Studieren in Zeiten von Corona
Studentin Lisa gibt einen Einblick in ihr Online-Semester
Das Coronavirus hat für viele den Alltag komplett auf den Kopf gestellt. Auch das Studieren läuft ganz anders als gewohnt, nämlich komplett online. Politikwissenschaftsstudentin Lisa Hildebrand gibt uns einen Einblick in ihr persönliches, digitales Sommersemester:
Seit über zwei Monaten befinden wir uns nun schon im Lockdown. Einkaufen und Spazieren gehen ist möglich – alles andere bitte von Zuhause aus oder gar nicht. Das gilt natürlich auch für die Uni. Da Präsenzveranstaltungen bis auf weiteres nicht stattfinden dürfen, wurden für die Lehre andere Mittel und Wege gefunden: Videovorlesungen, Seminare via Zoom und Live-Chat sind nun an der Tagesordnung. Damit hat sich natürlich auch mein studentischer Alltag komplett verändert. Wöchentliche Seminare und Vorlesungen, Sprechstunden und Referatsgruppenbesprechungen finden ab jetzt online statt.
Ab in den nächsten Zoom-Call
Auf Zoom werden die meisten meiner Seminare angeboten. Laptop aufgemacht, 11-stellige Nummer und Passwort eingegeben und los geht’s. Der Dozent lässt alle eintreten und das Seminar kann beginnen. An den Meetings nehmen mit mir durchschnittlich 15 bis 20 Teilnehmer und Teilnehmerinnen teil. In der Galerieansicht sind alle sichtbar und es kann immer nachvollzogen werden, wer gerade spricht. Mit der „blauen Hand“ kann man anzeigen, dass man etwas sagen möchte. Über die Funktion des Bildschirmteilens können Dozierende oder die referierenden Gruppen ganz einfach ihre eigenen Powerpoint-Folien mit den Kommilitonen teilen.
Auch die Gruppenarbeit ist via Zoom möglich. Die Dozentin oder der Dozent teilen die Gruppen ein und die Teilnehmenden werden dann in neue „Meetingräume“ geleitet. Ist die Gruppenarbeit zu Ende werden die Studierenden automatisch zurück in den Kurs geleitet. Alle notwendigen Voraussetzungen für ein Präsensseminar sind also gegeben – jeder kann jeden sehen und hören, jeder kann sich beteiligen und es können sogar Referate in üblicher Form gehalten werden. Jetzt muss nur noch die Internetverbindung standhalten und der richtige Platz zum Arbeiten gefunden werden. So weit so gut.
Stressfrei von Zuhause – wenn die Leitung mitmacht
Ein absolutes Pro dieser Art von Online-Lehre ist für mich, dass es zeitsparend und super entspannt ist. Habe ich mehrere Kurse hintereinander, muss ich nicht von einem Ort zum anderen laufen, sondern kann zwischen den Kursen alles tun, wonach mir der Sinn steht. Das kann den Alltag um einiges stressfreier machen. Wenn ich morgens um acht ein Seminar habe, dann reicht es, wenn ich zehn Minuten vor Beginn aufstehe. Und wenn ich einen Berg Wäsche zu waschen habe, dann kann ich das in der halben Stunde zwischen den Kursen erledigen. Ich muss nicht in Erlangen sein und kann trotzdem am Seminar teilnehmen. Das gibt viel Freiraum.
Ein weiterer Pluspunkt ist für mich die Ruhe, die ich an meinem eigenen Arbeitsplatz haben kann. Sollten sich Studierende zum Seminar verspäten, dann fällt es jetzt kaum noch auf. Der Meeting-Host fügt die noch fehlenden Personen einfach lautlos hinzu und es findet keine Unterbrechung statt, da sich die neu Hinzugekommenen nicht erst einen Platz suchen, sich aus ihren Jacken schälen und nach ihren Unterlagen kramen müssen.
Außerdem ist es einfacher, sich zuhause eine Atmosphäre zu schaffen, in der man sich wohlfühlt. Ist mir kalt, drehe ich die Heizung hoch, ist mir warm, öffne ich das Fenster. Bin ich durstig, hole ich mir schnell ein Glas Wasser aus der Küche und wenn ich auf die Toilette gehen möchte, dann gehe ich für die anderen geräuschlos ins Bad. Niemand muss sich von jemand anderem gestört fühlen.
Live-Chat mit dem Kurs
Eines meiner Seminare wird im Live-Chat-Format angeboten. Wir „treffen“ uns zu dem Termin des Kurses im StudOn-Forum und führen dort eine schriftliche Konversation über eineinhalb Stunden. Ein großer Vorteil: Das Seminar wird schriftlich festgehalten. Sollte ich die Sitzung verpasst haben oder einfach nochmal nachschauen wollen, was besprochen wurde, kann ich dies jederzeit nachlesen.
Ein Problem hier ist allerdings, dass man nicht sehen kann, ob gerade jemand schreibt und die Antworten auf Fragen kommen teilweise versetzt. So schreiben entweder drei Personen genau das Gleiche oder es werden noch Antworten und Kommentare zu vorherigen Themen abgeschickt. Das kann für Verwirrungen sorgen. Meistens kann man die Texte jedoch zuordnen.
Die gute alte Videoaufzeichnung
Und dann gibt es noch eine dritte Online-Form, die an einigen anderen Fakultäten schon längst gang und gäbe ist, aber an der Philosophischen Fakultät und Fachbereich Theologie bisher eher selten bis nie vorgekommen ist: Dozierende nehmen ihre jeweiligen Vorlesungen einfach auf. Das ist einfach und effizient. Wir Studierende können uns das Video und Material zur Vorlesung jederzeit anschauen, keine Bindung an Ort und Zeit, und wenn es Fragen gibt, dann werden diese im StudOn-Forum oder im nächsten Video beantwortet.
Nicht nur positive Seiten
So gut die Online-Lehre auch funktioniert, so gibt es eben doch auch einige Nachteile: Erstens steht und fällt alles mit der Internetverbindung. Zwar habe ich selbst bis jetzt noch kein Problem mit dem W-Lan gehabt, weiß aber von einigen meiner Kommilitoninnen und Kommilitonen, dass es manchmal zu Störungen und gar zum kompletten Abbruch der Seminarsitzung kommt.
Außerdem fehlt mir die Bewegung. Natürlich kann ich nach wie vor draußen Sport machen oder spazieren gehen. Doch die fehlende alltägliche Bewegung kann auch ganz schnell träge und lustlos machen.
Zu guter Letzt sei der für mich und wahrscheinlich auch für viele andere schwerwiegendste Punkt zu nennen: Die Onlinelehre kann sozialen Kontakte und das Studentenleben in keiner Weise ersetzen. Die Zeit des Studiums besteht nicht nur aus Vorlesungen und Seminaren, sondern eben auch aus dem Kaffee nach dem Seminar mit Freunden, dem Mittagessen in der Mensa, studentischen Veranstaltungen, Parties etc. Und deshalb sei zu hoffen, dass dieses das erste und auch letzte Semester dieser Art bleibt.
Wer Probleme bei der Online-Lehre hat, kann sich jederzeit bei seinen Dozentinnen und Dozenten melden. Auch unter corona-informationen@fau.de gibt es Hilfe. Und natürlich hilft auch die Studierendenvertretung, die sogar einen Online-Kummerkasten eingerichtet hat.
Alle Infos zum Studieren während der Corona-Pandemie gibt es auf den Corona-Infoseiten.
Auch die Studierendenberatung ist selbstverständlich weiterhin erreichbar, per E-Mail und telefonisch.