Prof. Dr. Alexandru Babes
Gewinner des Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis und Gastwissenschaftler am Institut für Physiologie und Pathophysiologie der FAU
In seiner Forschung fokussiert sich der gebürtige Rumäne Prof. Dr. Alexandru Babes momentan auf die molekularen Mechanismen sensorischer Transduktion in peripheren Thermorezeptoren und Schmerzrezeptoren von Säugetieren. Unter Verwendung einer Kombination aus elektrophysiologischen und bildgebenden Verfahren war er an der Charakterisierung kältesensitiver Neuronen in Wurzelganglien im Rückenmark von Nagetieren beteiligt. Zudem hat Prof. Dr. Babes zusammen mit anderen Forschenden gezeigt, dass mehr als eine neuronale Population bei der Kältewahrnehmung beteiligt ist und sie haben zum ersten Mal einen neuen Typus eines kälteempfindlichen Neurons beschrieben, das sich schnell an Kältereize anpasst.
Prof. Dr. Babes absolvierte einen Bachelor in Physik und einen Master in Neurobiologie an der Universität Bukarest. 2002 wurde er ebenfalls an der Universität Bukarest in Biologie mit „Summa cum laude“ promoviert. Nach seiner Promotion war er über ein halbes Jahr als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department für Pharmakologie der Universität Cambridge tätig. Seit 2008 ist lehrt und forscht Prof. Dr. Babes als Professor für Neurobiologie am Department für Tierphysiologie und Biophysik der Universität Bukarest.
Prof. Dr. Babes war bereits mehrfach an der FAU, erstmalig 2006 im Rahmen eines Postdoc-Stipendiums der Alexander von Humboldt-Stiftung. 2019 wurde er nun mit dem Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis der Alexander von Humboldt-Stiftung ausgezeichnet. Dies ermöglicht es ihm zusammen mit Prof. Dr. Peter Reeh, Institut für Physiologie und Pathophysiologie an der FAU, ein opto- und thermogenetisches Forschungsprojekt durchzuführen.
Prof. Dr. Babes, was genau hat Ihr Interesse an Ihrem Forschungsgebiet geweckt?
Ich interessiere mich dafür, wie spezialisierte Nervenendungen in der Haut oder anderen Organen schmerzhafte Reize erkennen oder sich in der Umgebungstemperatur verändern. Ich fing mit dieser Arbeit vor fast 20 Jahren unter der Leitung meines Mentors, Prof. Gordon Reid, an. Er entdeckte, warum bestimmte Neuronen auf Abkühlung reagieren. Er initiierte diese Forschungslinie an unserem Department an der Universität von Bukarest und seitdem bin ich in diesem Forschungsgebiet geblieben. Ich hätte auch andere Dinge machen können, da ich zu der selben Zeit mit dem Max-Planck-Institut in Frankfurt am Main zusammenarbeitete. In dieser Kollaboration untersuchte ich die Biophysik von Ionenpumpen und -transportern. Jedoch war ich sofort von den vermeintlichen translatorischen Aspekten der Arbeit an der sensorischen Physiologie und insbesondere dem Schmerz angetan.
Warum haben Sie sich für Ihren Forschungsaufenthalt für die FAU entschieden?
Mich verbindet eine langjährige Zusammenarbeit mit Prof. Peter Reeh vom Institut für Physiologie und Pathophysiologie der FAU. Ich kann mit Recht sagen, dass er mein zweiter Mentor in der Wissenschaft ist. Ich kam erstmals 2006 mit einem Stipendium für Postdocs der Alexander von Humboldt-Stiftung an die FAU, voller Vorfreude mit Prof. Reeh zusammenarbeiten zu dürfen, der einer der bekanntesten und respektiertesten Wissenschaftler auf dem Bereich der Schmerzforschung ist. Dieses Jahr in Erlangen war das am nachhaltigsten prägende in meiner Forschungskarriere und die äußerst erfolgreiche Zusammenarbeit mit Peter und anderen Kolleginnen und Kollegen von der FAU wie Prof. Michael Fischer, Prof. Susanne Sauer, Dr. Andreas Leffler, Dr. Matthias Engel oder Prof. Katharina Zimmermann setzte sich in den folgenden Jahren fort. Während meiner Zeit in Erlangen habe ich zu gemeinschaftlichen Arbeiten beigetragen, die in angesehenen Journals wie Nature, Nature Medicine, Nature Communications, Gastroenterology und Journal of Neuroscience erschienen sind.
Wie international bekannt ist die FAU in Ihrem Forschungsgebiet?
Das Institut für Physiologie und Pathophysiologie der FAU ist ein Hotspot der Schmerzforschung mit einer sehr starken internationalen Sichtbarkeit. Hier wurde und wird unter der Leitung von Prof. Hermann Handwerker und Prof. Reeh immer noch wichtige Forschungsarbeit auf dem Gebiet der sensorischen Neurophysiologie geleistet und es wurden zahlreiche Entdeckungen zur Funktion von schmerzempfindlichen Neuronen und ihrer Regulierung durch Entzündungen und Verletzung von Nerven gemacht.
Wie finden Sie die Zusammenarbeit der Forschenden an der FAU?
Ich war schon immer sehr beeindruckt von der kollegialen Atmosphäre hier am Institut und von seiner Kultur des Ideen- und Wissensaustausches. Immer wenn ich hierherkomme – was sehr häufig der Fall ist, fast jährlich – genieße ich es wissenschaftliche Fragestellungen mit meinen Kolleginnen und Kollegen zu diskutieren und von ihren Ratschlägen als Experten zu profitieren. Die Gruppe hat auch eine sehr starke internationale Ausrichtung: Während der letzten Jahre habe ich am Institut natürlich mit Forschenden aus Deutschland, aber auch aus Schweden, Brasilien, Syrien, China, der Ukraine, der Tschechischen Republik, Ungarn und Japan zusammengearbeitet. Zudem gibt es häufig wissenschaftliche Seminare und Vorträge mit namhaften Gastforschenden. Insgesamt würde ich also sagen, dass die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen den Forschenden hier wahrhaft förderlich sind, vor allem für die jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Könnten Sie kurz das Projekt beschreiben, an dem Ihre Forschungsgruppe momentan arbeitet?
Momentan interessiere ich mich am meisten für die pathologische Fotosensitivität, also für die krankhafte Lichtempfindlichkeit. Bei bestimmten genetischen Erkrankungen wie Porphyrie klagen Patienten unmittelbar über Schmerzen und Jucken, sobald ihre Haut Sonnenlicht oder künstlichem Licht ausgesetzt wird. Das weist darauf hin, dass ihre schmerzempfindlichen Neuronen aus irgendeinem Grund durch Licht im UV- aber auch im sichtbaren Spektrum gereizt werden. Mit Unterstützung durch Prof. Reeh versuche ich einige der Mechanismen und Signalwege aufzudecken, die an dieser abnormalen Überempfindlichkeit gegenüber Licht beteiligt sind.
Was ist Ihre Hauptaufgabe innerhalb der Forschungsgruppe?
Während an meiner Heimatuniversität in Bukarest ein Großteil meiner Zeit durch die Lehre, Verwaltungsaufgaben und die Leitung einer Forschungsgruppe in Anspruch genommen wird, kann ich hier an der FAU tatsächlich wieder Experimente durchführe, was sehr aufregend ist. Hier habe ich alle Voraussetzungen, um nicht nur nachzudenken, sondern auch um Experimente an einer Reihe verschiedener Zelltypen durchzuführen. Diese Zelltypen sind beispielsweise primäre neuronale Zellen und heterologe Expressionssysteme, also menschliche Zelllinien, die die Zielionenkanäle und Rezeptoren exprimieren, an denen wir interessiert sind.
Was sind die bislang wichtigsten Ergebnisse Ihrer Forschung an der FAU?
Mit Unterstützung von Prof. Reeh und durch die Zusammenarbeit mit zahlreichen Kolleginnen und Kolleginnen – zum Beispiel Prof. Sauer, Prof. Fischer und Prof. Kichko, um nur einige zu nennen – war es uns möglich Fortschritte beim Verständnis der Mechanismen zu erzielen, welche an den lichtinduzierten Schmerzen bei Porphyriepatienten und Patienten, die an dem seltenen Smitz-Lemli-Opitz-Syndrom leiden, beteiligt sind. Wir fanden heraus, dass zwei Ionenkanäle, von denen bekannt war, dass sie bei der Schmerzsignalisierung eine Rolle spielen, auch durch UV-Licht aktiviert werden, wenn bestimmte Metabolite in Übermaß vorhanden sind. Das ist bei den genannten genetischen Erkrankungen der Fall.
Welche Vorteile kann sich die Gesellschaft grundsätzlich von Ihrer Forschung erhoffen?
Am Institut für Physiologie betreiben wie Grundlagenforschung mit dem Ziel zu verstehen, wie das periphere Nervensystem unter normalen Bedingungen, aber auch im erkrankten Zustand, wie während einer Entzündung, einer Nervenschädigung oder einer Krankheit, arbeitet. Wir erwarten zwar nicht, dass unsere Forschungsergebnisse unmittelbare Auswirkungen auf das Wohlbefinden von Patienten haben. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass unsere Arbeit den Weg hin zu einem besseren Verständnis von Krankheitsmechanismen und zu potentiellen therapeutischen Ansätzen ebnet, indem vermeintliche Ziele für pharmakologische Wirkstoffe identifiziert werden. Zum Beispiel könnten Gegenspieler oder Blocker für die beiden Ionenkanäle, die ich bereits erwähnt habe, und von denen einige bereits in klinischen Studien getestet werden, genutzt werden, um den Schmerz von Porphyriepatienten zu lindern.
Was waren Ihre ersten und auch nachfolgenden Eindrücke der Region um Erlangen und Nürnberg?
Ich bin sehr glücklich, dass ich seit 2006 jedes Jahr einige Monate in Erlangen verbringen kann, mit finanzieller Unterstützung der Alexander von Humboldt-Stiftung und der FAU. Aus diesem Grund hatte ich zahlreiche Möglichkeiten die Region zu erkunden. Zudem wurde ich in den vergangen sieben Jahren von meiner Frau und meinen beiden Söhnen, die jetzt 12 und neun Jahre alt sind, begleitet und ich kann nun bestätigen, dass Erlangen extrem familienfreundlich ist. Wir allen genießen es, die kulturellen Ziele in Nürnberg, Bamberg, Rothenburg ob der Tauber und Würzburg zu besuchen, aber auch lange Spaziergänge in den Wäldern um Erlangen und anderswo in Franken zu machen.
Können Sie uns bereits von einem Highlight, einem besonderen Moment Ihres Aufenthalts berichten, an den Sie sich immer erinnern werden?
In professioneller Hinsicht war das denkwürdigste Ereignis für mich wohl das Symposium, welches zu Ehren von Prof. Reeh zu seinem Ausscheiden aus dem Lehramt an der FAU organisiert wurde. Ich war sehr geehrt, zu diesem Symposium eingeladen worden zu sein, um daran teilzunehmen und um neben einigen der wahrhaft erstklassigen Forschenden auf unserem Gebiet aus Deutschland, Großbritannien, den USA und Schweden einen Vortrag über unsere Arbeit zu halten.
Was sind Ihre Lieblingsorte an der FAU und in Erlangen oder Nürnberg?
Neben dem Experimentieren im Institut für Physiologie und Pathophysiologie würde ich sagen, dass ich es am meisten genieße mit meinen Söhnen abends im Schlossgarten Fußball zu spielen, direkt hinter dem Institut.
Möchten Sie noch etwas hinzufügen?
Ich möchte die Gelegenheit nutzen und Prof. Reeh für seine Mentorschaft während der letzten mehr als 13 Jahre danken, für alle die cleveren Ideen, die er so großzügig teilt, und für die permanente Unterstützung meiner Arbeit nicht nur hier in Erlangen, sondern auch meiner Arbeit in Rumänien. In meinem Heimatland ist Forschung alles andere als eine Priorität und für viele Jahre war die Forschungsförderung nicht übereinstimmend mit internationalen Standards. Es gab häufig Zeiten, in denen ich ernsthaft darüber nachdachte die Forschung ganz aufzugeben und mich auf etwas komplett Anderes wie die Lehre zu konzentrieren. Aber genau zu diesen Zeiten kam ein Anruf oder eine E-Mail von Prof. Reeh und mein Enthusiasmus war wieder geweckt und meine Kariere gesichert. Auch möchte ich der Alexander von Humboldt-Stiftung danken, die mich finanziell unterstützt hat, sodass ich interessanten Forschungsarbeiten nachgehen und meine Ergebnisse bei internationalen Kongressen vorstellen kann. Ich bin sehr glücklich darüber und fühle mich sehr geehrt zum Alexander von Humboldt Forschungsbotschafter für Rumänien ernannt worden zu sein und als solcher werde ich mein Bestes geben, um junge Forschende in meinem Heimatland darüber zu informieren und zu beraten, wie sie von der großzügigen Unterstützung der Stiftung profitieren können.
Vielen Dank für das Interview, Prof. Dr. Babes.