Antennen direkt aus dem Drucker
Gemeinsam mit Wirtschaftsingenieur Mark Sippel und Informations- und Kommunikations-Ingenieur Konstantin Lomakin, beide ebenfalls vom LHFT, forscht Gold deshalb an einer Alternative zur Leiterplattentechnik: Seit 2016 verfolgt das Team den Ansatz, die passiven Bauteile für Hochfrequenzsysteme direkt aus dem Simulationsprogramm zu drucken.
Zum Einsatz kommt dabei ein 3D-Drucker, der mittels UV-Strahlung flüssiges Kunstharz Schicht für Schicht aushärtet und einen Kunststoffkorpus herstellt. Um die elektrische Leitfähigkeit zu gewährleisten, wird der Korpus anschließend mit Silbertinte metallisiert. „Das Verfahren ist hochpräzise“, sagt Konstantin Lomakin. „Wir arbeiten mit einer Toleranz von maximal fünf Hundertstel Millimetern.“
Mit ihrer Erfindung verlassen die Ingenieure das klassische Design zweidimensionaler Leiterbahnen und flacher Antennen. Ihre neuartigen Antennen bestehen aus kleinen Röhren, die jeweils eine Art Resonanzraum darstellen. Damit lassen sich elektrische Wellen hoher Frequenzen führen und in die gewünschte Raumrichtung abstrahlen. Wie bei herkömmlichen Modulen auch werden diese Signale von einem Chip verarbeitet.
„Unser Verfahren erlaubt die Herstellung passiver Komponenten in nahezu jeder beliebigen Form und setzt auch bezüglich der Frequenz neue Maßstäbe“, erklärt Mark Sippel. „Aktuell arbeiten wir mit 170 Gigahertz.“ Je höher die verwendeten Frequenzen, umso höher ist die räumliche Auflösung – das kommt beispielsweise bei der Fahrassistenz zum Tragen: „Wenn Sie beim Abstandsradar ein vorausfahrendes Auto erfassen wollen, benötigen Sie eine vergleichsweise geringe Auflösung“, sagt Konstantin Lomakin. „Wenn das System jedoch beim automatischen Einparken die Höhe der Bordsteinkante ermitteln soll, muss die Auflösung deutlich höher sein.“
1,1 Millionen aus dem Exist-Forschungsprogramm
Mit seinem Know-how will das Forschertrio insbesondere kleine und mittlere Unternehmen dabei unterstützen, Hochfrequenzsysteme einfacher zu konstruieren und schneller zur Serienreife zu bringen. Dafür planen Gold, Lomakin und Sippel die Gründung eines eigenen Start-ups.
Ende 2020 haben sie sich beim Exist-Forschungstransfer-Programm des BMWi beworben, das herausragende Gründungsvorhaben unterstützt, die mit aufwändigen und risikoreichen Entwicklungsarbeiten verbunden sind. Mit Erfolg: Ab 1. April 2021 erhalten die Ingenieure eine Förderung in Höhe von 1,1 Millionen Euro, mit der vier Personalstellen und die Anschaffung neuer Technik in den kommenden zwei Jahren finanziert werden können.
Sollte die erste Phase erfolgreich begutachtet werden, können die Gründer 2023 auf eine Fortsetzung der Förderung hoffen, die sich dann im Wesentlichen auf die Unternehmensgründung und -finanzierung richtet.
Weitere Informationen
Dr. Gerald Gold
Lehrstuhl für Hochfrequenztechnik (LHFT)
gerald.gold@fau.de