Bänder und Sehnen besser mit einem Bio-Gerüst reparieren

Sehnengerüst
Muskelvorläuferzellen vier Tage nach Besiedlung des Hydrogel-Sehnenmaterials: Die Zellen (rot: Zytoskelett der Zellen; gelb: Zellkerne) haben das Sehnenmaterial umwachsen – in der 3D-Aufnahme links liegt es noch an wenigen Stellen frei (grün). Im Gewebeschnitt rechts sind die Fasern als Unterbrechung der roten Zellskelettmatrix in grau zu erkennen (beispielsweise in der Bildmitte); Zellkerne sind als gelbgrüne Punkte zu erkennen. (Bild: FAU/MBT)

Neues synthetisches Material könnte helfen, verletzte Sehnen und Bänder zu heilen

Beim Fußballspielen gestürzt, beim Skifahren das Knie verdreht, beim Wandern umgeknickt – Sehnen- und Bänderrisse treten besonders häufig bei sportlichen Aktivitäten auf. Bis alles wieder verheilt ist, müssen sich die Betroffenen zuweilen in Geduld üben. Ein internationales Forscherteam, an dem die FAU beteiligt ist, hat nun ein synthetisches Material entwickelt und getestet, das die Regeneration verletzter Sehnen und Bänder unterstützt. Das gemeinsam mit Forscherinnen und Forschern der University of Sydney und der Columbia University untersuchte Biomaterial ahmt dabei menschliches Sehnen- und Bandgewebe nach und hat die Fähigkeit, es sogar zu ersetzen. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift ACS Biomaterials Science & Engineering veröffentlicht.

„Weltweit besteht ein großer klinischer Bedarf an der Entwicklung leicht verfügbarer, handelsüblicher und mechanisch starker synthetischer Sehnengerüste “, erklärt die Leiterin der Studie, Professorin Hala Zreiqat von der University of Sydney. Die Forscherinnen und Forscher setzen dabei auf neuartige, faserverstärkte Hydrogelgerüste, die das menschliche Sehnen- und Bandgewebe nachahmen und ersetzen können. Doch das ist gar nicht so einfach, da es sich bei Sehnen und Bändern um komplexe Gewebestrukturen handelt, die aus komplizierten Verflechtungen stabiler Faserproteine und dennoch zu 70 Prozent aus Wasser bestehen. Im Körper haben sie die wichtige Aufgabe, Knochen mit Muskeln zu verbinden – und machen so Bewegungen überhaupt erst möglich. Da sie allerdings nur wenige Blutgefäße, Nerven und Lymphgefäße umfassen, besitzen Sehnen eine schlechte Fähigkeit zur Regeneration nach Verletzung, was Heilungen in die Länge zieht.

„Das Besondere an Prof. Zreiqats Ansatz ist, dass durch das gezielte Einbringen von anorganischen Metall-Ionenkomplexen in das Material anscheinend die Affinität von Vorläuferzellen zur Regeneration gezielt entweder in Richtung Knochen oder Muskelgewebe gesteuert werden kann“, erklärt Prof. Dr. Dr. Oliver Friedrich, der an der FAU den Lehrstuhl für Medizinische Biotechnologie leitet. Er entwickelt und wendet dort mit der Arbeitsgruppe Opto-Biomechatronik Technologien rund um die Muskelforschung an. „In unserem Teil der Arbeit konnten wir durch Besiedlung des sehnenähnlichen Biomaterials mit Muskel-Vorläuferzellen unter Anwendung modernster Multiphotonen-Bildgebung beobachten, dass sich Muskelzellen nur in den Bereichen ohne Metall-Ionenkomplexen verankern und wachsen. Die anderen Kooperationspartner konnten hingegen auf den Metall-Ionen Bereichen eher das Anwachsen von Knochenzellen dokumentieren.“

Dank des neuartigen Materials kann die mechanische Funktion von verletzten Sehnen und Bändern schneller wiederhergestellt werden und das Wachstum von Kollagengewebe wird unterstützt. Der Clou wäre dabei, durch differentielle Beschichtung eines Endes des Materials mit und des anderen Endes ohne Metall-Ionenkomplexen gezielt das Einwachsen des Materials in die Knochen-Muskel-Schnittstelle zu steuern. Bisher ist bei einer konservativen Behandlung mit Schienen, die die Bewegung stark einschränken, in der Regel eine lange Rehabilitation nötig.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen als nächstes untersuchen, wie sich das synthetische Gerüst im Langzeiteinsatz verhält, wie es sich in umliegendes Gewebe integriert und wie es sich auf die Biomechanik von Bewegungen auswirkt. Die Opto-Biomechatronik „made at FAU“ wird hierzu entscheidende Beiträge leisten können.

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Dr. Oliver Friedrich
Lehrstuhl für Medizinische Biotechnologie
Tel.: 09131/85-23174

www.mbt.tf.fau.de
oliver.friedrich@fau.de