Heisenberg-Professor wechselt ans Uni-Klinikum Erlangen

Veit Rothhammer
Nach Stationen in Düsseldorf und München sowie Auslandsaufenthalten in Straßburg, Toronto und Boston ist der gebürtige Unterfranke Veit Rothhammer dem Ruf ans Uni-Klinikum Erlangen und damit zurück in seine alte Heimat gefolgt. (Foto: Michael Rabenstein/Uni-Klinikum Erlangen)

Prof. Dr. Veit Rothhammer forscht zu Multipler Sklerose und entwickelt neue Therapieansätze für neuroimmunologische Erkrankungen

„Hervorragende Forschungsbedingungen, fächerübergreifende Vernetzung, Patientenversorgung auf höchstem Niveau in einer der größten neurologischen Kliniken Deutschlands“, zählt Prof. Dr. Veit Rothhammer einige der Gründe auf, warum er sich für einen Wechsel von München ans Universitätsklinikum Erlangen entschieden hat. Zum 1. September 2020 ist der 41-Jährige mit seiner Heisenberg-Professur für Neuroimmunologie in die Neurologische Klinik des Uni-Klinikums Erlangen umgezogen. Neben seiner umfassenden Expertise hatte Prof. Rothhammer auch mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie beachtliche Forschungsgelder im Gepäck.

Neuroimmunologische Erkrankungen wie die Multiple Sklerose (MS), die Myasthenie und inflammatorische Neuropathien sind sein klinischer, die Spätphase der MS sein wissenschaftlicher Schwerpunkt. „MS verläuft schubweise. Anfangs können wir unseren Patienten noch gut helfen. Indem bewährte Medikamente in der Frühphase richtig und rechtzeitig eingesetzt werden, lässt sich das Fortschreiten der Krankheit signifikant hinauszögern“, erläutert der Neurologe. „Ist die Spätphase allerdings erst einmal eingetreten, gibt es nur selten ein Zurück. Der Zustand der Betroffenen verschlechtert sich langsam, aber stetig. Über dieses Krankheitsstadium, für das es bisher nur sehr wenige wirksame Arzneimittel gibt, wissen wir noch viel zu wenig und können unsere Patienten deshalb in vielen Fällen nur symptomatisch behandeln. Hier möchte ich mit meiner Forschung etwas verändern!“

Dafür richtet Veit Rothhammer seinen Fokus insbesondere auf sogenannte Gliazellen: Gehirnzellen, von denen Ärztinnen und Ärzte sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bisher dachten, dass es sich nur um Stütz- und Hilfszellen im Zentralnervensystem handelt. Tatsächlich scheinen diese Zellen aber einen wesentlichen Anteil am Fortschreiten der Multiplen Sklerose zu haben.

„MS ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der Immunzellen fälschlicherweise Gehirnzellen angreifen“, erklärt Prof. Rothhammer. „Wir wissen, dass die Entzündungsherde im Gehirn Symptome verursachen, die nach und nach wieder abflauen; wir sprechen von Schüben.“ Was die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler allerdings noch nicht verstehen: In der Spätphase der Erkrankung kommt es zu keiner neuen Attacke, sondern Immunzellen, die zu früheren Zeitpunkten ins Gehirn eingewandert sind, interagieren mit Gliazellen und Neuronen und bedingen so den Untergang von Nervenzellen und Hüllstrukturen. Aber wie genau und warum? „Diese Vorgänge möchten wir durch unsere Arbeit besser verstehen, damit wir in Zukunft auch Spätphasen der MS behandeln können“, sagt Veit Rothhammer.

Vom Krankenbett ins Labor und wieder zurück

Im Moment leben in Deutschland schätzungsweise 220.000 bis 250.000 Menschen mit Multipler Sklerose. Die Ärzte und Pflegefachkräfte in der Neurologie des Uni-Klinikums Erlangen behandeln jährlich rund 2.000 Betroffene. „Unsere MS-Patienten begleiten wir oft über viele Jahre, teils Jahrzehnte“, weiß Prof. Rothhammer, der für die Spezialambulanz für Multiple Sklerose und Neuroimmunologie und das dazugehörige Labor verantwortlich ist.

„Eine große Klinik mit entsprechend vielen Patienten, wie hier in Erlangen, bietet ideale Voraussetzungen für eine Krankenversorgung auf höchstem Niveau. Die enge Zusammenarbeit mit unseren niedergelassenen Kollegen ist hierbei von zentraler Bedeutung, um jeden Patienten bestmöglich zu betreuen und maßgeschneiderte Behandlungsstrategien zu erarbeiten. Die enge Verzahnung zwischen Krankenversorgung und Wissenschaft ist darüber hinaus eine optimale Basis für die klinische und die experimentelle Forschung. Indem wir neue Erkenntnisse aus dem Labor ans Krankenbett übertragen, aber auch Erfahrungen von der Station und aus der Hochschulambulanz in die wissenschaftliche Arbeit einfließen lassen, können wir komplexe Fragestellungen umfassend bearbeiten und so innovative Therapieansätze entwickeln.“

Vorstellen und vernetzen

Zwar hat er in Erlangen bisher nie gelebt und gearbeitet, doch nicht alles ist neu für Prof. Rothhammer. Unter den neuen Kolleginnen und Kollegen sind einige alte Bekannte, mit denen er in der Vergangenheit schon in der Klinik und bei Forschungsprojekten zusammengearbeitet hat. „Im Moment führe ich trotzdem viele Gespräche, um mich vorzustellen, gemeinsame Ideen und Vorhaben zu entwickeln“, berichtet er. „Ich freue mich auf Kooperationen mit anderen Fachdisziplinen des Uni-Klinikums Erlangen – aber auch darüber hinaus. Dank der Nachbarschaft zur Universität ergeben sich weitere interessante Vernetzungsmöglichkeiten, beispielsweise mit Einrichtungen der Naturwissenschaftlichen Fakultät.“

Ungebremster Forscherdrang

Nach seinem Medizinstudium in Würzburg nahm Veit Rothhammer seine erste Stelle in Düsseldorf an. „Für die Neurologie hatte ich mich im Laufe des Studiums entschieden. An dem Fachgebiet gefällt mir insbesondere, dass man auf Basis der klinischen Untersuchung häufig schon vermuten kann, in welchem Bereich des Nervensystems das Problem besteht“, erläutert er und ergänzt: „Außerdem hat die Disziplin enormes Potenzial sowohl in der Klinik als auch in der Forschung. Es gibt so viele neurologische Krankheitsbilder, die wir noch nicht vollständig verstehen.“

Mit seinem Mentor Prof. Dr. Bernhard Hemmer wechselte Dr. Rothhammer von Düsseldorf nach München, wo er in dessen Arbeitsgruppe sowie in der Gruppe von Prof. Dr. Thomas Korn tätig war. 2014 ermöglichte ihm ein Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) einen vierjährigen Forschungsaufenthalt an der Harvard Medical School in Boston (USA) in der renommierten Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Francisco Quintana. Hier richtete Veit Rothhammer seinen Fokus erstmals intensiv auf die Gliazellen und ihre Rolle bei neuroimmunologischen Erkrankungen.

Zurück in München vertiefte Prof. Rothhammer seine Forschungsarbeit weiter und warb renommierte Fördermittel ein: darunter einen ERC Starting Grant des Europäischen Forschungsrats in Höhe von 1,5 Millionen Euro und ein Heisenberg-Stipendium der DFG. Außerdem ist er am DFG-Sonderforschungsbereich/Transregio 274 „Checkpoints in der Regeneration des zentralen Nervensystems“ beteiligt. Bleibt da noch Zeit für anderes? „Nicht viel“, lacht Veit Rothhammer, der in seiner Freizeit gerne klassische Literatur zur Hand nimmt. „Zum Ausgleich gehe ich joggen. Ich freue mich auf neue Laufrunden durch den Meilwald oder den Tennenloher Forst.“

Weitere Informationen

Prof. Dr. Veit Rothhammer
Tel.: 09131 85-33001
veit.rothhammer@uk-erlangen.de