In Fraunhofer-Institutsleitungen berufen

Prof. Dr. Andrea Büttner und Prof. Alexander Martin
Zum ersten November werden Prof. Dr. Andrea Büttner und Prof. Dr. Alexander Martin in Fraunhofer-Institutsleitungen berufen. (Bild: Fraunhofer IVV / Andreas Hackl und Fraunhofer IIS / Paul Pulkert)

Prof. Andrea Büttner und Prof. Alexander Martin ab November in Institutsleitungen

Zum ersten November werden Prof. Dr. Andrea Büttner und Prof. Dr. Alexander Martin als Fraunhofer-Institutsleitungen berufen. Prof. Büttner, Inhaberin des Lehrstuhls für Aroma- und Geruchsforschung, übernimmt die Position als Institutsleiterin des Fraunhofer-Instituts für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV in Freising, und Prof. Martin, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsmathematik, wird Mitglied der Institutsleitung am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS. Beide behalten die Lehrstuhlleitung an der FAU.

Sensorische Wissenschaft

Im Zentrum ihrer Forschung stehen unsere Sinne: Prof. Dr. Andrea Büttner hat seit 2017 den neu geschaffenen Lehrstuhl für Aroma- und Geruchsforschung inne. Bereits 2007 etablierte sie ein Forschungsteam zur chemischen Sinnesforschung an der FAU, zunächst gefördert im Rahmen einer Nachwuchsforschergruppe des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Im Jahr 2012 erhielt sie den Ruf auf die W2-Professur für Aromaforschung. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit an der FAU liegt insbesondere auf der molekularen Charakterisierung von Aroma und Geruch, und der Forschung zu Lebensmittel- und Produktwahrnehmung sowie Verbraucherakzeptanz. Aber auch ernährungsphysiologische, toxikologische sowie technologische Fragestellungen sind Gegenstand ihrer Forschung. Darüber hinaus adressiert Büttners Team Geruchsthemen außerhalb des Lebensmittelbereichs, und zwar in Zusammenhang mit Materialien wie Holz und Kunststoffen oder auch Konsumgütern wie beispielsweise Kinderprodukten. „Wir leben in einer global vernetzten, komplexen Welt. Die Vielzahl an Produkten, denen wir täglich ausgesetzt sind, nimmt stetig zu, ebenso wie die Reize und Eindrücke, denen unsere Sinne ausgesetzt sind. Wir wollen besser verstehen, wie der Mensch mit dieser modernen Welt umgehen soll und kann. Wie diese Welt für uns lebenswert bleibt, ohne dass wir für unsere Umwelt untragbar werden“, sagt Prof. Büttner.

… am Campus der Sinne

Als Mitbegründerin und Direktorin des „Campus der Sinne“, einer gemeinsamen Initiative des Fraunhofer IVV und des Fraunhofer IIS unter Einbeziehung der FAU als universitärem Partner, arbeitet Prof. Büttner außerdem intensiv an der Digitalisierung der menschlichen Wahrnehmungsprozesse. Menschliche Sinne wie Sehen und Hören, aber vor allem auch die „chemischen“ Sinne Riechen und Schmecken werden aus der realen in die maschinelle und digitale Welt übersetzt. Hierzu müssen beispielsweise neue Sensor- und Aktorlösungen entwickelt, als auch neue Erkenntnisse in der Wahrnehmungsforschung gewonnen und durch algorithmische Auswertung, beispielsweise mittels maschinellem Lernen, zusammengeführt werden. Prof. Büttners Ziel ist es, neben der grundlegenden Forschung in diesem Bereich, Unternehmen eine Expertenbasis und Zugang zu grundlegenden Erkenntnissen, aber auch zu Verwertungsstrategien im Rahmen von Forschungs- und Entwicklungsprojekten im Bereich der „Digitalisierten Sinneswahrnehmung“ zu bieten.

Das Fraunhofer IVV, das in den Bereichen Lebensmittel, Verpackung, Produktwirkung, Verarbeitungsmaschinen sowie Recycling und Umwelt forscht, wird Prof. Büttner gemeinsam mit dem bisherigen Institutsleiter Prof. Dr. Horst-Christian Langowski leiten. Die Herausforderungen und zugleich Zukunftsthemen für das Institut liegen in der Erschließung neuer, alternativer Rohstoffe, in der Entwicklung ressourcenschonender Herstellungsprozesse sowie der Sicherung der Produktqualität entlang der Prozesskette – von den Rohstoffen bis hin zum Produkt. Gerade die Qualitätskontrolle wird durch den globalisierten Markt zunehmend erschwert: Rohstoff- und Warenströme werden undurchsichtiger, aber Kontrollen müssen trotzdem möglichst schnell die gewünschten Informationen ermitteln. Prof. Büttner konzentriert sich auf die Qualitätskontrollverfahren, die sie mithilfe von Analytik und Diagnostik, Verfahrenstechnik sowie Digitalisierung weiterentwickeln und optimieren will.

Der Prozess als Diskokugel

Prof. Dr. Alexander Martin ist seit 2010 der Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsmathematik an der FAU. Zudem hat er die Sprecherrolle beim Sonderforschungsbereich Transregio 154 „Mathematische Modellierung, Simulation und Optimierung am Beispiel von Gasnetzwerken“ inne.

Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört die mathematische Modellierung und Optimierung von Prozessen. Eine besondere Herausforderung ist die Kopplung von kontinuierlichen und kombinatorischen Herangehensweisen, beispielsweise, wenn in einem eigentlich kontinuierlichen Prozess immer wieder Ja-Nein-Entscheidungen vorkommen. „Das sind ganz unterschiedliche Säulen der Mathematik, die wir zusammenführen“, sagt Prof. Martin. Ein Beispiel hierfür sind Gasnetze. Die Physik des Gases im Rohr ist nichtlinear. Sobald nun jedoch ein Kompressor im System ist, der an oder aus, oder ein Ventil, das offen oder geschlossen sein kann, kommen ganzzahlige Entscheidungen hinzu – der Prozess ist gemischt-ganzzahlig linear und nichtlinear. Solche Prozesse treten überall auf: in Energienetzen, bei Logistikunternehmen, sogar bei der Produktion von Zahnbürsten.

In einem lokalen Projekt arbeitet Prof. Martin mit der Verkehrs-Aktiengesellschaft Nürnberg (VAG) zusammen. Gemeinsam versuchen sie Energiespitzen zu minimieren, um Kosten zu reduzieren. Zu solchen Energiespitzen kommt es beispielsweise, wenn viele Verbraucher zum gleichen Zeitpunkt Energie aufwenden. Je höher diese Leistung ist, desto größer und teurer ist die nötige Infrastruktur. Eine Möglichkeit, diese Spitzen zu verhindern, besteht darin, die U-Bahnen geringfügig – also im Sekundenbereich – umzutakten, was aufgrund der autonomen Fahrweise und der zentralen Steuerung leicht umzusetzen ist. Hält eine U-Bahn an, wird die Energie zurückgespeist. Diese kann wiederum von einer anderen U-Bahn zum Anfahren verwendet werden – die Energiespitze wird ausgeglichen.

Daneben kooperiert Martin mit weiteren regionalen Industriepartnern oder auch weltweit agierenden wie etwa Siemens oder SAP. Überall, wo es Prozesse und Entscheidungen gibt, ist seine Forschung gefragt. „Ich vergleiche den Lösungsraum eines Prozesses oder Projekts gerne mit einer Diskokugel mit ganz vielen Ecken und Spiegeln. Eine dieser Ecken ist die bestmögliche Lösung. Wir wollen dann natürlich nicht alle Ecken einzeln untersuchen, sondern finden eine Methode, die den Weg zur beweisbar besten ermittelt“, erklärt Prof. Martin. Er setzt also Probleme in Software und Algorithmen um, kann sie auf diese Weise besser verstehen und beheben.

Auch das Thema künstliche Intelligenz spielt für Prof. Martin eine zunehmend wichtige Rolle. Viele der Verfahren, die in der KI Anwendung finden, kommen ursprünglich aus der Optimierung. Im Gegenzug kann die Optimierung ihre Vorgehensweise mithilfe der KI weiter verbessern.

ADA-Center am Fraunhofer IIS

Am Fraunhofer IIS baut Prof. Martin derzeit das „ADA-Center“ auf. „ADA“ steht für „Analytics, Data, Applications“, für die Erhebung und Analyse von insbesondere großen Datenmengen, um daraus bestehende Prozesse und Geschäftsmodelle zu verbessern oder neue zu entwickeln. Das Center arbeitet hier mit Verfahren der künstlichen Intelligenz, des maschinellen Lernens und der mathematischen Optimierung. Neben der fachlichen Leitung des ADA-Centers wird Prof. Martin insbesondere für den Standort Nürnberg zuständig sein. Dort sind die beiden Forschungsbereiche Lokalisierung und Vernetzung sowie Supply Chain Services angesiedelt. Weitere Mitglieder der Institutsleitung am Fraunhofer IIS sind Prof. Dr. Albert Heuberger (geschäftsführend), Lehrstuhl für Informationstechnik mit dem Schwerpunkt Kommunikationselektronik an der FAU, und Dr. Bernhard Grill (zuständig für den Bereich Audio und Medientechnologien).

Weitere Informationen

Prof. Dr. Andrea Büttner
Tel.: 09131/85-22739
andrea.buettner@fau.de

Prof. Dr. Alexander Martin
Tel.: 09131/85-67163
alexander.martin@math.uni-erlangen.de