Noch mehr Expertise für die FAU

Ein Mann sitzt auf einem Hocker und lächelt in die Kamera.
FAU-Alumnus Roland Busch, Vorsitzender des Universitätsrats und Vorstandsvorsitzender von Siemens, im Interview. (Bild: Siemens AG)

FAU-Alumnus Dr. Roland Busch, CEO der Siemens AG, im Interview

Update Februar 2021: Seit dem 3. Februar ist Dr. Roland Busch Vorstandsvorsitzender der Siemens AG. Wir gratulieren recht herzlich und wünschen Dr. Busch viel Erfolg bei der Führung eines der erfolgreichsten Unternehmen Deutschlands.


Seit Dezember 2019 ist FAU-Alumnus Dr. Roland Busch, CEO der Siemens AG, Vorsitzender des Universitätsrats. Er studierte an der FAU und an der Universität Grenoble Physik. Der berufliche Einstieg erfolgte 1994 bei der Siemens AG, Zentralabteilung Forschung und Entwicklung als Projektleiter, bevor er 1995 in den Bereich Automobiltechnik, Strategische Planung, wechselte. Nach weiteren Aufgaben, unter anderem der Leitung der Konzernstrategie, wurde Roland Busch 2011 in den Vorstand der Siemens AG berufen. Aufgrund seiner vielfältigen Erfahrung in einem internationalen Großkonzern ist er ein guter Ratgeber für die FAU. Mit welchen Themen er sich an der FAU und bei der Siemens AG beschäftigt, erzählt er im Interview.

Sie haben an der FAU studiert und auch promoviert und sind nun neuer Vorsitzender des Universitätsrats. Was bedeutet das Amt für Sie?

Ich bin im Dezember einstimmig zum Vorsitzenden des Universitätsrats gewählt worden. Das hat mich sehr gefreut, da mich mit der FAU eine besondere Beziehung verbindet. Dass ich nun quasi den Aufsichtsrat der FAU leite, empfinde ich als große Ehre.

Inwiefern profitiert die FAU durch Ihre Expertise in einem internationalen Großkonzern?

Ähnlich wie bei Siemens hat auch eine Universität große Herausforderungen zu meistern, wie beispielsweise die Digitalisierung von Forschung, Lehre und Verwaltung. Das möchte ich gerne aktiv mitgestalten. Da kann ich meine praktische Erfahrung einbringen, weil ich seit Jahren die digitale Transformation des Unternehmens vorantreibe. Für die digital geprägte Welt brauchen Arbeitskräfte ganz andere Qualifikationen und die erwerben sie an Universitäten wie der FAU. Ein weiterer Punkt: Ich kann eine Brücke bauen zwischen Grundlagenforschung und den Anwendungen, an denen Universitäten gemeinsam mit Unternehmen forschen, um daraus marktfähige Lösungen zu entwickeln.

Womit beschäftigen Sie sich als Vorsitzender des Universitätsrats?

Wichtig ist mir generell, die FAU im internationalen Wettbewerb noch stärker und erfolgreicher zu positionieren. Die Frage ist, wie bekommt die FAU richtig gute Spitzenwissenschaftlerinnen und Spitzenwissenschaftler aus aller Welt und wie schafft es die Universität, künftig noch interdisziplinärer und schlagkräftiger zu forschen und zu lehren. Dass das REUTERS-Ranking die FAU als zweitinnovativste Universität Europas ausgezeichnet hat, ist eine tolle Leistung, aber das muss natürlich laufend unter Beweis gestellt werden.

Und mit welchen Themen setzen Sie sich als stellvertretender Vorstandtsvorsitzender von Siemens auseinander?

Siemens macht gerade den größten Wandel in seiner Geschichte durch. Wir bringen unser Energiegeschäft als eigenes Unternehmen an die Börse, wo auch schon unser Geschäft mit der Medizintechnik sehr erfolgreich unterwegs ist. Künftig haben wir drei unabhängige Unternehmen mit Siemens im Namen, die die Transformation in ihren Märkten gestalten und ihre Kunden schneller und flexibler bei ihren Herausforderungen unterstützen können. Letztlich profitiert davon die Gesellschaft. Ich glaube, dass uns die Verbindung der realen mit der digitalen Welt im Zusammenspiel mit Technik im Bereich Internet of Things – kurz IoT – das nächste Zeitalter von Wachstum und Innovationen bringen wird. Diese Kombination ermöglicht höhere Effizienz, weniger Energieverbrauch, kürzere Reisezeiten, bessere Gesundheitsversorgung sowie smarte Gebäude und Fabriken.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen den Schwerpunkten der FAU und Siemens?

Sehr viele. Bleiben wir beim Thema IoT. Bei Siemens haben wir 14 Zukunftstechnologien identifiziert, bei denen wir weltweit an der Spitze sein wollen, weil sie für uns und unsere Kunden eine Schlüsselrolle für den Erfolg einnehmen. Viele davon sind für IoT sehr wichtig, beispielsweise Künstliche Intelligenz und Datenanalytik, Simulation und digitale Zwillinge, Cybersecurity, Zukunft der Automatisierung, Leistungselektronik, autonome Systeme oder Softwaresysteme und Blockchain-Anwendungen. Es geht aber auch um additive Fertigung, Materialien oder Speichertechnologien. Die FAU ist als strategischer Partner besonders wichtig. Ein schönes Beispiel ist das Thema grüne Kraftstoffe. Ein Team von uns und Professor Wasserscheid von der FAU hat einen Prozess erfunden, der besonders effektiv aus Wasserstoff und Kohlendioxid den Kraftstoff Methanol gewinnt. Dafür wurden die Forscherin und drei Forscher im vergangenen November als Erfinder des Jahres in der Kategorie Open Innovation ausgezeichnet.

KI ist auch für die FAU ein Top-Thema. Wie beurteilen Sie hier die Stellung der FAU?

Die FAU hat ja in der KI-Forschung eine lange Geschichte. Bei der medizinischen Bildanalyse sind bereits sehr früh KI-Technologien eingeflossen. Wovon übrigens auch Siemens Healthineers profitiert hat. Die FAU hat bei KI einen soliden Fußabdruck – auch bei Aspekten der KI, die oft etwas stiefmütterlich behandelt werden, wie zum Beispiel den ethischen Aspekten. Und mit der Bayerischen HighTech Agenda soll es weitere KI-Professuren für die FAU geben. Da Länder wie USA und China sehr viel mehr Geld für KI-Anwendungen vor allem im Konsumerbereich investieren, müssen wir uns in Europa auf die Anwendungen fokussieren, wo wir mit unserer traditionell von Maschinenbau und Elektrotechnik geprägten Industrie punkten können.

Inwiefern hat Sie die Zeit an der FAU für Ihr Berufsleben geprägt?

Ich habe Physik studiert – und die Wahl des Fachs hat mich vermutlich stärker geprägt als der Studienort. Es war eine intensive Zeit und ich erinnere mich gerne daran. Im Studium habe ich viele Dinge gelernt, die mir in meinem Berufsleben sehr geholfen haben: Analytisches Denken, komplexe Fragestellungen auf das Wesentliche zu reduzieren, Zusammenhänge zu erkennen und deren Mechanismen zu begreifen, organisiert und im Team zu arbeiten und vieles mehr. Meine Promotion, in der ich über Hochtemperatursupraleiter geforscht habe, entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen der FAU und Siemens. Ich hatte das große Glück einer hervorragenden Betreuung von beiden Seiten. Die Leidenschaft, Dingen auf den Grund zu gehen, habe ich mir bis heute erhalten. Aus diesen Jahren habe ich aber auch mitgenommen, welch große Bedeutung Universitäten und Forschungseinrichtungen als integraler Bestandteil unseres Innovations-Ökosystems haben.

Vielen Dank für das Interview!