Kreislaufprobleme

Typo Kreislaufprobleme
(Grafik: Harnoth/Rhades)

Ob das Wasser in der Natur oder die Luft im Energiesparhaus: Kreisläufe prägen unser tägliches Leben, ohne dass wir ihnen große Beachtung schenken. Dabei lässt sich einiges optimieren, wenn man sie richtig nutzt.

Wasser ist auf der Erde ständig in Bewegung: In Bächen und Flüssen fließt es talwärts, aus Ozeanen und Seen verdunstet ein Teil, die Luft trägt die Feuchtigkeit weiter. Daraus bilden sich Wolken, aus denen später Niederschlag zu Boden fällt. Dort versickert ein erheblicher Teil, verschwindet als Grundwasser aus dem Blickfeld und spielt in der Tiefe doch eine wichtige Rolle, wenn es später zum Beispiel die Gewässer an der Oberfläche speist. Dieser Kreislauf des Wassers ist nicht nur Grundlage allen Lebens auf der Erde, sondern formt auch die Oberfläche unseres Planeten und spielt beim Klima eine ganz entscheidende Rolle. Wenn Prof. Johannes Barth, PhD, und sein Team vom Lehrstuhl für Angewandte Geologie mit stabilen Isotopen diesen Wasserkreislauf analysieren, erforschen sie also einen wichtigen Antrieb, der Umwelt, Leben und Gesellschaft am Laufen hält.

Wichtigste Ressource

„Schließlich ist Wasser die mit Abstand wichtigste Ressource der Menschheit, von der wir jedes Jahr allein aus dem Grundwasser weltweit schätzungsweise 600 Kubikkilometer für Bewässerung in der Landwirtschaft, für die Industrie und für private Haushalte fördern“, erklärt der Hydrogeologe und Geochemiker. Würde man diese Menge auf der Fläche von Erlangen gleichmäßig verteilen, stünde eine etwa 7800 Meter hohe Wassersäule über der Stadt, die sich mit etlichen Gipfeln des höchsten Gebirges der Welt, des Himalaya, messen könnte.

Aus diesen gigantischen Fördermengen kann man einfach folgern, dass man nicht mehr Wasser aus dem Untergrund holen sollte, als dorthin wieder nachgeliefert wird. Sind in Städten große Flächen mit Beton und Asphalt versiegelt, sickert dort weniger Wasser in die Tiefe, und der Kreislauf läuft nicht mehr rund. „Wir sollten also weg von versiegelten Böden und hin zu Städten, die Wasser wie ein Schwamm aufsaugen und zurückhalten“, erklärt Johannes Barth.

Schwammstadt

Illustration einer Schwammstadt
Schwammstädte sorgen für einen funktionierenden Wasserkreislauf: Sie speichern den Niederschlag im Boden und in der  Vegetation. Illustration: Roland Hallmeier

Gerade wenn der Klimawandel in viele Regionen Mitteleuropas häufiger Dürreperioden wie in den vergangenen Jahren bringt, sollte sich das Prinzip einer solchen Schwammstadt mit vielen Grünflächen sowie bepflanzten Wänden und Dächern bewähren. Statt den Niederschlag über die Kanalisation abzuleiten, wird das Wasser dann im Boden und in der Vegetation gespeichert. Wie wichtig ein solcher Vorrat ist, zeigen die vergangenen Trockensommer, in denen in vielen Städten etliche Bäume sehr stark unter Wassermangel litten. Während Regen oder geschmolzener Schnee im Winter versickert und bis ins Grundwasser gelangen kann, holen die Pflanzen der Grünstreifen und Parks im Sommer die Bodenfeuchte rasch wieder nach oben und geben sie über ihre Blätter an die Luft ab. So befeuchten die Gewächse die Luft und kühlen gleichzeitig das Mikroklima der Stadt.

Außerhalb der Stadt funktioniert dieser Wasserkreislauf ähnlich. Deshalb ist die Luft in sommerlichen Hitzeperioden in einem Wald normalerweise viel angenehmer als in der Betonwüste Stadt oder über einem Stoppelfeld, auf dem ebenfalls kaum etwas wächst. Dieser ewige Kreislauf des Wassers beeinflusst aber auch das Weltklima, weil die Pflanzen in einem aufwendigen Fotosynthese-Prozess das Treibhausgas Kohlendioxid aus der Luft fischen und daraus Biomoleküle für ihren Eigenbedarf herstellen. „Je nach Pflanze und deren Alter müssen bis zu tausend Wassermoleküle von den Wurzeln über die Leitungsbahnen bis in die Blätter transportiert werden, um dort ein einziges Molekül Kohlendioxid aus der Luft zu holen“, sagt Johannes Barth.

Isotopen-Analysen

Wie stark solche Prozesse das Klima beeinflussen, erfahren Johannes Barth und sein Team, wenn sie den Wasserkreislauf im Untergrund und in Flüssen, Bächen und Seen mithilfe von Isotopen-Analysen untersuchen. Dabei nutzen sie häufig Sauerstoffatome, von denen in der Atmosphäre mit 99,76 Prozent die allermeisten als Isotop 16O vorliegen, während nur 0,20 Prozent aus dem etwas schwereren Isotop 18O bestehen. Enthält ein Wassermolekül das häufige und leichtere 16O-Isotop, verdunstet es leichter. „In einem warmen Sommer mit hoher Verdunstung verarmt das Wasser von Flüssen und Seen daher an 16O, während das Isotop 18O angereichert wird“, erklärt Johannes Barth das Grundprinzip solcher Isotopen-Analysen. „Wenn wir an der Mündung eines Flusses regelmäßig Wasserproben nehmen und die Sauerstoff-Isotope darin bestimmen, können wir ausrechnen, wie viel Wasser im gesamten Einzugsgebiet in einem bestimmten Zeitraum verdunstet ist.“

„Wenn wir solche komplexen Zusammenhänge besser verstehen, können wir auch den Einfluss des Wasserkreislaufs auf die Umwelt und das Klima besser einschätzen“

Pflanzen verlieren bei der Fotosynthese über ihre Blätter auch Wasser, reichern Isotope aber anders als beim reinen Verdunsten an. Daher kann Johannes Barth messen, wie eifrig das Grünzeug im Einzugsgebiet eines Gewässers Fotosynthese betreibt und damit Kohlendioxid aus der Luft holt. Für seine Analysen verwendet das Team um den Geowissenschaftler auch die stabilen Isotope anderer Elemente wie Wasserstoff und Kohlenstoff, die im Wasser und in den darin gelösten Substanzen enthalten sind.

Kohlenstoff-Kreislauf

Mit diesen Methoden ist die Gruppe auch den Mikroorganismen auf der Spur, die im Boden Pflanzenreste und andere organische Substanzen abbauen und dabei Kohlendioxid produzieren. Kommt Grundwasser dann als Quelle an die Oberfläche, enthält es viel Kohlendioxid aus diesen Vorgängen, das rasch in die Luft abgegeben wird. „Dabei handelt es sich um erhebliche Mengen, bisher aber fehlen Bilanzen für diese Vorgänge weitgehend“, schildert Johannes Barth einen weiteren Teil seiner Forschung.

In einem langsam fließenden Strom oder in einem See verbrauchen im folgenden Teil des Kreislaufs Algen Kohlendioxid und verringern so zumindest tagsüber die Abgabe dieses Treibhausgases. Am kanadischen St.-Lorenz-Strom hat Johannes Barth herausgefunden, dass diese Lebenszyklen in den Uferbereichen sehr viel aktiver als in der Mitte des Stroms sind. „Wenn wir solche komplexen Zusammenhänge besser verstehen, können wir auch den Einfluss des Wasserkreislaufs auf die Umwelt und das Klima besser einschätzen“, nennt Johannes Barth ein weiteres wichtiges Ziel seiner Forschung.

Frischluft für sanierte Häuser

Auf der gegenüberliegenden Seite des Klimawandels sucht Bastian Schöneberger vom Lehrstuhl für Strömungsmechanik nach Möglichkeiten, durch Nutzung eines völlig anderen Kreislaufs der Energiewende noch besser auf die Sprünge zu helfen. Einer ihrer Knackpunkte ist hierzulande die Gebäudeheizung, die man mit energetischen Sanierungen und Energiesparhäusern gut in den Griff bekommt. Allerdings sollten die Menschen in solchen Gebäuden auf das Öffnen der Fenster möglichst verzichten, weil dadurch nicht nur die Wohnung gelüftet wird, sondern auch jede Menge Wärme verloren geht, die so die Energiebilanz verhagelt.

Das wäre zwar, abgesehen von den lieb gewonnenen Gepflogenheiten, kein Problem, wenn nicht in einer normal genutzten 90-Quadratmeter-Wohnung jeden Tag rund sieben Liter Wasser beim Kochen, Waschen und Putzen sowie mit den Ausdünstungen von Pflanzen, Tieren und Menschen in die Luft gelangen würden. Weil diese Feuchtigkeit ohne Lüften rasch zu Schimmel an den Wänden führt, untersucht Bastian Schöneberger Möglichkeiten, in einem automatischen Luft-Kreislauf zwischen innen und außen das anfallende Wasser kontinuierlich ins Freie zu transportieren.

Wärmetauscher

Illustration eines Roboters als Wärmetauscher.
Frisches Raumklima, ohne die Fenster zu öffnen: Ein Wärmetauscher in der Außenwand macht es  möglich. Die nach außen strömende Raumluft erwärmt an einer  Kontaktfläche die einströmende  Frischluft.  Illustration: Roland Hallmeier

Um dabei möglichst wenig Energie zu verlieren, funktioniert diese Lüftung über Wärmetauscher, die in großen Öffnungen in einer Außenwand arbeiten. In solchen Geräten wärmt die nach außen strömende Raumluft an einer Kontaktfläche die einströmende Luft. Um möglichst viel Energie zurückzugewinnen, sollte diese Fläche möglichst groß sein. Statt in gerader Linie sollte die Luft in einem Wärmetauscher also zum Beispiel in einer Spirale geführt werden.

„Zusätzlich zu einem solchen Wärmetauscher kann man noch einen Rotationswärmetauscher einbauen“, erläutert Bastian Schöneberger. Dort dreht sich langsam ein rundes Gitter mit einem Durchmesser von 40 Zentimetern. Während unten die warme Raumluft nach außen strömt und das Gitter aufwärmt, dreht sich dieses Wärmerad weiter. Oben erreichen die aufgewärmten Gitterteile die einströmende, kältere Außenluft und wärmen diese ein wenig auf. „Je nach Temperatur der Außenluft laufen Wärmerad und Wärmetauscher gleichzeitig, nur das eine oder das andere System oder keines von beiden“, führt Bastian Schöneberger die Möglichkeiten aus, eine solche Kombination möglichst optimal einzusetzen.

Kondenswasser

Allerdings gibt es noch ein Problem: Warme Luft kann viel mehr Feuchtigkeit aufnehmen und festhalten als kalte. Im Winter kondensiert die Feuchte in der nach außen strömenden und abkühlenden Raumluft daher oft aus. Dieses Kondenswasser muss daher über einen kleinen Kanal nach außen geführt werden, wo es abtropft. Bildet sich bei ausgeglichenen Luftverhältnissen zwischen innen und außen nur sehr wenig Kondenswasser, ist das auch nicht gut: „Um das Wachsen von Keimen im stehenden Kondenswasser zu verhindern, nimmt man heutzutage gerne Kunststoff und rüstet ihn eventuell noch mit einem keimtötenden Mittel aus“, erklärt Bastian Schöneberger.

In Computermodellen ermittelt der Forscher, wie er das ganze System einschließlich Ventilatoren und Luftfiltern bei Außentemperaturen zwischen minus 25 und plus 50 Grad Celsius optimieren kann. Am Ende steht dann ein Lüftungskonzept, das in nahezu allen Weltgegenden funktionieren soll.

Über den Autor

Roland Knauer ist promovierter Naturwissenschaftler, er lebt und arbeitet als Journalist und Autor mit dem Schwerpunkt Naturwissenschaften in der Marktgemeinde Lehnin. Unter www.naturejournalism.com stellt er sich vor.


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