Let’s talk about Human Rights!
Ein Gespräch mit Prof. Dr. Patricia Wiater und Jurastudent Darius Hashemolhosseini.
Didaktisches Neuland betreten – das macht Prof. Dr. Patricia Wiater, Professur für Öffentliches Recht, insbesondere Grund- und Menschenrechtsschutz, mit den „Human Rights Talks“. Studierende können sich intensiv mit dem Thema Menschenrechte beschäftigen.
Wie kamen Sie auf die Idee, die Diskussionsrunden zu veranstalten?
Wiater: Im Jurastudium ist die Bedeutung des Staatsexamens überragend groß. Die Studierenden wissen von Anfang an, dass die Examensnote für ihre berufliche Praxis eine entscheidende Rolle spielt. Sich die Regeln der korrekten Gesetzesanwendung anzueignen, ist schon eine Herausforderung. Oftmals hat das aber leider zur Folge, dass spannende Seitenblicke auf das Recht zu kurz kommen.
Meine Absicht ist es, mehr Perspektiven zu eröffnen und die Studierende dafür zu sensibilisieren, dass das jeweils geltende Recht nur eine mögliche Regelungsform ist, die aus verschiedenen (praktischen) Perspektiven unterschiedlich bewertet werden. Sie sollen sich kritisch zu rechtspolitischen Fragen positionieren können.
Die Menschenrechte sind hierfür ein idealer Anwendungsfall. Die Human Rights Talks sollen Einblicke geben, die über den Gesetzestext hinaus in die Praxis reichen.
Über welche Fragestellungen und Themen diskutieren Sie in den Human Rights Talks?
Hashemolhosseini: Im letzten Semester haben wir uns mit dem Thema „Freedom of Press in Africa, Europe and the Americas“ beschäftigt. Es ist spannend zu sehen, dass die Menschenrechtsgarantien in Europa, Amerika und Afrika unterschiedlich formuliert sind – aufgrund der politischen Hintergründe und weil die Systeme andere Entwicklungen hinter sich haben. Trotzdem sind die regionalen Menschenrechts-Gerichtshöfe bemüht, einen weltweit einheitlichen Menschenrechtsschutz zu gewährleisten.
Wiater: Wir beschäftigen uns dieses Semester mit der Menschenrechtsverantwortung von Unternehmen in globalen Lieferketten. Es geht darum, ob in Deutschland ansässige Unternehmen für Verstöße, die im Ausland passieren, haftbar gemacht werden können und wie eine unternehmerische Verantwortung ausgestaltet sein könnte. Hierbei betrachten wir die Unternehmensperspektive auf der einen Seite und das politische Ziel des internationalen Menschenrechtsschutzes auf der anderen.
Wer war bereits an den Talks beteiligt?
Hashemolhosseini: An den Talks im Sommersemester waren der Präsident des Afrikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte und Rechte der Völker, der Legal Advisor des Präsidenten des Inter-Amerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte beteiligt. Die beiden wurden virtuell zugeschaltet. Der britische Richter des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist zu uns nach Erlangen gekommen. Letzterer blieb den ganzen Tag, weil ihn die Diskussion mit uns Teilnehmern und mit seinen Kollegen aus den anderen Gerichtshöfen sehr interessiert hat.
Wiater: In diesem Semester haben wir ein breites Spektrum an Perspektiven: Wir treffen uns mit Vertretern der Bayerischen Textil- und Autoindustrie sowie mit einem Großkanzleianwalt in München und reisen schließlich nach Berlin. Dort können wir mit einer Menschenrechts-NGO und schließlich auch mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages diskutieren.
Beschreiben Sie den Ablauf der Sitzungen.
Wiater: Zunächst treffe ich mich mit den Studierenden im Rahmen von ganztätigen Workshops, um mit ihnen die Thematik des jeweiligen Talks zu erarbeiten. Nachdem ich eine Einführung gegeben habe, organisieren sich die Teilnehmenden in kleineren Gruppen und entscheiden selbst über die thematischen Schwerpunkte. Ich stehe natürlich die ganze Zeit als Expertin für Rückfragen und Diskussionen zur Verfügung und achte darauf, dass methodisch korrekt gearbeitet wird – etwa, wenn es darum geht, ein Urteil zu analysieren. Gemeinsam erarbeiten wir mögliche Fragen für den Praxisdialog. Der folgt als „Krönung“ am Schluss.
Weitere Videos der Veranstaltung finden Sie auf dem Videoportal der FAU.
An was werden Sie sich noch lange erinnern?
Hashemolhosseini: Es war ein Highlight, internationale Richter auf Augenhöhe zu treffen und ihr Interesse an unserer Einschätzung wahrzunehmen. Es ist spannend, sich mit jemandem auszutauschen, der so viel Erfahrung hat. Natürlich können wir damit noch nicht aufwarten, haben uns aber tief eingearbeitet und können eine neue Sicht auf aktuelle Herausforderungen bieten. Das macht den Austausch für beide Seiten bereichernd.
Wer darf an den Talks teilnehmen?
Wiater: Jeder kann teilnehmen. Im letzten Semester waren Studierende des Masterstudiengangs Human Rights dabei, die eine große Bereicherung waren, weil sie Regionen der Welt repräsentiert und ihr Fachwissen aus fremden Rechtssystemen mitgebracht haben.
Hashemolhosseini: Es gab eine große Vielfalt – von Promovierenden bis zu Studierenden im 3. Semester.
Warum lohnt sich die Teilnahme?
Hashemolhosseini: Wer Menschenrechte interessant findet, kann sich bei den Human Rights Talks tiefgehend damit beschäftigen. Studierende haben die Chance auf einen Austausch, aus dem sie auch methodisch viel mitnehmen. Dadurch, dass die Themen variieren und hochaktuell sind, lohnt es sich, sich mehrmals zu bewerben.
Dieser Beitrag erschien zuerst im FAU-Magazin „alexander“. Sie können den alexander auch als PDF herunterladen. Gerne können Sie sich das Magazin auch kostenlos nach Hause oder an den Arbeitsplatz schicken lassen. Bitte füllen Sie dafür unser Abo-Formular aus.
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