Jeder Mensch ist kreativ!
Wie kann man Kreativität fördern? Und welchen Mehrwert schafft sie für Unternehmen?
Abends auf dem Sofa tauchen sie manchmal auf, die guten Einfälle. Es könnte auch unter der Dusche oder in der Badewanne sein, denn da entstehen laut einer Untersuchung der Akademie für kreatives Wissen die meisten Ideen. „Wenn wir entspannen, haben wir oft richtige Aha-Momente“, sagt Prof. Dr. Kai-Ingo Voigt. „Denn Kreativität ist nicht geradlinig, sondern ein sich ständig wiederholender, hochkomplexer Lernprozess.“ Die guten Einfälle kämen uns zwar recht spontan vor, doch die Gedanken entstünden nur auf Grund eines langen, meist unbewussten Prozesses der gedanklichen Vorbereitung.
Voigt muss es wissen, denn er ist Lehrstuhlinhaber für Industrielles Management an der FAU und forscht zusammen mit seinem Team im Bereich Innovations- und Technologiemanagement sowie Industrie 4.0 und New Work. Und sein Lieblingsthema ist Kreativität. „Dafür habe ich eine ganz besondere Leidenschaft entwickelt“, gesteht Voigt. „Ich bin nicht nur begeisterter Kunst- und Musikliebhaber, sondern auch davon überzeugt, dass kreatives Schaffen eine erfüllende Tätigkeit ist – und in der digitalisierten Arbeitswelt mittlerweile zu den wichtigsten Fähigkeiten der Beschäftigten zählt.“
Kreativität lässt sich trainieren
Aber was ist eigentlich Kreativität? „Wenn man etwas tut oder erschafft, was bisher noch keiner getan oder geschaffen hat“, sagt Oscar Pakos, einer von insgesamt vier wissenschaftlichen Mitarbeitern am Lehrstuhl von Professor Voigt, die sich mit dem Thema Kreativität beschäftigen. „Meist sprechen wir ja nur dann von Kreativität, wenn jemand gut malen oder Gedichte schreiben kann. Aber wir sind ständig kreativ. Zum Beispiel, wenn wir uns spontan eine Ausrede einfallen lassen, nach Gefühl kochen oder den nächsten Urlaub planen.“
Und – eine wichtige Erkenntnis, die sich in den letzten Jahren in der Kreativitätsforschung durchgesetzt hat – jeder Mensch kann kreativ sein und das auch trainieren. Das belegen die Untersuchungen des Lehrstuhls zum Kurs „Organizational Creativity“. In dieser Vorlesung mit Gastvortrag lernen die Studierenden zunächst die theoretischen Grundlagen der Kreativität kennen und wenden diese dann in einer parallelen Fallstudie an. Hier setzt der Lehrstuhl auf Kreativitätstraining – mit Erfolg: „Die Kreativität der Studierenden unserer Lehrveranstaltung steigt signifikant, wenn wir Trainings einsetzen, um die individuellen kreativen Fähigkeiten zu verbessern“, sagt Voigt.
Ein weiteres Ergebnis seiner Kreativitätsforschung ist: Kreativität ist eine gemeinschaftliche Tätigkeit, Zusammenarbeit und Austausch spielen eine zentrale Rolle im kreativen Prozess. Hier setzen die Forschenden auf Design Thinking und probierten das im letzten Semester mit 140 Studierenden aus.
Design Thinking zielt darauf ab, möglichst unterschiedliche Erfahrungen, Meinungen und Perspektiven hinsichtlich einer Problemstellung zusammenzubringen und sie für Innovationen zu nutzen. „Dieses Konzept zur kreativen Problemlösung liegt gerade im Trend – und wir wollten wissenschaftlich einschätzen, ob die Menschen damit tatsächlich zu kreativeren Lösungen kommen“, erklärt Voigt. „Und tatsächlich waren die Ideen, die beim Design Thinking entstanden sind, deutlich innovativer als andere Vorschläge, die wir mit einer traditionellen Methode entwickelt haben.“
Mehrwert für Unternehmen
Vor allem für Unternehmen, die neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln wollen, ist dieser Ansatz interessant. „Design Thinking ist am Menschen orientiert und stellt die Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen der Kundinnen und Kunden in den Mittelpunkt“, erläutert Voigt. „Und deshalb kommen immer mehr Unternehmen – wie die Teambank oder adidas – auf uns zu und entwickeln mit unseren Studierenden neue Ideen“.
Unterstützt wird die Kreativität im Unternehmen auch durch aktivitätsbasierte Arbeitsplätze. Hier der eigene Schreibtisch für konzentrierte Einzelarbeit, dort das Open-Space-Büro für Projektarbeit – und mittendrin der Kicker für die Pause zwischendurch. „Menschen wollen kreativ sein und bringen ihre Ideen gerne in die Arbeit ein“, erklärt Voigt. „Und in einer solchen Umgebung fällt das viel leichter.“
Das belegt die Auswertung von 40 Tiefeninterviews mit Unternehmen aus der Metropolregion, die bereits auf New-Work-Modelle setzen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind zufriedener, der Arbeitgeber ist attraktiver als vorher, die Kommunikation hat sich verbessert, der Weg zur Führungskraft ist kürzer, der Arbeitsstil lockerer – und die gesamte Art und Weise der Zusammenarbeit im Unternehmen deutlich kreativer.
Dieser Beitrag erschien zuerst im FAU-Magazin „alexander“. Sie können den alexander auch als PDF herunterladen. Gerne können Sie sich das Magazin auch kostenlos nach Hause oder an den Arbeitsplatz schicken lassen. Bitte füllen Sie dafür unser Abo-Formular aus.
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