Mit höheren Ernten erfolgreich gegen den Hunger

Menschen in Plantage
In Feldversuchen in Afrika und Asien wird getestet, welche Pflanzenlinien am vielversprechendsten sind. Bild: FZJ/Anna van Doorn

Bill & Melinda Gates-Stiftung fördert Maniok-Projekt für Entwicklungsländer mit weiteren 15 Millionen Dollar

Vor knapp fünf Jahren hat es sich ein internationales Team unter der Leitung der FAU zur Aufgabe gemacht, den Ertrag der tropischen Maniokpflanze deutlich zu steigern. Unterstützt werden die Forscherinnen und Forscher des Cassava Source-Sink-Projektes dabei von der Bill & Melinda Gates-Stiftung, die sich das Ziel gesetzt hat, Krankheit, Hunger und Armut in Entwicklungsländern zu bekämpfen. Kürzlich hat die Stiftung beschlossen, die Arbeit Forschungsgruppe mit weiteren 15 Millionen Dollar über die nächsten fünf Jahre zu fördern.

Sie sind heutzutage auch in deutschen Supermärkten zu finden: die stärkehaltige Speicherwurzeln der Maniokpflanze. Sind sie hierzulande eher etwas für Liebhaber, stellen sie weltweit ein Grundnahrungsmittel für knapp eine Milliarde Menschen dar. Besonders in den tropischen Regionen Asiens, Südamerikas und vor allem in Afrika bildet das unterirdische Speicherorgan der Maniokpflanze, auch Cassava genannte, die Basis vieler Mahlzeiten. Durch ihren hohen Stärkegehalt ist die Wurzel ein hervorragender Kohlenhydratlieferant und daher essenziell für die Nahrungsmittelsicherheit in vielen armen Ländern der Welt. Weltweit stellt Maniok hinter Mais, Reis und Weizen mittlerweile die viertgrößte Quelle von Kohlenhydraten dar.

Maniokpflanzen
Zwar gibt es mittlerweile auch an der FAU Maniokpflanzen. Aber die Wurzeln, die die Pflanze bei der Aufzucht unter künstlichen Bedingungen bildet, lassen sich längst nicht mit jenen Exemplaren, die in tropischen Ländern unter freiem Himmel gedeihen, vergleichen.
Bild: FZJ/Anna van Doorn

„Während das Ertragspotenzial von Pflanzen wie Mais, Weizen oder Reis durch jahrtausendelange, intensive Pflanzenzüchtung und die ausgefeilte agronomische Praxis sehr hoch ist, haben diese Pflanzen auch hohe Ansprüche an beispielsweise Nährstoffe und Wasserverfügbarkeit. Im Gegensatz dazu ist die Maniokpflanze sehr robust und genügsam und liefert dennoch passable Erträge. Eine deutliche Steigerung des Maniokertrags könnte daher einen großen Beitrag zur Bekämpfung des Hungers in der Welt leisten“, erklärt Prof. Dr. Uwe Sonnewald vom Lehrstuhl für Biochemie der FAU. Vor fünf Jahren hat ein internationales Forschungsteam, bestehend aus insgesamt zehn Forschungsgruppen aus Europa, Afrika und Nordamerika, unter seiner Leitung dafür von der Bill & Melinda Gates-Stiftung insgesamt 10 Millionen Dollar bekommen. Kürzlich hat die Stiftung beschlossen, die Arbeit der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit weiteren 15 Millionen Dollar über fünf Jahre zu unterstützen.

Die Strategie der Forschungsgruppe ähnelt dabei dem Züchtungsansatz für modernen Nutzpflanzen. Durch eine Verschiebung im pflanzlichen Wachstumsverhältnis wird versucht, den erntebaren Teil der Pflanze, im Fall von Maniok die stärkehaltige Speicherwurzel, gegenüber dem restlichen Teil der Pflanze zu erhöhen. In den vergangenen fünf Jahren etablierte das Team unter anderem die Zusammenstellung der jeweiligen Forschungsgruppen vor Ort, die internationale Infrastruktur und Logistik und verbesserte sein Verständnis von Struktur und Stoffwechsel der Maniokpflanze. Da die Pflanze bisher sehr wenig erforscht wurde, gab und gibt es hier noch großen Nachholbedarf. Vor allem aber erzeugte das Team zahlreiche Maniokvarianten mit verändertem Stoffwechsel.

Teamfoto
Das Forschungsteam um Prof. Dr. Uwe Sonnewald (2.v.r.) will den Ertrag der Maniokpflanze deutlich erhöhen. (Bild: FAU/Christine Hösl)

Nach fünf Jahren intensiver Forschungsarbeit sind sie inzwischen beim Kern des Projekts anlangt: Das „Source-Sink“-Verhältnis so zu ändern, dass der Ernteertrag steigt – und danach in Feldversuchen zu prüfen, welche Pflanzen am vielversprechendsten sind. Unter „Source“ versteht man dabei alle Teile der Pflanze die mehr Kohlenhydrate produzieren als sie verbrauchen, zum Beispiel die Blätter. Hingegen werden unter „Sink“ all jene Bestandteile zusammengefasst, die mehr Kohlenhydrate verbrauchen, wie Blüten, Früchte oder Speicherwurzeln. Um ihr Ziel zu erreichen, setzt das Team auf die gleichzeitige Veränderung von Prozessen, die die Photosynthese der Pflanzen, die Verteilung der Kohlenhydrate und das Wachstum der Speicherwurzeln verbessern. Hierfür ist die gezielte Veränderung der Ausprägung mehrerer Gene gleichzeitig erforderlich, was durch neu entwickelte Gentransfer-Methoden möglich wurde.

Erste Feldversuche sind bereits in Afrika und Asien gestartet. Im November ist es nun soweit: Die Ergebnisse eines Feldversuchs mit unterschiedlichen Pflanzenlinien werden erwartet, in den kommenden Jahren werden weitere folgen. „Wir gehen nach dem ersten Jahr mit Feldversuchen davon aus, dass sicherlich Pflanzen dabei sind, die bereits einen höheren Ertrag erzielen, jedoch werden weitere Optimierungen folgen müssen“, sagt Biochemiker Sonnewald. Sind einmal die Pflanzen mit den besten Genkombinationen gefunden, werden diese durch ein zweites Forschungsteam aus Nigeria in weitere afrikanische Maniokpflanzen eingebracht und auf ihre ertragssteigernden Eigenschaften getestet. Bis die Pflanzen wirklich bei den Bauern in Afrika ankommen, dürfte es laut Prof. Sonnewald noch bis zu zehn Jahre dauern.

Maniokfeld
Im November werden die ersten Ergebnisse aus den Feldversuchen erwartet. (Bild: NCHU/Shu-Heng Chang)

Über das Projekt

Führende Experten verschiedenster Disziplinen – von der Pflanzenphysiologie über molekulare Biochemie und -physiologie bis hin zu Biotechnologie und Maniokzüchtung – arbeiten in dem Projekt „Cassava Source-Sink“ (kurz „CASS“) zusammen. Zu den internationalen Projektpartnern gehören neben der FAU auch die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (Schweiz), das Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie, das Helmholtz-Zentrum Jülich, die Technische Universität Kaiserslautern, das Boyce Thompson Institute (USA), das Sainsbury Laboratorium der Universität Cambridge in Großbritannien sowie das International Institute of Tropical Agriculture und das National Root Crops Research Institute in Nigeria.

Ausführliche Informationen auf der Projekt-Webseite www.biochemie.nat.uni-erlangen.de/Cassava

Weitere Informationen:

Prof. Dr. Uwe Sonnewald
Tel.: 09131/85-28255
uwe.sonnewald@fau.de