Expertengruppe: „Die Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie tragfähig gestalten“

Porträts Prof. Grimm und Prof. Abele-Brehm
Prof. Dr. Veronika Grimm (links) und Prof. Dr. Andrea Abele-Brehm. (Bilder: FAU/Giulia Iannicelli (Grimm)/Sabrine Redlich (Abele-Brehm)

Prof. Abele-Brehm und Prof. Grimm veröffentlichen mit Expertengruppe Empfehlungen für einen Stufenplan für die Zeit nach dem Shutdown

Die geltenden Beschränkungen in Gesellschaft und Wirtschaft allmählich zu lockern und dabei die medizinische Versorgung der gesamten Bevölkerung zu sichern – dafür plädiert jetzt eine interdisziplinäre Gruppe renommierter Wissenschaftler. In ihrem Positionspapier zeigen die Forscher um ifo-Präsident Clemens Fuest und Martin Lohse, Präsident der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, Wege zu diesem Ziel auf.

Die Strategie sieht vor, derzeitige Einschränkungen differenziert und unter kontinuierlicher Abwägung der Risiken nach und nach zu lockern. Priorität haben dabei Beschränkungen, die hohe wirtschaftliche Kosten verursachen oder zu starken sozialen und gesundheitlichen Belastungen führen. Regionen mit niedrigen Infektionsraten und freien Kapazitäten im Gesundheitssystem könnten, so der Vorschlag der 14 Experten aus deutschen Universitäten und Forschungsinstituten, beim allmählichen Neubeginn vorangehen. Beginnen sollten zudem Sektoren mit niedriger Ansteckungsgefahr wie zum Beispiel hochautomatisierte Fabriken sowie Bereiche mit weniger gefährdeten Personen, etwa in Schulen.

„Die aktuellen Beschränkungen sind notwendig und gut, um die unkontrollierte Ausbreitung der Pandemie zu verhindern. Die Pandemie wird uns aber noch lange Zeit beschäftigen. Die Maßnahmen müssen daher mittelfristig so angepasst werden, dass sie sich auch über die erforderlichen Zeiträume durchhalten lassen“, sagt Veronika Grimm, Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftstheorie der FAU. „Die Zeit des Shutdowns sollte genutzt werden, um zielgerichtet Anpassungen der Maßnahmen zu konzipieren und vorzubereiten – denn mittelfristig müssen Gesundheitsschutz und Wiederaufnahme gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Aktivitäten nicht im Widerspruch stehen.“

„Wir dürfen die Menschen, die zuhause vielfältigen Belastungen ausgesetzt sind (Gesundheitssorgen, Geldsorgen, Zusammenleben auf engem Raum, etc.), nicht überfordern, denn sonst sind psychische Folgeschäden (Aggression, Gewalt, Depressionen), aber auch die Zunahme sozialer Ungleichheit unausweichlich. Wir brauchen in diesem Zusammenhang ausreichend Beratungs- und psychotherapeutische Angebote“, sagt die Sozialpsychologin Abele-Brehm. „Die Menschen brauchen Perspektiven für den schrittweisen Ausstieg von den derzeitigen Beschränkungen.“

Wichtig seien jetzt großflächige Tests, um zuverlässigere Erkenntnisse über die Ausbreitung des Erregers zu erhalten, schreiben die Wissenschaftler aus den Bereichen Innere Medizin, Infektionsforschung, Pharmakologie, Epidemiologie, Ökonomie, Verfassungsrecht, Psychologie und Ethik. Auch die Sicherung der Produktion von Schutzkleidung, Schutzmasken, Medikamenten und künftiger Impfstoffe zähle zu den vordringlichen Maßnahmen. Weiterhin empfehlen die Wissenschaftler, neue Kapazitäten zur Bewältigung der sozialen und psychischen Folgeschäden der aktuellen Maßnahmen zu schaffen.

Die Stellungnahme gibt es auf der Webseite des ifo-Instituts zum Download.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Veronika Grimm
Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftstheorie
veronika.grimm@fau.de

Prof. Dr. Andrea Abele-Brehm
Senior Fellow of Psychology, FAU
andrea.abele-brehm@fau.de