Gegen Widerstände Benachteiligung abbauen
Ein Interview mit der Frauenbeauftragten der FAU Prof. Dr. Annette Keilhauer
An der FAU gibt es seit 30 Jahren das Amt der Frauenbeauftragten. Im Interview erzählt die aktuelle Amtsinhaberin, Prof. Dr. Annette Keilhauer, womit ihre Vorgängerinnen zu kämpfen hatten, was erreicht wurde und was es noch zu erreichen gilt.
Frau Professorin Keilhauer, was sind die konkreten Aufgaben der Frauenbeauftragten?
Die Frauenbeauftragten sollen auf die Vermeidung von Nachteilen für Wissenschaftlerinnen, weibliche Lehrpersonen und Studierende achten und die Hochschule bei der Durchsetzung der Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern unterstützen. Das bedeutet konkret, dass Frauenbeauftragte in allen universitären Gremien von den Departmentvorständen bis zum Senat und der Universitätsleitung, diesen Auftrag in Erinnerung rufen und bei allen zu treffenden Entscheidungen mitdenken. Zentral ist dabei, den Frauenanteil zu erhöhen. Personalentscheidungen und insbesondere die Arbeit in Berufungskommissionen sind deshalb ein Hauptaufgabenfeld der Frauenbeauftragten. Darüber hinaus sind Frauenbeauftragte auch Ansprechpartnerinnen für individuelle Beratung, etwa bei konkreter Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder bei sexueller Belästigung.
Warum wurde das Amt eingerichtet?
In der Folge der Frauenbewegung der 1970er-Jahre schärfte sich das Bewusstsein über den extrem geringen Frauenanteil in der Wissenschaft. Im Jahr 1985 ratifizierte die Bundesrepublik die Frauenrechtskonvention der UN und bereitete damit den Weg, das Amt der Frauenbeauftragten gesetzlich zu verankern. Als an der FAU 1989 Frau Prof. Dr. Renate Wittern-Sterzel zur ersten Universitätsfrauenbeauftragten ernannt wurde, gab es unter den 442 Professuren nur 13 Frauen. Aber auch im Mittelbau war in vielen Fächern der Frauenanteil noch recht niedrig. Eine der ersten wichtigen Aufgaben der Frauenbeauftragten war es damals übrigens, überhaupt einmal eine statistische Aufstellung zur Geschlechterverteilung in den verschiedenen Besoldungs- und Qualifikationsstufen einzufordern und auszuwerten, um die Probleme zu objektivieren.
Es gab sicherlich Widerstände. Welche waren das?
Konservative Beharrungskräfte sahen keine Notwendigkeit, ein solches Amt einzusetzen, und nicht umsonst war Bayern eher spät dran mit der gesetzlichen Verankerung der Frauenbeauftragten an Hochschulen. Zu Beginn schlug den Frauenbeauftragten oft Unverständnis und auch Feindseligkeit entgegen oder ihr Amt wurde lächerlich gemacht. Dass sie in wichtige Entscheidungsgremien aufgenommen wurden und dort bald auch Stimmrecht bekamen, behagte nicht jedem.
Welche Widerstände begegnen Ihnen heute immer noch?
Grundsätzlich ist es wichtig, bei der Personalauswahl möglichst objektiv vorzugehen – das ist heute Konsens auf allen Ebenen. Was allerdings immer noch unterschätzt wird, sind unbewusst wirkende einseitige Geschlechterstereotype, die bei Personalentscheidungen eine Rolle spielen können, wenn wir uns nicht bewusst mit ihnen auseinandersetzen. Gerade, aber nicht nur, in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern wird immer noch eine vermeintlich objektive Beurteilung von Leistungen mithilfe etwa quantitativer Leistungskriterien beschworen, die die Gefahr einseitiger Wahrnehmung ausblendet.
Es wurde auch einiges erreicht. Welche Errungenschaften gibt es zu berichten?
Die Notwendigkeit, auf Chancengleichheit zu achten, wird heute in den universitären Gremien deutlicher wahrgenommen. Auch wird auf eine ausgeglichenere Geschlechterverteilung bei der Besetzung von Gremien geachtet. Dass die Gleichstellung jetzt auch auf der Führungsebene ernst genommen wird, zeigt zuletzt die Aufnahme der Universitätsfrauenbeauftragten als beratendes Mitglied in die Universitätsleitung. Eine familiengerechte Hochschule zu entwickeln, war ein zentrales Anliegen der ersten Frauenbeauftragten, und wird heute durch einen gut etablierten Familienservice unterstützt, der aus der FAU nicht mehr wegzudenken ist. Den Frauenanteil auf der Ebene der Promotion zu erhöhen, ist in den meisten Fächern sehr gut gelungen, und auch bei den Habilitationen steigt der Frauenanteil stetig, was die positive Wirkung der spezifischen Frauenfördermaßnahmen auf diesen Qualifikationsebenen belegt.
Was muss noch getan werden?
Mit einem Frauenanteil von 19,4 Prozent unter den Professuren können wir uns nicht zufriedengeben. Im deutschland- und europaweiten Vergleich steht die FAU damit schlecht da. Besonders niedrig ist der Frauenanteil bei den Professuren immer noch in naturwissenschaftlichen und technischen Fächern, aber auch in der Medizin. Zugleich sollten dem wissenschaftlichen Nachwuchs bessere Beschäftigungs- und Entwicklungsperspektiven geboten werden, etwa im Rahmen von Tenure Track-Verfahren, aber auch durch stabilere Mittelbaustellen mit längerfristigen Verträgen. Schließlich bleibt in unserer weiterhin stark von Hierarchien und extremen Abhängigkeitsverhältnissen geprägten Wissenschaftskultur der Bereich sexuelle Belästigung und allgemein Antidiskriminierung wichtig.
Was möchten Sie jungen Wissenschaftlerinnen gerne sagen?
Treten Sie selbstbewusst in das wissenschaftliche Feld ein, nutzen Sie Beratungs- und Fördermöglichkeiten und perfektionieren Sie nicht nur ihre fachliche Exzellenz, sondern präsentieren Sie sie auch offensiv. Nicht unterschätzen sollten Sie auch die Bedeutung der frühzeitigen und aktiven Etablierung und Pflege von fachlichen Netzwerken auf nationaler und internationaler Ebene, die für die Akzeptanz in der scientific community heute zentral sind.
Chronik 30 Jahre Frauenbeauftragte an der FAU
Zum Jubiläum erschienen: Die Chronik zu 30 Jahre Frauenbeauftragte an der FAU. Sie ist kostenfrei online abrufbar.
Chronik 30 Jahre Frauenbeauftragte an der FAUDieser Beitrag erschien zuerst im FAU-Magazin „alexander“. Sie können den alexander auch als PDF herunterladen. Gerne können Sie sich das Magazin auch kostenlos nach Hause oder an den Arbeitsplatz schicken lassen. Bitte füllen Sie dafür unser Abo-Formular aus.
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